Martina Frank-Martin bietet in Fischen (Oberallgäu) einen besonderen Service an.
Bild: Tobias Schuhwerk, Frank-Martin
Martina Frank-Martin bietet in Fischen (Oberallgäu) einen besonderen Service an.
Bild: Tobias Schuhwerk, Frank-Martin
Sie glaubt an das Gute und vertraut den Menschen. Deshalb bietet Floristenmeisterin Martina Frank-Martin aus Fischen (Kreis Oberallgäu) einen besonderen Service an. 24 Stunden am Tag können Kundinnen und Kunden in ihrer Blumenwerkstatt Sträuße, Topfpflanzen oder Gedecke kaufen. Für die Selbstbediener steht eine Vertrauenskasse bereit – das Geld wird also nicht kontrolliert.
„Bezahlen Sie einfach in bar. Die Kasse befindet sich am Schaufenster neben dem Kühlschrank oder werfen Sie das Geld in den Briefkasten“, bittet sie ihre Kundschaft in einer handschriftlichen Nachricht auf einer großen Schiefertafel im Außenbereich des Ladens. Dort stehen tags und nachts bis zu 40 Blumenwaren, teils im Wert von über 80 Euro.
Kann das funktionieren? „Ja“, sagt Martina Frank-Martin mit einem Lächeln. „Die Leut’ sind viel anständiger, als mancher glaubt. Zumindest kann ich das für unser Dorf sagen“, erzählt die 42-Jährige. Seit drei Jahren bietet sie die Selbstbedienung für Spontankäufer an. Anlass waren die Lockdowns während der Corona-Pandemie: „Ich wollte den Menschen einfach eine Freude machen. Blumen öffnen einem das Herz – und einkaufen im Außenbereich war ja möglich“, erinnert sie sich an ihre Beweggründe. Zunächst stellte sie einfach einige Blumensträuße in einen großen Kühlschrank vor der Werkstatt. Das Angebot wurde auf Anhieb sehr gut angenommen. Später folgten Topfpflanzen, Kränze oder Deko-Artikel, die sie unter die Überdachung vor dem Laden stellt.
Auch am Wochenende schaut sie nach den Beständen und legt gegebenenfalls neue Ware nach. Auf eine Video-Kamera oder ähnliches verzichtet sie bewusst. „Wenn wir uns nicht einmal hier im Ort vertrauen, wo dann?“ Und die Rechnung geht auf: „90 Prozent der Kunden zahlen. Bei den 10 Prozent, die nicht zahlen, ist vermutlich auch der eine oder andere Tourist dabei“´, glaubt sie.
Und was sagen die Fischinger? „Ich find’s sehr praktisch“, sagt ein 29-Jähriger aus dem Ort. „Vor Kurzem hab ich am Sonntag schnell noch Blumen für das Geburtstagsessen bei Schwiegermama geholt.“ Eine Touristenfamilie aus Dortmund ist derweil überrascht von dem Konzept: „Wir finden das klasse. Aber – ganz ehrlich – so etwas gebe es bei uns zuhause nicht. Das würde sich kein Ladeninhaber trauen.“ Anders ist das offenbar im Allgäu. Auf das Prinzip Ehrlichkeit setzten in den vergangenen Wochen auch Anbieter von Kürbisständen. Zu ihnen zählt der Spargel- und Kürbishof Lohner aus Inchenhofen (Kreis Aichach-Friedberg), der bayernweit rund 100 „Kürbis-to-go-Stände“ beliefert.
Im Allgäu fällt die Bilanz besser aus als in Ballungsräumen. „Im Allgäu sind die meisten Kunden ehrlich und zahlen den vollen Preis“, sagt Mitarbeiter Peter Gutmann.