Im Proberaum im dritten Stock, unter dem Dach des Festspielhauses, trafen sie sich, die 130 Chor- und Musical-Begeisterten, die dem Aufruf zum Mitmachen bei „Jesus Christ Superstar“ gefolgt sind. Das Musical vom Erfolgsduo Andrew Lloyd Webber und Tim Rice wird am Karfreitag und Samstag im Ludwigs Festspielhaus aufgeführt. Das Intensivtheater aus Saarbrücken, das 2017 für seine Aufführung mit dem Kulturpreis für Musik der Stadt Saarbrücken ausgezeichnet worden ist, stellt sich mit seiner Inszenierung dem Füssener Publikum.
„Da ist nicht mehr viel Zeit zum Proben“, sagt Jenny Theobald, die künstlerische Leiterin. Samstag fünfeinhalb Stunden mit 45 Minuten Pause und Sonntag noch einmal sechs Stunden (mit Pause) haben sie und Timo Maul, musikalischer Leiter, dafür vorgesehen. Auf der großen Bühne kann nicht geübt werden, schließlich wurde dort am Wochenende „Die Päpstin“ aufgeführt. Deshalb wurde vor dem bodentiefen Spiegel im Proberaum ein Halbkreis mit Stühlen, Fässern und Klebebändern auf dem Boden eingegrenzt, in dem sich der Chor aufstellte, um die ungefähre „Enge“ bei der Aufführung schon mal zu spüren.
„Seite 160“, forderte Timo Maul die Sänger auf, die alle ihre Noten oder Texte zuhause ausgedruckt und mitgebracht haben. Der Chor setzt auf das Zeichen des Klaviers ein: „Die müssen schon vorher geprobt haben“, flüstert eine Zuschauerin einem Vater am Rande zu, dessen 13-jährige Zwillinge mitsingen. „Nö“, meinte Lukas später, „wir machen das in Ho’gau auch so. Text ist wichtig, die Melodie kommt dann von selbst.“
Dann schon der Wechsel zum nächsten Lied. „Seite 61“, ruft Maul und schlägt die Tasten an, der Chor fällt ein. Auch das klappt schon ganz gut. „Die Altstimmen etwas lauter“, gibt Timo Maul vor. Noch einmal – schon fast perfekt. So geht es zweieinhalb Stunden bis zur Pause. Sieben Lieder müssen eingeübt werden, die der Laienchor aus der Region lernen muss. Insgesamt beinhaltet die Rock-Oper 14 Chorlieder, die teilweise allein vom Saarbrücker Ensemble-Chor bei der Aufführung gesungen werden. Auch das leise Abgehen von der Bühne wird nach der Pause geübt, wie auch verschiedene Mimiken zu den Liedern. Ganz in Schwarz wird der Chor auftreten und nur durch viele Lichteffekte in Szene gesetzt, erklärt die künstlerische Leiterin.
Nach eineinhalb Stunden lösen sich die ersten Sängerinnen aus dem Chor, setzen sich auf die Begrenzungsstühle oder holen ihre Wasserflaschen: „Ganz schön warm hier oben“, seufzt eine Teilnehmerin. Auch der Rücken und die Füße schmerzen. Viele der Teilnehmer sind zuhause im Kirchen- oder einem anderen Chor, was die schnelle Einarbeitung der Lieder erklärt. So auch Andrea Guggemos aus der Nähe von Obergünzburg: „Es ist halt mal ein Abenteuer“, strahlt sie, „wenn es auch anstrengend ist“. „Aber hallo“, ruft Uschi Ehrentreich aus Füssen, die sich mit einer Tasse Kaffee in der Pause dazu setzt. „Die Füße, die Füße – abartig!“ Aber Spaß macht es trotzdem. „Nö“, aufgeregt sind die Zwillinge Lukas und Jonas Fussenegger nicht. „Isch doch nur im Chor, kein Solo wie in Ho’gau.“ Ja, dann.
Die beiden verschlingen entspannt ihr Wiener Schnitzel: „Nein, wir haben keine Essensbons bekommen“, sagen alle am Tisch. Und eine Gage gibt auch für niemanden. So ganz toll finden das nicht alle, kommen doch einige Sänger und Sängerinnen von weiter her, und das dann fünf Mal: Proben am Samstag und Sonntag, Generalprobe am Donnerstag und die Aufführungen am Karfreitag und Samstag. „Aber dafür dürfen unsere Familien zum halben Preis in die Aufführung“, freuen sie sich.
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