Es ist 1.22 Uhr. In den Hallen des Lissaboner Flughafens erblickt man in nahezu jeder Ecke schlafende Menschen, den Kopf auf dem Handgepäck abgelegt, die Kappe ins Gesicht gezogen. An einzelnen Schaltern stehen noch immer lange Schlangen erschöpfter Menschen, genauso wie an der Kasse einer Fastfood-Kette. Es ist eine der wenigen Möglichkeiten, um diese Uhrzeit noch etwas zu Essen zu bekommen. Nach stundenlangem Anstehen sind viele hungrig geworden. Mit dem Zehn-Euro-Gutschein der Airline ist ein Menü mit Burger, Cola und Pommes gerade so drin. Dann geht es endlich mit dem Taxi ins Hotel.
Was sich kürzlich an einem Samstag an den Flughäfen in Málaga und Lissabon abspielte, ist eigentlich unglaublich. Und doch sind immer wieder Reisende betroffen. Flugausfälle, verschollene Koffer, verpasste Anschlussflüge, überbuchte Maschinen und ganze Nächte am Flughafen.
Wenn einzelne dieser Szenarien passieren, ist das schon blöd. Schlimmer ist es nur, wenn all diese Dinge als Aneinanderreihung in einer dicken Pechsträhne das Ende eines schönen Urlaubs betrüben.Guter Start in den Tag - erster Dämpfer im Bus
Der Morgen des besagten Samstags startete noch recht verheißungsvoll. Die Sonne ging gerade erst über dem Mittelmeer an der Costa del Sol in Estepona auf. Koffer packen, mit dem Taxi zum Busbahnhof und im gut klimatisierten Bus über Marbella bis zum Flughafen nach Málaga. Unterwegs jedoch schon der erste Dämpfer: Uns erreicht eine SMS der portugiesischen Airline mit der Nachricht, dass sich der Abflug um etwa eine halbe Stunde verzögert. Kein Problem, für den Umstieg in Lissabon sind mehr als drei Stunden Zeit. Die Ankunft des Busses am Flughafen ist gegen 11.15 Uhr. Der Abflug war ursprünglich für 15.25 Uhr eingeplant - jetzt für 15.55 Uhr.
Nach dem wir den Koffer aufgegeben und den Sicherheitscheck durchlaufen haben, gibt es ein Sandwich und ein Getränk für 14 Euro - ein echtes Schnäppchen. Am Gate warten bereits andere Fluggäste auf das Boarding. Doch zuverlässig im halbstündlichen Takt trudeln weitere SMS auf meinem Handy ein, dass sich der Abflug weiter verzögert. Inzwischen ist es 17.19 Uhr. Das Boarding soll endlich gegen 17.50 Uhr beginnen, der Abflug ist für 18.20 Uhr angesetzt. Dann die Hiobsbotschaft per Mail, "Reservation Change" für den Anschlussflug von Lissabon nach München: Statt noch am selben Abend, soll es für uns nun erst am Montagabend weitergehen - zwei Tage später.
Endlich Abflug in Richtung Lissabon - Hoffnung auf Anschluss
Am Flughafen selbst möchte niemand dafür verantwortlich sein. Der Mann am Infopoint verweist uns an das Boarding-Personal am Gate, die schieben die Verantwortung weiter auf die Crew im Flieger. Endlich kann es losgehen, das Gate öffnet sich, die kleine Maschine in Richtung Lissabon ist bereit. Drei Stunden später als geplant. Die Flugbegleiterin ist freundlich und stellt uns ein womögliches Erreichen des ursprünglich gebuchten Weiterfluges in Aussicht. Eine gute Stunde später Landeanflug auf Lissabon. Mit dem Bus geht es ans Terminal. Dort steht bereits eine Flughafenmitarbeiterin. Die Nachricht, die sie zu überbringen hat, ist jedoch alles andere als erfreulich. Anstatt uns den schnellsten Weg zum Anschlussflieger zu zeigen, der erst in 20 Minuten abheben soll, drückt sie uns und den anderen verdutzt und ungläubig dreinblickenden Fluggästen die neuen Boarding-Karten für den Flug am Montagabend in die Hand.
