Die dunkle Seite des Online-Datings: Zunächst scheint es nur ein Flirt zu sein, dann drohen Erpresser intime Bilder oder Videos der Betroffenen zu veröffentlichen - wenn diese nicht bezahlen. Immer häufiger kommt es zu dieser Betrugsmasche namens "Sextortion" oder "Sexpressung".
Über 143 Fälle von Sex-Erpressung im Allgäu
Allein im Allgäu meldeten sich im vergangenen Jahr 143 Betroffene bei der Polizei. "19 Mal waren die Betrüger erfolgreich mit dieser Masche", sagt Polizeisprecher Holger Stabik. Dabei erbeuteten sie rund 21.000 Euro. Die Anzahl der Betrugsfälle steigt: Im Jahr 2020 gab es 57 Fälle von Sex-Erpressung im Allgäu, die Erpresser konnten 16.500 Euro abgreifen. Und 2022 hat es laut Stabik bereits 16 Sexpressungs-Versuche gegeben. Die Sexpresser konnten damit bisher 2000 Euro an sich bringen.
Die Polizei vermutet jedoch, dass es bei dieser Masche eine große Dunkelziffer gibt. Viele Opfer eines solchen Betrugs schämen sich dafür. Sie bezahlen, um der Veröffentlichung von kompromittierenden Bildern zu entgehen. Das Phänomen Sextortion betrifft mehrheitlich Männer. Meistens sind die Drahtzieher in Banden organisiert, operieren vom Ausland aus oder nutzen sogenannte Bots, um ihre Erpresserschreiben per Mail zu verteilen.
Ostallgäuer wird beim Online-Dating erpresst und zahlt 500 Euro
Auch einem 43-jährigen Ostallgäuer ist ein Online-Flirt zum Verhängnis geworden - er hat 500 Euro an Sex-Erpresser gezahlt. Der Mann chattete einige Tage lang mit einer Frau über soziale Netzwerke. Nach Angaben der Polizei entblößten sich bei einem Videochat beide vor der Kamera - dann beendete die Unbekannte den Videoanruf plötzlich. Die Erpresser drohten dem Ostallgäuer, den mitgeschnittenen Videoanruf an seine Freunde zu verschicken, wenn er nicht 500 Euro zahle. Aus Angst vor einer Veröffentlichung überwies der Mann das Geld. Dann meldete er sich bei der Polizei und erstattete Anzeige.
Im Landkreis Ostallgäu sind der Polizei im Jahr 2021 fünf erfolgreiche Fälle von Sextortion bekannt, wobei ein Schaden in Höhe von rund 2.300 Euro entstand.
Das ist Sextortion oder Sexpressung
Diese Bezeichnung setzt sich aus den englischen Wörtern Sex und Extortion, das heißt Erpressung, zusammen. Bei Sextortion lernt der Betroffene zunächst eine fremde Person über ein soziales Netzwerk wie Twitter, Snapchat, Instagram oder Facebook kennen. Der Betroffene und die fremde Person kommunizieren miteinander. Die fremde Person versucht das Gespräch dann möglichst schnell auf einen Videoanruf zu lenken. Sie versucht die betroffene Person zu überreden, sich vor der Webcam auszuziehen und sexuelle Handlungen an sich selbst vorzunehmen. Dann zeichnen die Betrüger den Videoanruf auf. Sie drohen im Anschluss daran, dieses Video oder Bild im Internet zu veröffentlichen, falls der geforderte Geldbetrag nicht gezahlt würde.
Drohungen per E-mail können auch Teil der Sex-Erpressung sein
Bei einer anderen Variante von Sextortion verschicken die Täter an ihre Opfer per E-Mail ein Erpresserschreiben, in dem sie behaupten, von ihrem Opfer kompromittierende Sexvideos aufgenommen zu haben und dann Geldbeträge fordern, damit diese dann nicht veröffentlicht werden. Häufig werden derartige E-Mails massenweise ohne konkretes Ziel als Spam-Mails verschickt.
So können Sie sich vor sexueller Erpressung schützen
- Nehmen Sie keine Freundschaftsanfragen von fremden Personen an
- Prüfen Sie regelmäßig Ihre Account- und Privatsphäreeinstellungen
- Seien Sie zurückhaltend mit der Veröffentlichung persönlicher Daten wie Anschrift, Geburtsdatum oder Arbeitgeber.
- Stimmen Sie nicht vorschnell einem Videochat zu.
- Im Zweifel: kleben Sie die Chatkamera zunächst ab, um lediglich verbal zu kommunizieren und das Geschehen zu beobachten.Stimmen Sie keinen Entblößungen oder intimen Handlungen in Videochats zu, wenn Sie die Person erst seit kurzem kennen.
- Halten Sie Betriebs- sowie Virenschutzsysteme auf Ihren online-genutzten Endgeräten wie Smartphone, Laptop, Tablet oder Computer immer auf dem aktuellen Stand, um sich vor Schadsoftware, sogenannter Malware, zu schützen. Es gibt Malware, die Ihre Webcam problemlos aktiviert und Sie damit jederzeit filmen kann.
Das sollten Sie bei einer Erpressung tun
- Überweisen Sie kein Geld. Die Erpressung hört nach der Zahlung meist nicht auf.
- Erstatten Sie Anzeige bei der Polizei.
- Kontaktieren Sie den Betreiber der Seite und veranlassen Sie, dass das Bildmaterial gelöscht wird. Nicht angemessene Inhalte kann man dem Seitenbetreiber über eigens hierfür eingerichtete Buttons melden.
- Brechen Sie den Kontakt zu der anonymen Person sofort ab, reagieren Sie nicht auf Nachrichten.
- Sichern Sie die Chatverläufe und Nachrichten mittels Screenshot.
- Ist es bereits zu spät und Sie haben bereits eine Überweisung getätigt, kontaktieren sie schnellstmöglich ihren Kreditkartenanbieter oder ihre Bank. Es ist eventuell noch eine Rückholung des Geldes möglich. Wenn das Geld bereits auf dem Zielkonto eingegangen ist, kann diese Bank kontaktiert werden.
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