Bis zu 10.000 Jahre alt ist das Allgäuer Grundwasser in tieferen Bereichen. Angezapft wird es aber noch nicht: Es soll als Trinkwasserreserve für die nächsten Generationen aufgehoben werden. Denn die Situation im Allgäu rund um das lebenswichtige Nass verschlechtert sich kontinuierlich. Wassernot herrsche zwar noch nicht, sagt Karl Schindele, Leiter des Kemptener Wasserwirtschaftsamtes. Dennoch mache er sich Sorgen: In den vergangenen 20 Jahren habe sich immer weniger frisches Grundwasser gebildet.
Sorge ums Wasser: 55 Prozent der Deutschen sorgen sich, dass es beim Trinkwasser künftig zu Engpässen kommen kann. Das hat eine Umfrage, der ARD-Deutschland-Trend, ergeben. Er wurde am Freitag veröffentlicht. Unbegründet ist diese Sorge nicht. Im Allgäu etwa könnte es in den nächsten zehn bis 20 Jahren zu Problemen in der Trinkwasserversorgung kommen, wenn der Klimawandel weiterhin so voranschreitet wie bisher, sagt Schindele. Schon in den vergangenen Jahren seien die Trockenperioden, also die Zeiträume, in denen es nicht oder nur wenig regnet, länger geworden. Zudem würden die Sommer heißer.
Die Grundwasserspiegel: Im Allgäu wird das Trinkwasser laut Schindele fast komplett aus Grundwasser gewonnen – und zwar aus den oberen Schichten und ohne es aufbereiten zu müssen. An einigen Stellen der Region sei der Grundwasserspiegel derzeit niedrig, teilweise sehr niedrig. Schwankungen seien im Sommer zwar üblich, allerdings komme es immer öfter vor, dass Pegel auf sehr geringe Werte sinken. Vor allem im südlichen Allgäu. Klimaforscher:
Müssen Bewohner im Allgäu Wasser sparen?
Wenn es so weiter geht: Dann wird die Wasserversorgung in etlichen Gemeinden schwieriger. Einige müssen schon jetzt nach neuen Quellen im Grundwasser suchen, sagt Schindele. Allerdings nicht in tieferen Schichten, sie sollen als Reserve gehalten werden.
Müssen wir im Allgäu Wasser sparen? Von verschiedenen offiziellen Stellen quer durch die Region ist zu hören, dass das Allgäu immer noch gut versorgt ist mit Trinkwasser – anders als etwa Teile im Norden Bayerns, die mit starker Trockenheit zu kämpfen haben. Dennoch sagt Tobias Müller, im Kaufbeurer Rathaus unter anderem für die Pressearbeit zuständig: „Grundsätzlich sollte jeder Haushalt Wasser einsparen. Zum einem, um die Kosten zu reduzieren, zum anderen, um den Wasserhaushalt, das Grundwasserangebot zu entlasten.“ Karl Schindele bestätigt: Mit Blick auf die schon jetzt spürbaren klimatischen Veränderungen sollte Trinkwasser auch im Allgäu nicht verschwendet werden. Außerdem: Nicht überall in der Region sei die Situation noch recht entspannt. Es passiere immer öfter, dass kleine Quellen ausfielen. Betroffen seien oft Weiler und kleine Dörfer. Aber in gewissem Maß auch die Stadt Kempten: Einen geringen Teil ihres Trinkwassers bezieht sie aus zwei kleineren Quellen. Eine davon sei durch die klimatischen Veränderungen bereits eingeschränkt, sagt Christian Lakeberg (Kemptener Kommunalunternehmen).
Darf ich meinen Pool mit Wasser aus der Leitung füllen?
Private Pools: Ob sie befüllt werden dürfen, solle man am besten mit der jeweiligen Gemeinde absprechen, sagt Karl Schindele. Pleß im Unterallgäu etwa musste jetzt Hilfe über einen Wasser-Notverbund einfordern, weil zu viele Bewohner in kurzer Zeit ihre Pools befüllt hatten. Gleichzeitig hatte es einen Wasserrohrbruch gegeben. Also musste die Gemeinde sicherstellen, dass noch genügend Wasser für einen potenziellen Feuerwehreinsatz da ist. Allgäuer Landkreise und Städte: Sind sie genügend vorbereitet auf Dürre, Hitze und Starkregen?
Probleme durch zu viel Wassersparen? Es gibt Kommunen in Deutschland, die ihre Bewohner bitten, nicht zu viel Wasser zu sparen. Denn je weniger Abwasser in den Kanal gespült werde, desto größer die Gefahr, dass Feststoffe hängen bleiben und aufwendig entfernt werden müssen. Dieses Thema spielt in den Allgäuer Kommunen kaum eine Rolle, wie unsere Recherchen ergeben haben. Tobias Müller aus Kaufbeuren weist aber auf ein anderes Problem hin: Wird in einem Haushalt sehr stark Wasser gespart, „kann es zu Stagnation in den Leitungen kommen. Dadurch droht die Gefahr der Verkeimung“. Sein Rat: Wurde die Leitung einige Stunden nicht genutzt, sollte man das Wasser ein wenig laufen lassen, bevor es getrunken wird. Bis dahin könnte das Wasser etwa zum Gießen aufgefangen werden.
Was Kommunen tun können: Wichtig ist, dass Kommunen prüfen, ob ihre Wasserleitungen dicht sind, damit kein Wasser verloren geht, sagt Karl Schindele. Damit befasst sich auch ein Projekt, das in Lauben im Oberallgäu gestartet wurde: Sensoren messen, ob und wo es im Wassernetz Lecks gibt. So kann die Gemeinde schnell reagieren.