Landwirtschaft

Damit Kälber bei ihren Müttern bleiben können

Bei der kuhgebundenen Kälberaufzucht darf das Kalb am Euter der Mutter oder einer Amme trinken.

Bei der kuhgebundenen Kälberaufzucht darf das Kalb am Euter der Mutter oder einer Amme trinken.

Bild: Florian Timmermann

Bei der kuhgebundenen Kälberaufzucht darf das Kalb am Euter der Mutter oder einer Amme trinken.

Bild: Florian Timmermann

Milchviehhalter, vor allem aus dem Biobereich, setzen zugunsten des Tierwohls zunehmend auf kuhgebundene Kälberaufzucht. Doch sie brauchen Unterstützung.
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Von Allgäuer Zeitung
21.01.2023 | Stand: 15:00 Uhr

Warum Milch und Fleisch zusammengehören – das war Thema bei einem Praxisdialog zur kuhgebundenen Kälberaufzucht der Öko-Modellregion Ostallgäu in Zusammenarbeit mit der Schweisfurth Stiftung. Rund 30 Landwirtinnen und Landwirte informierten sich laut einer Mitteilung des Landratsamtes Ostallgäu bei der Veranstaltung darüber, wie sie ihre Kälber selbst aufziehen können, statt sie an Mastbetriebe weiterzugeben. „Gerade bei uns im Ostallgäu mit überwiegend Grünland und Milchviehwirtschaft kommt dem Thema kuhgebundene Kälberaufzucht eine große Bedeutung zu“, unterstützt Landrätin Rita Maria Zinnecker die Initiative.

Verbraucher wissen oft nicht, dass es ohne Kälber keine Milch gibt

Die Teilnehmenden beklagten bei der Veranstaltung, dass viele Verbraucherinnen und Verbraucher nicht wüssten, dass bei der Milchproduktion auch Fleisch anfällt. Denn ohne Kalb gibt die Kuh keine Milch. Die meisten Menschen gingen davon aus, dass das Kalb die ganze Zeit bei der Kuh bleibe. Die gängige Praxis besteht jedoch darin, die Kälber in den ersten Tagen von den Müttern zu trennen und zu tränken. Kälber, die nicht zur eigenen Nachzucht gebraucht werden, werden nach wenigen Wochen oft an Mastbetriebe abgegeben. Das trifft besonders Stiere, da diese keine Milch geben.

„Erfreulicherweise ist die Nachfrage nach Milchprodukten aus der Öko-Landwirtschaft in den vergangenen Jahren stark gestiegen“, sagt Referent Ulrich Mück (Agraringenieur und Demeter-Berater). „Gleichzeitig jedoch die sowieso geringe Nachfrage nach Rindfleisch kaum.“ Um das anfallende Fleisch zu verbrauchen, sei es nötig, pro Liter Milch rund 30 Gramm Rindfleisch zu verzehren.

Immer mehr Milchviehhalter wollen ihre Kälber selber großziehen

Laut Mück hinterfragen immer mehr Milchviehhalter vor allem aus dem Bio-Bereich die herkömmliche Kälbermast. Sie wollen ihre Kälber selbst großziehen und später als Bio-Fleisch vermarkten. Das Hauptmotiv, das die Landwirte antreibe, sei das Tierwohl. Jedoch stelle die artgerechte Aufzucht der Kälber die Betriebe oft vor wirtschaftliche Herausforderungen: Da das Kalb direkt an der Amme oder der Kuh säuft, kann weniger Milch gemolken und an die Molkerei geliefert werden.

Saro Gerd Ratter, Projektmanager Tierwohl der Stiftung Schweisfurth, informierte darüber, wie Bio-Milchkälber kuhgebunden aufgezogen werden können. Er stellte klar heraus, dass jeder Betrieb unterschiedlich aufgebaut sei: „Es gibt nicht ein einheitliches System. Die Aufzucht der Kälber ist auf jedem Betrieb individuell.“

Bewusstsein für regionales Rindfleisch wecken

Wie es in der Praxis funktioniert, zeigte das Ehepaar Schreyer bei der Besichtigung seines Hofes in Stötten. Am Ende waren sich alle einig, dass das Interesse der Landwirte an der kuhgebundenen Kälberaufzucht sehr hoch sei. Jedoch müssten noch mehr Akteure eingebunden werden, um sie zu etablieren. Zu einem müsste beim Verbraucher das Bewusstsein für die Bedeutung des regionalen Rindfleischs geweckt werden. Zum anderen müsste das Aufzuchtsystem von mehr Molkereien finanziell honoriert werden.

Die Öko-Modellregion hat eine Liste mit Betrieben zusammengestellt, wo man jetzt schon Fleisch aus kuhgebundener Aufzucht beziehen kann: Michael Filser, Hörmannshofen, Renate und Stefan Schreyer, Riedhof, Günther Rauch, Bidingen, Konrad Stöger, Rieden am Forggensee, Andreas Aufmuth, Hiemenhofen, Severin Schmölz, Seeg, Max Löcherer, Lengenwang, Johannes Ott, Wald, Josef Fischer, Leuterschach, Martin Weber, Kaltental, und Franziska und Arnold Ried, Bernbach.