Die Tage werden kürzer, die Dunkelheit bricht früher herein, Halloween steht vor der Tür. Das Allgäu hat einiges zu bieten, wenn es um sagenumwobene, mystische Orte geht, an denen gruselige Dinge vor sich gehen. Legenden zufolge trieben Geister, Hexen oder der Teufel höchstpersönlich einst ihr Unwesen im Allgäu und lauern vielleicht noch immer irgendwo. In diesem Artikel stellen wir sieben mystische Orte vor und erzählen ihre Geschichte.
Das Steinkreuz in Roßhaupten erinnert an die Machenschaften des Teufels
Ein fast vier Meter hohes Steinkreuz steht am Ortseingang von Roßhaupten auf einem großen Felsen. Das Kreuz wurde im gleichen Zeitraum errichtet wie die St. Andreas Kirche. Das ist der Legende zufolge kein Zufall. Als die Einwohner Roßhauptens in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts nämlich mit dem Bau der Kirche begannen, passte dies dem Teufel überhaupt nicht. Er versuchte, diesen zu verhindern. Dazu brach er einen großen Felsbrocken aus dem nahegelegenen Säuling heraus, den er auf das neue Gotteshaus werfen wollte. Er verspätete sich jedoch und die Kirche war bereits fertig. Das Läuten der Kirchenglocken überwältigte den Teufel und nahm ihm seine Kraft. Der Felsbrocken fiel ihm herunter und rollte direkt zum Ortseingang - dorthin, wo er noch heute liegt. Die Roßhauptener errichteten darauf das Kreuz, um an den Sieg über den Antichristen zu erinnern.
Hunderte Grabkreuze im Wald bei Frauenzell
Im Wallfahrtsort Gschnaidt bei Frauenzell (Landkreis Oberallgäu) stehen unzählige Holzkreuze im Wald und vor einer kleinen Kapelle. Trauernde Angehörige bringen sie nach der Beerdigung ihrer Lieben dorthin. Bahnt man sich einen Weg hindurch, kommt man auf einen Kreuzweg, der den Hügel hinunter in den Wald und zu einer Quelle führt. Ein Eremit, der dort einst im Wald lebte, trank von dieser Quelle, aß Beeren und Wurzeln, baute sich eine Hütte und genoss die Einsamkeit. Eines Tages war ein Mönch im Wald unterwegs, den er einmal gekannt hatte. Er bat den Klosterbruder, fortzugehen und niemanden von seinem Domizil zu erzählen, bis er gestorben sei. Der Mönch kam dieser Bitte nach.
Jahre später kehrte er zurück und fand ein verwachsenes Grab vor. Der Eremit war gestorben. Mitten im Wald wollte der Mönch diesen nicht lassen und beschloss, ihn exhumieren zu lassen und den Leichnam in Frauenzell zu bestatten. Doch die Zugtiere vor dem Wagen, der die Leiche transportieren sollte, machten nicht die leisesten Anstalten, sich zu bewegen und kehrten immer wieder zum höchsten Punkt des Hügels zurück. Schließlich begrub der Mönch den Einsiedler dort. Über seinem Grab wurde die Kapelle errichtet, um die heute die aberhunderten Kreuze herumstehen.
Eine Hexe lebte einst in Wagneritz im Oberallgäu
Eine alte Frau lebte einst allein und einsam im Dorf Wagneritz am Fuße des Grünten. Die Menschen dort fürchteten sie und vermieden jede Begegnung mit ihr, denn sie hatte magische Kräfte. Sie konnte mit Hilfe von Erlensträuchern schreckliche Gewitter auslösen und wurde deshalb nur "die Elderhex" genannt. Eine Gruppe Buben beobachtete sie eines Tages, wie sie an einem solchen Strauch zauberte. Sie schnippte mit den Fingern, schüttelte das Gewächs und schon zogen am Himmel über dem Grünten schwarze Wolken auf. Ein Sturm brach los, es donnerte und blitzte. Mit einem Ast zeigte die Elderhex auf verschiedene Stellen, an denen dann ein Blitz einschlug und ein Feuer ausbrach. Die Hexe lachte hämisch, während sie diese Tat vollbrachte.
Die Buben bekamen es mit der Angst zu tun, doch sie wollten etwas gegen die alte Frau unternehmen und die Erle entwurzeln. Doch ganz gleich, was sie auch versuchten, um die Pflanze herauszuziehen, es klappte nicht. Die Buben beschlossen, den Strauch in Brand zustecken. Obwohl es kein großes Feuer war, erstreckte sich eine dicke Säule aus Rauch bis in den Himmel hinauf. Danach war die Elderhex nie wieder gesehen. Doch noch heute stehen unterhalb des Grünten unweit von Wagneritz viele Erlen.