Im Vollsprint mit dem Handgepäckskoffer im Schlepptau rennen wir in Richtung des Gates des Fliegers nach München. Die Maschine steht ja noch da, warum sollten wir nicht mitgenommen werden? Schweißgebadet und völlig außer Atem folgt am Gate aber die herbe Enttäuschung. Das Boarding ist gerade im Gange, doch unsere Tickets werden nicht mehr akzeptiert. Unsere gebuchten Plätze wurden schon weitervertickt, der Flieger ist voll. (Lesen Sie dazu auch: Lufthansa streicht weitere 2000 Flüge bis Ende August - auch in München)
Koffer am Flughafen in Lissabon verschollen: Niemand weiß, wo er ist
Aber was war eigentlich mit dem Koffer passiert? Hat er es noch in den Flieger geschafft? Unsere wichtigsten Dinge haben wir in weiser Voraussicht im Handgepäck verstaut. Naja, zumindest fast alle: Im aufgegebenen Koffer befindet sich die herrliche spanische Wurst. Aber niemand weiß, wo er ist. Bei der Beschwerdestelle für nicht auftauchendes Gepäck stehen bereits dutzende Menschen, zwischen den Gepäckbändern liegen hunderte Koffer, die scheinbar niemandem gehören. An einem Automaten müssen wir eine Nummer ziehen - ähnlich wie beim Amt. Es konnte sich nur um Stunden handeln, bis unsere Nummer an der Reihe war.
Ein Flughafenmitarbeiter rät uns schließlich, den Koffer Koffer sein zu lassen, da es tatsächlich noch einige Zeit dauern würde, bis wir an der Reihe wären. Wieder im Abflugterminal gilt es nun, Beschwerde einzureichen und wenn irgend möglich noch einen anderen Flug zu buchen, der bereits am Sonntag fliegt. Offenbar hat es auch andere erwischt, die Schlange vor den entsprechenden Schaltern ist hunderte Meter lang. Drei Stunden später ist erst die Hälfte der Schlange geschafft. Zwischendurch verteilten Mitarbeiter des Flughafens kostenloses Wasser. Endlich kommt eine Mitarbeiterin der Airline. Sie führt uns zu ein paar Schaltern, die zusätzlich eingerichtet wurden. Nach einer weiteren Stunde in einer Warteschlange ist es endlich so weit: Die Frau am Schalter guckt ganz mitleidig hinter ihrer Plexiglasscheibe hervor. Alle Flieger jeglicher Airlines sind ausgebucht, keine Chance vor dem Montagabend heim zu fliegen. Auch auf unseren Vorschlag, einen anderen Zielort anzufliegen, der in der Nähe von München liegt, folgt nur ein Kopfschütteln. (Lesen Sie dazu auch: Probleme am Flughafen Memmingen: "Rhodos wird diesen Sommer vermutlich nicht mehr angeflogen")
Alle Karten sind gezogen, die Realität heißt nun: Zwei Nächte in Lissabon. Und wer zahlt das alles? Alle Rechnungen, vom Taxi über das Hotel bis hin zu neuen Unterhosen können bei der Airline eingereicht werden und werden übernommen. So verspricht es uns die Dame am Schalter.
Flug von Lissabon nach München: Alles läuft wie am Schnürchen, Enttäuschung am Gepäckband
Nach zwei wunderschönen Tagen in Lissabon - die Stadt ist sehr zu empfehlen - geht es am Montagabend wieder zum Flughafen. Beim Check-In versichert uns der Mitarbeiter, dass der Koffer ebenfalls die verspätete Rückreise nach München antritt. Alles läuft wie am Schnürchen - warum nicht gleich so? Spät abends landet die Maschine am Franz-Joseph-Strauß-Flughafen in München. Guter Dinge gehen wir zum Gepäckband. Einer nach dem anderen nimmt seinen Koffer vom Band. Übrig bleiben schließlich nur wir und drei weitere Paare, die ebenfalls bereits am Samstag von Málaga über Lissabon nach München fliegen wollten. Keine Koffer. Und wieder finden wir uns an einem Schalter wieder. Diesmal findet die Konversation wenigstens auf deutsch statt, die Lufthansa-Damen tippen die Adressen und die Merkmale der verschollenen Koffer in ihren PC. Das verlorene Gepäckstück solle sobald es in München eintrifft, per Lieferdienst zu uns nach Hause geschickt werden. Hoffentlich überlebt die Wurst!
Am nächsten Abend - inzwischen sind wir endlich zuhause - schicken wir alle Rechnungen an die Airline. Und auch etwas Schadenersatz fordern wir ein, der steht uns laut der Fluggastrechte zu. Immerhin ging mein erster Arbeitstag am Montag dafür drauf. Am Freitagmorgen dann schließlich die Überraschung: Vor der Tür steht unser Koffer, eingepackt in einen riesigen Karton. Fast wie Weihnachten. Und die Wurst? Sie konnte im Koffer noch ordentlich nachreifen und schmeckte fantastisch.