Sind die Prüfungsfragen so schwer? Oder die Prüflinge zu faul? Darüber wird gerade angesichts aktueller Daten des TÜV-Verbandes diskutiert. Demnach fällt bundesweit fast jeder Zweite durch die theoretische Führerscheinprüfung. Die Durchfall-Quote lag ähnlich wie im Vorjahr bei 45 Prozent. Vor zehn Jahren betrug sie 35 Prozent. Das jetzige Ergebnis nahm Psychologie-Professor Florian Becker zum Anlass, um in einem viel beachteten Beitrag auf focus online mit der Jugend hart ins Gericht zu gehen: Schuld sei eine bedenklich abnehmende Leistungsfähigkeit bei Jugendlichen. Er schreibt von fehlender Selbstdisziplin, ja sogar von „Verdummung“.
Das sieht Nicole Hausdorf-Weigand, 42, anders. Sie ist Kreisvorsitzende Kempten-Sonthofen im Bayerischen Fahrlehrerverband. „Die Mehrheit - nämlich 55 Prozent - schaffen es ja beim ersten Mal. Also kann man doch nicht so pauschalisieren“, sagt Hausdorf-Weigand.
Dennoch fallen ihr Unterschiede im Vergleich zu früher auf. So hat sich die Zahl der potenziellen Fragen deutlich erhöht und liegt aktuell bei 1168. Zwei Mal pro Jahr kämen neue hinzu. Für die Prüfung werden 30 ausgewählt.
Fahrlehrerin über Theorieprüfung: Man muss wirklich gut vorbereitet sein
„Das ist schon komplexer. Manche Fragen sind zudem in wirklich schwer verständlichem Beamtendeutsch formuliert“, sagt Hausdorf-Weigand. Zudem gibt es Videobeispiele, zu denen die Prüflinge Stellung beziehen müssen. „Da muss man sich wirklich gut vorbereiten“, sagt Hausdorf-Weigand. Schwierig sei auch, „dass wir aufgrund der teilweise langen Bearbeitungszeiten der Behörden Führerschein-Anwärter erst Monate nach Abgabe ihres Antrages zur Theorieprüfung vorstellen können“. Manche seien im Kopf dann schon woanders.
Und noch etwas gibt die Fahrschul-Lehrerin zu bedenken: Zwar kann die Theorie-Prüfung mittlerweile in zwölf Sprachen abgelegt werden. Doch bei zahlreichen Anwärtern aus anderen Ländern sei die jeweilige Landessprache nicht dabei. Sie legen die Prüfung auf Englisch oder Deutsch ab, fallen aber wegen der Sprachhürden oftmals durch. „Diese Ergebnisse fließen dann auch in die Gesamtbilanz ein.“
Auch der Faktor Aufregung darf nicht unterschätzt werden
Auch der Faktor „Aufregung“ dürfe nicht unterschätzt werden: „Wenn jemand wegen Nervosität beim ersten Mal durchfällt, ist er ja nicht zu blöd“, sagt Nicole Hausdorf-Weigand. Sie empfiehlt allen Anwärtern, jeden Tag eine halbe Stunde konzentriert die Lern-App zu nutzen: „Ohne Ablenkung durch andere Social-Media-Kanäle!“ Viele würden das genau so machen - und die Theorieprüfung rasch bestehen. Manche dagegen müssten Lehrgeld zahlen. So wie ein angehender Jurastudent, der sechs Mal durch die Theorieprüfung rasselte, ehe er sie bestand. Was er dieses Mal anders gemacht hatte, wollte Nicole Hausdorf-Weigand von ihm wissen. Antwort: „Jetzt hab ich halt doch mal gelernt.“
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