Wohnzimmer statt Großraumbüro, mittags selbst kochen statt Kantinen-Essen: Die Pandemie hat viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ins Homeoffice gezwungen. Für die einen brachte das Vorteile wie weniger Fahrten und mehr Zeit mit der Familie. Für die anderen bedeutete es Platzmangel in den eigenen vier Wänden oder sogar Vereinsamung. Nun ist die Pflicht zum Homeoffice gefallen. Wenn der Arbeitgeber es will, müssen Allgäuerinnen und Allgäuer also zurück in ihr Büro kommen. Doch in vielen Fällen ist das zumindest derzeit noch nicht der Fall.
Allgäuer Unternehmen setzen weiter auf kostenlose Schnelltests für Mitarbeiter
Zwar ist bei Hochland im Westallgäuer Heimenkirch die bisher verpflichtende 3G-Regel am Arbeitsplatz weggefallen, andere Schutzmaßnahmen werden aber beibehalten, sagt Abteilungsleiter Oliver Maier. Auch das Homeoffice wird es weiterhin geben: „Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen, wenn möglich, nach wie vor mobil, also von zu Hause aus arbeiten.“ Diese Regelung betrifft derzeit etwa ein Drittel der knapp 2300 Hochland-Mitarbeiter in Deutschland. Anfang April wolle man die Pandemielage dann neu bewerten.
Der Gesundheitsschutz hat Vorrang vor der Rückkehr ins Büro – das gilt auch für den Autozulieferer Swoboda in Wiggensbach (Kreis Oberallgäu). „Daher werden wir bis auf Weiteres – wo möglich und sinnvoll – am mobilen Arbeiten festhalten“, sagt der Technische Geschäftsführer Christian Keßler. Beim Traktoren-Hersteller Fendt in Marktoberdorf habe man bereits vor dem Ende der Homeoffice-Pflicht beschlossen, die bisherigen Maßnahmen bis Anfang April fortzuführen, sagt eine Sprecherin. Neben täglichen kostenlosen Tests zähle hierzu auch das mobile Arbeiten. Der Grund für dieses Vorgehen seien die hohen Inzidenzwerte im Ostallgäu. Im Bosch-Werk in Blaichach (Kreis Oberallgäu) können Beschäftigte ebenfalls weiterhin mobil arbeiten – „unabhängig vom Auslaufen der Homeofficepflicht seitens des Gesetzgebers“, berichtet eine Sprecherin.
Neue Regelungen finden: Mitarbeiter im Allgäu wünschen sich Mix aus Büroalltag und Arbeiten zu Hause
Der Büroalltag fehlt Angestellten jedoch durchaus. „Ich habe mich schnell ans Homeoffice gewöhnt, aber komplett von zuhause zu arbeiten fand ich weniger gut“, sagt eine 27-jährige Kemptenerin, die bei einem Pharma-Unternehmen aus Baden-Württemberg beschäftigt ist. Durch den langen Arbeitsweg verliere sie zwar Zeit. „Aber man muss niemanden anrufen, wenn man etwas braucht, sondern kann einfach zum Nebentisch gehen und fragen, das ist deutlich einfacher.“
Ihre Wohnung in Baden-Württemberg hat die 27-jährige Frau mittlerweile aufgegeben. „Es hat sich einfach herauskristallisiert, dass wir langfristig im Homeoffice bleiben können, da lag dieser Schritt nahe.“ Sie möchte in Zukunft drei Tage zuhause und zwei Tage im Büro arbeiten.
Solche Modelle könnten künftig populär werden, sagt Ludwin Debong, Allgäuer Kreisvorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes: „Ich gehe davon aus, dass viele einen oder zwei Tage pro Woche von zuhause arbeiten wollen.“ Alles darüber hinaus halte er jedoch für schwierig: „Der Mensch ist ein soziales Wesen und braucht den Kontakt. Persönliche Gespräche sind durch nichts zu ersetzen. Aber ich glaube auch nicht, dass es wie vor Corona wird.“
So will man auch bei der Westallgäuer Firma Hochland nicht zu einer „reinen Präsenzkultur“ zurück, sagt Personalleiter Maier. Künftig wolle man das beste beider Welten vereinen – auch, um für Bewerber interessant zu sein. Mittelfristig, sagt Maier, kämen Unternehmen am mobilen Arbeiten nicht vorbei, „wenn man als Arbeitgeber attraktiv sein möchte“.