Zwei bis drei Meter sind sie hoch, die Holzstangen auf Feldern und Wiesen im Allgäu, und oft sitzt ein majestätischer Greifvogel auf ihnen. Immer wieder sieht man sie, doch was hat es damit eigentlich auf sich? Zwei Experten aus dem Allgäu beantworten alle Fragen rund um das Thema.
Holzstangen auf Feldern im Allgäu sind Ansitzstangen
"Solche Ansitzstangen dienen Greifvögeln, die nicht aus der Luft heraus jagen, als Ausgangspunkt für ihre Jagd", erklärt Susanne Brandt von der Bezirksgeschäftsstelle Allgäu-Donau-Oberschwaben des Naturschutzbundes Deutschland (NABU). Vögel, die auf Jagd gehen, indem sie das Jagdgebiet beobachten und dann auf ihre Beute herabstoßen, brauchen eine Sitzgelegenheit. "Häufig sind die Stangen eine Ausgleichsmaßnahme. Werden Zaunpfähle oder Büsche beseitigt, können die Ansitzstangen den Tieren als neuer Startpunkt für die Jagd dienen."
Brandt ergänzt, dass es auch niedrige Ansitzstangen, die sogenannten Singstangen gibt: "Sie sind etwa einen Meter hoch und sollen Singvögeln im Frühling helfen, während der Paarungszeit eine Partnerin zu finden."
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Dafür sind Ansitzstangen da
Der Gedanke hinter den Ansitzstangen ist, dass Greifvögel Mäuse jagen, die Schäden auf den Feldern anrichten, so Brandt. Der Bayerische Bauernverband mit Sitz in München fasst die Funktion der Ansitzstangen in einem Satz zusammen: "Ansitzstangen sind eine gute Möglichkeit, Greifvögel auf Grün- und Wiesenflächen zu bringen."
Auf diese Symbiose zwischen Landwirten und Greifvögeln geht Thomas Kölbl, Geschäftsführer des BBV Ostallgäu, genauer ein. Er erklärt, dass die Ansitzstangen den Greifvögeln die Gelegenheit geben sollen, von einer erhöhten Position aus auf Mäusejagd zu gehen. "Mäuse können vor allem in Grünland große Schäden anrichten. Deswegen helfen die Bauern den Vögeln."
Es gibt auch Nachteile für die Natur im Allgäu
"Ein Nachteil ist, dass die Greifvögel alle Bodenbrüter, wie zum Beispiel Kiebitze, von der erhöhten Sitzposition aus sehr gut sehen können", sagt Brandt. Wer gezielt Kiebitze ansiedeln möchte, solle auf Ansitzstangen verzichten.
Die Anzahl der Kiebitze sei in den letzten 30 Jahren um 90 Prozent zurückgegangen. Damit der Bestand sich erholen könne, sollte auch auf Hecken als Ausgleichsmaßnahme verzichtet werden. Die seien nämlich ebenfalls ein idealer Aussichtspunkt für Greifvögel.
Diese Vögel sitzen im Allgäu besonders häufig auf den Pfählen
Am meisten im Allgäu verbreitet ist der Mäusebussard, erklärt Brandt. Wer einen Vogel auf einer der Ansitzstangen sieht, hat es sehr wahrscheinlich mit einem solchen Bussard zu tun. Ebenso sitzen Falken auf den Stangen, ergänzt Kölbl vom BBV Ostallgäu.
Den Mäusebussard und Turmfalken zählt Brandt vom Allgäuer NABU zu den drei häufigsten Arten von Greifvögeln im Allgäu. Ebenfalls sehr oft komme der Rotmilan vor. Dass vielerorts Greifvögel zu sehen seien, sei zugleich ein guter Indikator für eine gesunde Natur im Allgäu.
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Welche Greifvögelarten sind im Allgäu weniger geworden oder sind vom Aussterben bedroht?
Noch immer gebe es wenig Baum- und Wanderfalken im Allgäu, so Brandt. Der Bestand des Rotmilans habe sich trotz aller Maßnahmen für die Windenergie erholen können. Sie ergänzt, dass der Bestand von Eulen, die Nachtgreifer sind, noch immer gefährdet ist.
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