„Der Waldfriedhof ist ein Ort der Begegnung, der Ruhe und der Erholung – und so manch ein Paar hat hier auch schon zueinandergefunden“, sagt Michael Koch, Leiter des Amts für Stadtgrün und Friedhöfe in Memmingen schmunzelnd. Letzteres passierte zum Beispiel, wenn Witwen und Witwer regelmäßig auf den Friedhof kamen, um sich um die Gräber ihrer Angehörigen zu kümmern. Manche seien dabei ins Gespräch gekommen und es habe „gefunkt“.
Erdgräber, die aufwendig bepflanzt werden müssen, gibt es allerdings immer seltener. Seit Langem geht der Trend zur Urnenbestattung – und zu weniger pflegeintensiven Gräbern. Das hat nicht nur Auswirkungen auf die Einnahmen der Friedhofsbetreiber, sondern auch auf die Optik und die Betriebsamkeit an den Ruhestätten.
Einnahmen der Friedhöfe im Allgäu fallen weg
Urnenbestattungen machen laut Allgäuer Experten mittlerweile über 70 Prozent der Beisetzungen aus, auch würden immer mehr Erdgräber aufgelöst. Diese sind laut Koch in der Regel teurer als Urnengräber – unter anderem, weil sie mehr Fläche verbrauchen. Ihre Beliebtheit nehme aber nicht wegen der Preise ab. Viel eher sei niemand mehr vor Ort, der die Gräber pflegen könne oder wolle, sagt Koch. „Da gehen uns Einnahmen verloren.“ Dies könne über Preissteigerungen aufgefangen werden.
Bleibt die Frage: Was tun, damit die Friedhöfe nicht verwaisen? Anderorts wurde man da bereits erfinderisch: Auf dem Matzleinsdorfer Friedhof in Wien wird beispielsweise „Urban Gardening“ angeboten. Soll heißen: Auf nicht mehr von Angehörigen betreuten Gräbern können Menschen Gemüse und Kräuter anbauen. Kostenpunkt: 75 Euro im Jahr. Auf dem evangelischen Zentralfriedhof in Regensburg hat ein Café eröffnet.
Zentralfriedhof in Kempten soll einen parkähnlichen Charakter bekommen
Solche Überlegungen gebe es für den Zentralfriedhof in Kempten bislang nicht, sagt Carmen Hage, Leiterin des Rechts- und Standesamtes. Und sie seien auch nicht nötig. Zwar sei in Kempten der Neuverkauf von Erdgräbern ebenfalls rückläufig und es würden immer mehr bestehende Erdgräber aufgelöst.
Man richte aber schon seit mehr als zehn Jahren alles darauf aus, dem Friedhof einen parkähnlichen Charakter zu verleihen. „Er hat einen ökologischen Wert und die Leute halten sich gerne dort auf. Da investiert die Stadt, das darf auch etwas kosten.“ Neben gewundenen Wegen und Sitzbänken stechen die Gemeinschaftsgräber optisch hervor, beispielsweise die „Blätter im Wind“. Das sind bunte Blätter aus Glas, die aufgereiht an Stelen hängen und mit dem Namen des Verstorbenen beschriftet werden können.

Auch in Lindenberg setzt man auf die Nähe zur Natur. „Mit viel Wiese und viel Grün bietet sich der Bergfriedhof als Begegnungsstätte an“, sagt Nadine Gmeiner von der Friedhofs- und Bauverwaltung. Wegen der schönen Aussicht sei er beliebt bei Spaziergängern oder Wanderern. Und auch eine Auszeichnung einer Fachjury hat er bereits erhalten. Sie würdigte die „gelungene Konzeption eines Landschaftsgartens, in dem sich die Grabstätten harmonisch in die Natur einbetten“.
Baumbestattungen sind gefragt
Der Waldfriedhof in Füssen soll ebenfalls zukunftsfähig werden. Die Stadt hat Planer aus Freiburg und Neu-Ulm mit der Gestaltung beauftragt – dabei sollen auch die Bürger mitgenommen werden. Auf der Agenda stehen beispielsweise Baumbestattungen, die zunehmend gewünscht würden. In Memmingen gibt es diese für Einheimische bereits – doch gehen laut Michael Koch langsam die geeigneten Bäume aus. Sorgen um die Attraktivität und die Betriebsamkeit auf dem 14,5 Hektar großen Gelände macht er sich dennoch nicht. Im Herbst würden Jungbäume gepflanzt, unter denen neue Baumurnengräber Platz finden sollen. Zudem gibt es ein Rhododendron-Feld, auf dem künftig Beisetzungen möglich sein sollen. „Der Friedhof bleibt ein Treffpunkt“, ist Koch sich sicher. Er eigne sich für Spaziergänge und biete gerade im Sommer eine angenehme Kühle.
Wenn es doch einmal zu ruhig werden sollte, hat Koch bereits Pläne in der Schublade – welche, das will er noch nicht verraten. Beete, wie in Wien, wird es aber wohl nicht geben. „Das finde ich schwierig – ein Friedhof hat schon auch etwas mit Pietät zu tun.“ Vor zehn Jahren habe es eine Anfrage gegeben, ein Schwarzes Brett als eine Art Partnerbörse aufzustellen. Das sei aber nicht umgesetzt worden. Ein Café hingegen findet Koch keine schlechte Idee.
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