Kontraste in Füssen

Der Tod tanzt doppelt im Kloster St. Mang

„Tod als Ringer“ heißt diese Totentanzfigur von Angela Eberhard.

„Tod als Ringer“ heißt diese Totentanzfigur von Angela Eberhard.

Bild: Markus Röck

„Tod als Ringer“ heißt diese Totentanzfigur von Angela Eberhard.

Bild: Markus Röck

Die Bilder Jakob Hiebelers von 1602 im Füssener Barockkloster haben starke Gesellschaft bekommen: Von Angela Eberhards Figuren aus den Jahren 2018 bis 2020.
01.10.2023 | Stand: 12:00 Uhr

Es ist ein Glanzstück des Museums der Stadt Füssen: Der Totentanz von Jakob Hiebeler in der Annakapelle des ehemaligen Benediktinerklosters St. Mang. 1602 gemalt, ist er heute der älteste erhaltene Totentanz Bayerns. Nun erhält er in den kommenden Monaten moderne Gesellschaft in Form der 15 Totentanzfiguren, die die gebürtige Memmingerin Angela Eberhard in den Jahren 2018 bis 2020 geschaffen und jetzt im Refektorium aufgestellt hat. Dort sind sie bis zum 3. Dezember zu sehen, also auch den Totenmonat November über.

Gleiches Thema, verschiedene Darstellungen

So zeitlos das Thema ist – der Tod verschont niemanden –, so unterschiedlich sind die Darstellungen: Als Figur in die dritte Dimension gehoben, macht Eberhard den Tod begreifbar. Er nimmt seine Opfer auch nicht an die Hand wie bei Hiebeler, sondern hat sie fest im Griff, mal eng umschlungen wie den Ringer, mal wie ein Baby an eine schwangere Frau geklammert, mal selbst ganz mütterlich ein Kind haltend. Der Tod steht mitten im Leben, so die augenfällige Botschaft, er begleitet jeden sein Leben lang. Nur die geschlossenen Augen der Menschen verraten: Es geht mit ihnen zu Ende.

Tod ganz individuell

Augenfällig auch: Der Tod ist zwar ein ewiger Gleichmacher, der jeden holt, gleich welchen Standes, aber er trifft jeden anders. Mal sitzt er geduldig mit auf dem Lehnstuhl der alten Frau und streichelt ihr beinahe zärtlich den Kopf, mal ist er übergroß, wenn er einem Bischof seine menschliche Begrenztheit zeigt, mal tritt er als Tröster auf, mal als böser Tod mit Drachenflügeln und -schwanz.

Dargestellt ist er dabei ganz traditionell als Knochenmann. Eberhard hatte lange über eine Alternative nachgedacht, sich dann aber doch für das Skelett entschieden. Ihre Figuren rundum zu betrachten, was dank der luftigen Aufstellung möglich ist, lohnt sich übrigens: Es gibt viele Details und neue Perspektiven zu entdecken.

Symbolträchtiges Material

Die bis zu 52 Zentimeter großen Figuren hat die Künstlerin filigran aus Terrakotta geformt – auch das symbolträchtig, denn Erde steht für das Leben ebenso wie für den Tod. Aus Erde, so weiß die Bibel, wurde der Mensch geschaffen, und in die Erde, so wissen wir alle, kehrt er am Ende zurück. Nur sehr dezent setzt Eberhard dazu Ölfarbe ein. Museumsleiterin Isabelle Schwarz fühlt sich angesichts der Terrakotta-Figuren an Joseph Beuys’ Erdtelefon von 1967 erinnert, wie sie bei der Ausstellungseröffnung sagte: Wie bei Beuys treten durch das Medium Erde Leben und Tod in den Dialog.

Bei Eberhard zieht sich der Tod als Thema schon fast durchs ganze Leben, seit sie als kleines Mädchen schwer krank in der Kinderklinik lag und glaubte, sterben zu müssen. Neben ihren Studien in Sozialpädagogik und Gerontologie absolvierte sie Ausbildungen zur Hospizhelferin und Trauerbegleiterin. Sie promovierte sogar noch an der Universität Augsburg, ehe sie 2005 ihren pädagogischen Beruf aufgab, um sich ganz ihrer künstlerischen Tätigkeit in ihren Ateliers in Ottobeuren und München zu widmen.

Ein letzter Totentanz

Das Thema Totentanz ist für Angela Eberhard mit den 15 Figuren übrigens abgeschlossen. Es wird keine Ergänzungen mehr geben, betont sie. Auch wenn sie sich mit ihrer neuen Serie „Die 7 Todsünden oder 7 Wege ins Unglück“ einem ähnlichen Thema widmete. Eine neue Totentanzfigur hat sie übrigens inzwischen dennoch geschaffen, allerdings als Unikat: In Bronze gegossen wird sie dereinst ihr Grab zieren.

Die Ausstellung „Totentanz. Auch Du“ mit Figuren von Angela Eberhard kann noch bis zum 3. Dezember zu den Öffnungszeiten des Museums der Stadt Füssen besichtigt werden: bis Ende Oktober dienstags bis sonntags von 11 bis 17 Uhr, ab 7. November freitags bis sonntags von 13 bis 16 Uhr. Am 15. Oktober sowie am 1. und 19. November, führt die Künstlerin selbst durch die Ausstellung – jeweils ab 14 Uhr.

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