Sie kreisen über unseren Köpfen - und bereiten nicht selten Kopfzerbrechen: Dann beobachtet man mit zusammengekniffenen Augen einen gefiederten Flugkünstler am Himmel und fragt sich: „Ist das da oben etwa ein Adler?“ Das könnte tatsächlich sein.
Denn das Allgäu gehört zu den wenigen Regionen in Deutschland, in denen es Steinadler gibt. Doch auch andere spektakuläre Greifvögel haben hier ihr Zuhause: „Zehn von 14 Greifvogelarten in Bayern kommen im Allgäu vor“, erklärt Brigitte Kraft, Leiterin der Bezirksgeschäftsstelle des Landesbundes für Vogelschutz (LBV) in Memmingen. Die Expertin stellt vier spektakuläre Vertreter vor.

Steinadler im Allgäu: So viele Brutpaare gibt es im Allgäu
Steinadler: Mit einer Flügel-Spannweite von bis zu 2,30 Metern und seinem eleganten Gleitflug gilt er als „Majestät“ unter den Greifvögeln der Region. Steinadler wurden früher systematisch bejagt und beinahe ausgerottet. Man sah in ihnen einen Feind, der Jagd- und Nutztiere gefährdete. Heute gibt es zehn Brutpaare im Oberallgäu und eines im Ostallgäu. „Heuer verzeichneten wir sieben Jungvögel. Das ist ein sehr gutes Jahr“, sagt Kraft.
Steinadler haben sich wohl wegen der früheren Jagd auf sie in den Alpenraum zurückgezogen. Doch Vogelschützer hoffen, dass sie – wie früher – auch wieder Reviere außerhalb des Alpenraums gründen. „Fliegende Jungvögel wurden in den vergangenen Jahren beispielsweise schon im Kemptener Wald, in Kürnach oder Oberstaufen gesichtet. Aber zur Ansiedlung kam es dort bislang nicht“, sagt Kraft. Die streng geschützten Steinadler können ihre Horste in Felswänden, aber auch in hohen Bäumen bauen.

Rotmilan: Er ist der zweitgrößte Greifvögel in unserer Region mit einer Spannweite von bis zu 1,75 Metern. Gut zu erkennen ist der Rotmilan an seinem gegabelten Schwanz. Seine Grundfarbe ist rostbraun; auf der Unterseite der beiden Vorderflügel ist ein großes weißes Feld sichtbar. Sein Kopf ist weißlich bis grau.
„Über die Hälfte des weltweiten Bestandes ist in Deutschland zu Hause. Seit etwa Mitte der 1990er Jahre gibt es auch Brutpaare im Allgäu“, sagt LBV-Expertin Kraft. Den schlauen Jäger sieht man in unserer Region nicht selten als Begleiter von Mähfahrzeugen. Der Grund: Er spechtet darauf, von der Maschine erfasste Tiere wie Mäuse, Frösche oder Schlangen zu verspeisen.
Etwas kleiner und dunkler im Gefieder ist der Schwarzmilan. Seine Hauptnahrung sind tote und lebende Fische. (Das könnte Sie auch interessieren: „Schlangen, Schildkröten, Riesenfische“: Allgäuer Berufsfischer schildert seine kuriosesten Erlebnisse)

Der schnellste Vogel der Welt: Wanderfalken verblüffen mit ihrem Sturzflug
Wanderfalke: Er ist selten in unserer Region zu sehen. Doch wenn er auftaucht, wird es spektakulär. Denn: Der Wanderfalke ist der schnellste Vogel der Welt! Im Sturzflug erreicht er 320 Kilometer pro Stunde. „Im Luftraum jagt er Vögel bis zur Krähengröße“, sagt Brigitte Kraft. Er überrascht die Beutetiere mit seinem extremen Tempo und tötet sie durch seinen Aufprall seines Sturzflugs.
Häufiger als der Wanderfalke ist im Allgäu der Turmfalke. „In Relation zum Körper hat er einen langen Schwanz“, sagt Kraft. Der Turmfalke steht oft im sogenannten „Rüttelflug“ an einer Stelle in der Luft. Von dort aus erspäht er seine Beute. Schier unglaublich: Er kann - wie alle anderen Greifvögel auch - ultraviolettes Licht wahrnehmen und schafft es so aus großer Entfernung, Kot und Urin von Kleinnagern zu orten.
Auch den Baumfalken kann man mit etwas Glück im Allgäu beobachten: Er brütet oftmals in Krähennestern und gilt als ausgezeichneter Flieger, der auch Singvögel und Libellen verspeist.

Mäusebussard: Der häufigste Greifvogel in Deutschland
Mäusebussard: Gut 50 Zentimeter groß, kompakte Gestalt und bekannt für seinen miauenden Ruf: Der Mäusebussard ist der häufigste Greifvogel in Deutschland. Er ist gerne „Zaungast“ an Straßen, wo er auf Beute spechtet „Zumindest während der Balzzeit ist er auch der ruffreudigste“, sagt Kraft. Sein „Hijäh“ ist oft weithin zu hören.
In großer Höhe wird der Mäusebussard manchmal mit einem Steinadler verwechselt. Doch sie unterscheiden sich schon akustisch: Denn der „König der Lüfte“ gibt nur selten Rufe von sich. Und auch der kreisende Radius ist ein anderer: Der Mäusebussard fliegt kleine Kreise, um Beute zu erspähen. Der Steinadler dagegen segelt in großen Kreisen am Himmel.
Diese Greifvögel gibt es noch im Allgäu
Weitere Greifvögel im Allgäu sind Habicht (charakteristisch: ein heller Streif über dem Auge), Sperber (klein, breite und runde Flügel, langer Schwanz) und Wespenbussard. Letzterer ernährt sich in erster Linie von Wespen und deren Larven. Seine stark gebogenen Krallen helfen beim Graben nach Wespenlarven im Boden.
Übrigens: Auch der größte Greifvogel Europas, der Bartgeier, wurde vereinzelt schon im Allgäuer Alpenraum gesichtet. Der Knochenfresser erreicht eine Flügelspannweite von bis zu 2,9 Metern. Ein eigenes Brutpaar gibt es im Allgäu bislang laut LBV nicht. Im Tirol ist er dagegen wieder heimisch. Zudem läuft im Nationalpark Berchtesgaden ein Wiederansiedlungsprojekt.
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