Geister hausen unter der Buschelkapelle bei Ottobeuren
Nördlich von Ottobeuren befindet sich der Buschelberg mit der Kapelle St. Michael auf dem Gipfel. Bis heute gibt es Gerüchte über ein Tunnelsystem, dass sich unterhalb des Berges von der Kapelle bis zur Basilika mitten in der Ortschaft erstreckt. Einer Sage zufolge leben dort die sogenannten Muetes-Geister. Sie sollen die einstigen Herrscher des Schlosses gewesen sein, das einmal auf dem Buschelberg stand. Nach ihrem Tod sind sie als Geister innerhalb des Berges zurückgeblieben. Der Legende nach sind sie böse, geizig und hinterhältig.
Durch ein Loch im Berg, genannt "Teufelsloch" schleichen sich die Muetes immer wieder nach Ottobeuren. Sie treten in Gestalt schöner junger Männer und Frauen auf, um so die Menschen zu verführen und mit sich zu nehmen. Besonders Betrunkene sind ein leichtes Ziel für sie. Sobald diese sich auf einen Drink einladen lassen, sind sie im Bann der Muetes gefangen und dazu verdammt, mit ihnen unter der Kapelle auf dem Buschelberg gefangen zu sein. Vor dem Teufelsloch, das noch heute zu sehen ist, sollten sich Neugierige und Spaziergänger besser in acht nehmen. (Lesen Sie auch: Unheilbringende Wesen in einer unterirdischen Stadt - eine alte Geschichte über den Auerberg)
Ein tyrannischer Heide beherrschte einst die Alttrauchburg bei Weitnau
Einer Legende nach hatte die Alttrauchburg in Weitnau vor langer Zeit einen grausamen Herrscher, der seine Untertanen mit großer Härte behandelte. Missionsversuche der Christen erstickte er im Keim, Missionare ließ der Heide hinrichten. Zwei Benediktinermönche starteten den Versuch, den Tyrann zu überlisten. Sie verkleideten sich als Küfer - Hersteller von Weinfässern - und behaupteten, den Weinkeller der Alttrauchburg renovieren zu wollen. Stattdessen segneten sie den Wein, der dort gelagert war, um dem Herrscher seine Boshaftigkeit auszutreiben. Doch dieser erkannte die List, da er die Kreuze bemerkte, die die Benediktiner um den Hals trugen. Von seinem Jähzorn überwältigt erwürgte der Tyrann die Mönche.
Aufgrund seiner Tat wurde der grausame Herrscher von einem Blutgericht angeklagt. Seine Verhandlung fand um Mitternacht auf dem Sonneck statt. Der oberster Richter verurteilte den Heiden zum Tode. Pünktlich zum Glockenläuten wurde er vom Scharfrichter enthauptet. Seinen Kopf fanden Bauern aus der Umgebung am nächsten Tag am Fuße des Hügels. Sie spießten ihn auf und trugen ihn - froh, dass die grausame Herrschaft vorüber war - durch das Allgäu.
Beim Dengelstein im Kemptener Wald verfluchte ein Mann vor langer Zeit seine Frau
Der Dengelstein im Kemptener Wald ist der größte Nagelfluhfelsen in der Umgebung. Eine ungewöhnliche Sage rankt sich um das Gestein, die eine Erklärung für seinen Namen liefert. Ein Ehepaar soll einst in der Nähe gelebt haben und dort regelmäßig eine Wiese nahe des Kemptener Walds gemäht haben. Die Frau beschimpfte und schlug ihren Mann, wenn er seine Sense nicht oft genug schärfte, sodass die täglichen Arbeiten für ihn zu einer Tortur wurden.
Eines Tages dengelte - also schärfte - der Mann die Sense an dem großen Nagelfluhfelsen im Wald. Währenddessen flüsterte er seinen großen Wunsch vor sich hin: Seine Frau - der alte Drache - solle bis zu ihrem Tod an den Dengelstein gebunden sein und ununterbrochen die Sense schärfen.
Die geflüsterten Worte wurden wahr. Die boshafte Frau verwandelte sich in einen abscheulichen Drachen mit Sense und Hammer. Wie verwachsen mit dem großen Findling stand sie bis an ihr Lebensende dort und dengelte die Sense, die niemals scharf wurde. Bis heute sind dumpfe Schläge aus diesem Teil des Kemptener Walds zu hören, der die Menschen in Angst und Schrecken versetzt.
Quelle: Franziskus Reitemann - Die dunkelsten Allgäuer Sagenorte
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