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Gestrandet in Kambodscha

Westallgäu/Phnom Penh

Gestrandet in Kambodscha

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    Sie sitzen in Kambodscha fest: Karin Schmidt, Caterina Sanzo, Tilila Schmidt, Katharina Brey, Anja Neuner und Hannah Schmidt (von links) aus dem Westallgäu. Auch die deutsche Botschaft konnte bisher nicht helfen.
    Sie sitzen in Kambodscha fest: Karin Schmidt, Caterina Sanzo, Tilila Schmidt, Katharina Brey, Anja Neuner und Hannah Schmidt (von links) aus dem Westallgäu. Auch die deutsche Botschaft konnte bisher nicht helfen. Foto: Foto: Schmidt

    Auf den ersten Blick sehen sie aus wie eine muntere Reisegruppe: Sechs Frauen in T-Shirts und Sandalen, einige sind braun gebrannt. Sie stehen vor einem glänzendem Messingschild „Botschaft der Bundesrepublik Deutschland“. Allein ihr Mundschutz weist auf eine ungewöhnliche Situation hin. Mit diesem Foto verschickt eine Westallgäuerin per Whatsapp die Nachricht: „Wir sitzen in Phnom Penh fest, vielleicht für Wochen.“

    Karin Schmidt wollte sich mit ihren Töchtern treffen. Seit Anfang Februar reisen Tilila und Hannah durch Südostasien, ihre Mutter ist mit drei Freundinnen nachgekommen. Am 14. März sind sie in Kambodscha gelandet – und jetzt kommen die sechs Frauen zwischen 20 und Mitte 50 nicht mehr weg. Vorgestern war der Rückflug über Kuala Lumpur und Dubai geplant, doch wegen der Corona-Pandemie wurde die erste Etappe storniert. „Wir erhalten keine Information“, schreibt Karin Schmidt, nicht von der Fluggesellschaft und nicht vom Online-Portal, auf dem sie gebucht hat. Das Geld für die Tickets ist vermutlich weg: höhere Gewalt.

    Doch das ist derzeit die kleinste Sorge der Westallgäuerinnen. Eine Rückhol-Aktion, wie sie die Bundesrepublik für verschiedene Ferienziele startet, ist für Kambodscha nicht geplant. Die Touristen, die dort meist individuell reisen, sind erst mal auf sich selbst gestellt. 1200 Deutsche sollen sich aktuell in Kambodscha aufhalten.

    In Phnom Penh haben sich Deutsche zusammengefunden. Ihre Whatsapp-Gruppe „Zurück nach Europa“ wird stündlich größer. 70 schlugen Mittwoch früh vor der Botschaft auf und haben im Chor gerufen „Wir wollen nach Hause!“ Freundlich seien die Botschaftsangestellten gewesen, schildert Karin Schmidt. „Sie haben uns informiert, aber konnten uns nicht helfen. Wir sollen warten.“

    Wo immer sie Zugang zum Internet kriegen, durchstöbern die Allgäuerinnen die Reiseportale. Sie stoßen auf Flüge über Japan und Korea, doch die Botschaft rät davon ab. Touristen, die ein Ticket für eine neue Verbindung ergattern, bezahlen inzwischen laut Schmidt horrende Preise. Und kurz vor Abflug kommt die Absage. „We are sorry“ – „Es tut uns leid“ lautet die Antwort auf Rückfragen.

    Angst vor Deutschen

    Die Stimmung unter den deutschen Reisenden ist angespannt. Auch wegen der Ablehnung, die ihnen in Phnom Penh entgegenschlägt. „Die Leute haben Angst vor Deutschen“, schreibt Karin Schmidt. Vor Restaurants werde Desinfektionsmittel in ihre Richtung versprüht, in Hostels seien kaum Betten zu bekommen. Drei der Allgäuer Touristinnen arbeiten in der Pflege. „Sie würden jetzt dringend gebraucht“, schreibt Karin Schmidt.

    Das Auswärtige Amt in Berlin gibt auf Anfrage unserer Zeitung eine knappe Auskunft. Ein Pressesprecher betont zwar, dass die Regierung allen Gestrandeten eine Rückkehr ermöglichen wolle. Aber: „Wo noch Möglichkeiten zur Rückreise mit eigenen Mitteln bestehen, sollten diese genutzt werden.“ Wo dies nicht möglich sei, „bemühen sich die Auslandsvertretungen um Lösungen“. Wann es eine solche Lösung gibt, weiß niemand. „Wir können nichts tun außer warten“, haben die sechs Allgäuerinnen bei der Botschaft erfahren. Sie fühlen sich „verloren und ohnmächtig“ in Phnom Penh.

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