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„Fahrt bitte öfter vorbei“ - Was zwei Allgäuer Polizistinnen auf Radstreife erleben

Radstreife in Kaufbeuren

„Fahrt bitte öfter vorbei“ - Was zwei Allgäuer Polizistinnen auf Radstreife erleben

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    Als Radstreife unterwegs: Sandra Friedmann und Andrea Lerpscher von der Polizeiinspektion Kaufbeuren gehen mit ihren Dienst-E-Bikes auf Tour.
    Als Radstreife unterwegs: Sandra Friedmann und Andrea Lerpscher von der Polizeiinspektion Kaufbeuren gehen mit ihren Dienst-E-Bikes auf Tour. Foto: Tobias Schuhwerk

    Hoppla, wo kommen die denn her? Die Verblüffung steht dem jungen Familienvater ins Gesicht geschrieben, als plötzlich zwei Polizistinnen auf dem Fahrrad um die Ecke kurven – und ihn auf einen Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung hinweisen. Seine kleine Tochter fährt auf einem ferngesteuerten Mini-Elektroauto mitten auf der Straße vor dem Haus der Familie.

    „Das geht nicht. Bitte holen sie das Kind von der Straße herunter. Das ist nicht nur gefährlich, sondern auch verboten“, belehren Andrea Lerpscher (44) und Sandra Friedmann (32) den Papa. Die beiden Polizeihauptmeisterinnen auf E-Bikes machen machen Eindruck. „Finde ich total cool, dass es so was gibt. Das wusste ich gar nicht“, sagt der Familienvater, bevor er seine Tochter mit ihrem Mini-Auto auf den sicheren, heimischen Garten lenkt. „Wir sind ja auch neu“, antworten die Polizistinnen.

    (Lesen Sie auch: Im Zug nach München: 34-Jähriger greift Hundeführer der Polizei an)

    Seit einigen Wochen sind zehn Beamtinnen und Beamte der Polizeiinspektion Kaufbeuren im Wechsel auf den beiden E-Bikes der Dienststelle unterwegs. Sie tragen Zipp-off-Hose, Langarm- und Kurzarm-Trikot, Helm, Unterbekleidung und Softshell-Jacke in blau und grellgelb – angelehnt an das Design der Motorradstreifen.

    Bayernweit schwingen sich rund 500 Polizistinnen und Polizisten auf Diensträder und fahren Streife. Den Anfang machte 2013 die Inspektion Schwabing. Die Kaufbeurer Radstreife ist Vorreiter im Allgäu, doch auch in anderen Städten der Region soll es bald radelnde Polizisten im Dienst geben.

    Hintergrund ist die zunehmende Zahl von Radfahrern. Weil sie wegen den Corona-Beschränkungen auf einen Urlaub im Ausland verzichten mussten, stiegen zuletzt viele Menschen vor allem aufs E-Bike um und begeben sich auf Heimat-Tour. Nicht immer endet dies glimpflich. Die Zahl der Verkehrsunfälle mit Beteiligung von Radlern hat 2020 in der Region um 16 Prozent gegenüber dem Vorjahr zugenommen. Laut Polizeipräsidium Schwaben Süd/West stieg dabei die Anzahl der Schwerverletzten unter den Radfahrern um 31 Prozent, die der schwer verletzten E-Bike-Fahrer sogar um 42 Prozent im Gegensatz.

    Die Polizistinnen Sandra Friedmann (links) und Andrea Lerpscher fahren in Kaufbeuren und Umgebung mit dem E-Bike Streife.
    Die Polizistinnen Sandra Friedmann (links) und Andrea Lerpscher fahren in Kaufbeuren und Umgebung mit dem E-Bike Streife. Foto: Tobias Schuhwerk

    Von den Gefahren im Stadt-Verkehr berichtet an der Ampel einer viel befahrenen Kreuzung ein Rentner auf dem Mountainbike. „Wenn ich alles aufzählen würde, was ich die letzten zwei Wochen hier erlebt habe, hättet ihr heute keinen Feierabend mehr“, ruft er. „Fahrt bitte öfter vorbei!“

    Genau das haben Andrea Lerpscher, Sandra Friedmann und Kollegen vor. Von Frühjahr bis Herbst wollen sie Hunderte von Kilometern abstrampeln und dabei Präsenz auf Augenhöhe zeigen. „Man ist auf dem Bike viel näher dran an den Bürgern. Die Leute sprechen einen an und man sieht auch selbst mehr“, sagen die Polizistinnen, die als Verkehrserzieherinnen 42 Schulklassen betreuen. „Die Kleinen achten genau darauf, wie wir uns bei der Radstreife verhalten“, erzählen sie schmunzelnd. Ihre Vorbildfunktion beginnt bei jedem Start: Umsehen, Handzeichen geben (!) - und erst dann losfahren. Für die Polizistinnen ist das selbstverständlich. Doch längst nicht für jeden Radler, wie der auf frischer Tat ertappte Reporter feststellen muss.

    Auch außerhalb der Stadt ist die Radstreife unterwegs - zum Beispiel im Landschaftsschutzgebiet

    Auch andere Radler erhalten an diesem Tag freundliche Belehrungen. Zum Beispiel der ältere Herr, der summend in der Kaufbeurer Fußgängerzone radelt - und das Verbotsschild übersehen hat. „Herrje, Entschuldigung“, sagt er und steigt sofort ab. Auch außerhalb der Innenstadt ist die Radstreife aktiv. So steuern die Polizistinnen den Bärensee zwischen Hirschzell und Biessenhofen an. Dort fragen sie einen verdutzten Angler nach seinem Fischereischein. „Hab ich dabei“, sagt er und zeigt das Dokument.

    Weiter hinten am See jedoch, so munkelt man, treiben gelegentlich Schwarzfischer ihr Unwesen. Vermutlich nicht mehr lange. Die Radstreife will im Sommer öfter vorbeischaufen.

    (Lesen Sie auch: Kaufbeurer Polizei freut sich auf neues Domizil für 20 Millionen Euro)

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