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Erstes Wiedersehen nach 56 Jahren

Füssen/Weißwasser

Erstes Wiedersehen nach 56 Jahren

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    „Hier stand das alte Kobelstadion“, erklärt der Füssener Ernst Trautwein (83) dem aus Weißwasser angereisten Klaus Hirche (80). Es wurde abgerissen. An seiner Stelle entstand das Bundesleistungszentrum für Eishockey (BLZ). Für Hirche war es ein Muss, an diese Stätte zurückzukehren. Hier schrieben er und Ernst Trautwein, der 111-fache Nationalspieler und spätere Bundestrainer aus Füssen, vor 56 Jahren an der deutsch-deutschen Sportgeschichte mit. Im einstigen Kobelstadion in Füssen und zwei Tage später in der Werner-Seelenbinder-Halle in Ost-Berlin fanden im Dezember 1963 die Ausscheidungsspiele zur Teilnahme an den Olympischen Winterspielen 1964 in Innsbruck zwischen den Eishockey-Nationalmannschaften der Bundesrepublik und der Deutschen Demokratischen Republik statt. In Füssen endete das Match vor 11 000 Zuschauern 4:4, in Ostberlin unterlag die DDR 3:4. Die jeweils entscheidenden Tore zu Gunsten der Bundesrepublik erzielte der Füssener Ernst Trautwein.

    Mehrere Gründe führten nun Klaus Hirche nach Füssen. Er stand 118 Mal im Tor der DDR-Auswahl, hatte Ernst Trautwein als „fairen Sportler in Erinnerung, als Gegner gefürchtet, aber auch geachtet“ – aber nie mit ihm gesprochen. Schuld daran war der damals Kalte Krieg zwischen Ost und West und die Order für die DDR-Sportler, nicht mit ihren Kontrahenten aus dem kapitalistischen Westen zu reden. Die Ausscheidungsspiele waren politisch brisant. Die Funktionäre beider Seiten stritten sich um Fahnen, Farben der Trikots und Hymnen.

    Das ist Vergangenheit. Jetzt wollte sich Hirche seinen Traum erfüllen. In den Entscheidungsspielen „hat euch jedes Mal der Trautwein ‚abgeschossen’, trefft euch doch mal“, hatte ihn Texter Steffen Lehmann zur Fahrt nach Füssen motiviert. „Der Name Trautwein hat mich mein ganzes Leben lang verfolgt, ich wollte ihn persönlich kennenlernen“, sagte Hirche gegenüber unserer Zeitung.

    Hirche sammelte während seiner Zeit als Kriminaltechniker der Volkspolizei, als Eishockey-Staatsamateur der DDR, nach seiner aktiven Spieler-Laufbahn als Diplomsportlehrer und bis zur deutschen Wiedervereinigung als Trainer der SG Dynamo Weißwasser viele Dokumente und Erinnerungen an Eishockey in der Lausitz und in Weißwasser. Aus ihnen entstand in Zusammenarbeit mit dem 49-jährigen Büroleiter Steffen Lehmann aus Dresden („Schreiben ist meine Leidenschaft“) ein Buch. Es erzählt die Geschichte des Eishockey-Sports in Weißwasser und ist vergleichbar mit der Dokumentation des 75-fachen Füssener Nationalspielers Siegfried Schubert. „Silla“, wie Schubert in Füssen genannt wird, brachte die Chronik des 16-fachen deutschen Eishockey-Meisters EV Füssen heraus.

    Weil Hirche so viel Material gesammelt hat, wollen er und Lehmann einen zweiten Band herausgeben. Einer der Schwerpunkte wird das Leben der DDR-Torhüter-Legende Klaus Hirche sein. „Wir wollen unseren Besuch bei Ernst Trautwein in Füssen in das Buch einarbeiten“, sagte Lehmann. Es werden „Freund und Feind“ zu Wort kommen. Eventuell zum Jahresende soll es fertig sein.

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