Mittlerweile passiert es im Allgäu mindestens einmal am Tag: Ein Handy schlägt Alarm. Oder viel mehr: die „Region der Lebensretter“-App auf dem Smartphone. Das bedeutet: In der Nähe der Person, deren Handy sich gerade bemerkbar gemacht hat, hat jemand einen Herz-Kreislauf-Stillstand erlitten.
Jetzt muss es schnell gehen: Die alarmierte Person wird zum Aufenthaltsort des Patienten gelotst und kann sofort mit der Wiederbelebung beginnen – noch bevor der Rettungsdienst eintrifft. Seit fast einem Jahr gibt es dieses Konzept nun schon im Allgäu. Der hiesige "Region der Lebensretter"-Projektleiter Bernhard Settele zieht bis jetzt eine positive Bilanz.
"Region der Lebensretter" seit fast einem Jahr im Allgäu aktiv
„Das Wichtigste, was wir tun können, ist die Lücke zwischen Notruf und Eintreffen der Rettungskräfte zu schließen“, sagt Marco Arhelger. Er ist Leiter der Integrierten Leitstelle Allgäu, die medizinische Notfälle in Kempten, Kaufbeuren, im Landkreis Lindau, Ober-, und Ostallgäu koordiniert.
Denn in den ersten vier Minuten liegen die Überlebenschancen nach einem Herzstillstand noch immer bei 50 Prozent. Danach sinken sie rapide, heißt es beim Verein „Region der Lebensretter“, der die Ersthelfer-App entwickeln ließ.
Integrierte Leistelle Allgäu zufrieden mit Ersthelfer-App
In der Leitstelle von Marco Arhelger ist die "Region der Lebensretter“ seit Dezember 2022 Teil der Routine – und „eine mehr als sinnvolle Einrichtung.“ Sobald die Leitstelle über den Notruf 112 auf einen Herzstillstand aufmerksam wird, sendet die App ein automatisiertes Signal an registrierte Ersthelfer in der Nähe des Patienten.
Für die Mitarbeiter der Leitstelle bedeute die App keinen Mehraufwand, sagt Arhelger. Dieses Jahr wurden allein im Allgäu 400 Alarme ausgelöst. Bis Ende 2023 rechnet Arhelger noch mit weiteren 70 Fällen.

Bernhard Settele, Verantwortlicher für das Projekt „Region der Lebensretter“ im Allgäu, verzeichnet mittlerweile 1150 Ersthelfer. Im Dezember vergangenen Jahres starteten sie mit 300 freigeschalteten Helfern.
Wer darf sich beteiligen und für die App registrieren? „Unsere Ersthelfer sind gut ausgebildet und müssen zwei Kriterien erfüllen“, sagt Settele. Voraussetzung ist eine medizinische Ausbildung, in der das Wiederbeleben erlernt wurde. Die Ausbildung darf nicht zu weit zurückliegen – im besten Fall wird sie regelmäßig ausgeübt. In Frage kommen etwa Klinikmitarbeiter, Pflegepersonal, Feuerwehrleute.
Ersthelfer-App braucht weitere Freiwillige und Spenden
Settele hofft weiterhin auf qualifizierte Bewerber, die sich für die App registrieren. Hierfür würde sich der Rettungssanitäter über mehr Unterstützung von Krankenhäusern oder Pflegeheimen freuen. Ein positives Beispiel dafür gebe es im Ostallgäu: Dort wirbt die Kreisbrandinspektion unter den Feuerwehren für eine Registrierung als Ersthelfer.
Im Moment könnten meist nur ein bis drei Ersthelfer zu Notfällen geschickt werden. „Optimal wären aber vier“, erklärt Settele. In der Theorie sollte es so ablaufen: Zwei Personen versuchen, den Patienten wiederzubeleben, einer holt den nächstgelegenen Defibrillator und der vierte weist auf der Straße den Rettungswagen ein.

Und dann gibt es noch das Problem mit dem Geld: 20.000 Euro kostet die App den Verein jedes Folgejahr. Die „Region der Lebensretter“ ist komplett auf Spenden angewiesen. Weder von Kommunen, Landkreisen noch dem Freistaat gebe es finanzielle Unterstützung. Aber „die App einzustellen, ist keine Option“, sagt Settele.
Mittlerweile arbeitet auch die Integrierte Leitstelle der Donau-Iller-Region mitsamt Unterallgäu und der Stadt Memmingen mit der „Region der Lebensretter“-App.
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