Spannende junge Kunst: Luca Nenning: „Buryafriend“. Zu sehen im Gesundheitszentrum Immenstadt.
Bild: Klaus Schmidt
Spannende junge Kunst: Luca Nenning: „Buryafriend“. Zu sehen im Gesundheitszentrum Immenstadt.
Bild: Klaus Schmidt
Der Wind bläht die Segel. Nicht alle sind aufgespannt. Dennoch nimmt das Schiff mächtig Fahrt auf über der bewegten See. Wohin führt sein Weg? Diese Frage stellt sich gleich mehrfach in der jüngsten Ausstellung im Gesundheitszentrum Immenstadt. Denn diese präsentiert unter dem Motto „Dringend gesucht“: „Junge Kunst“. Kurator Gunther le Maire hat für diese Ausstellung zweifellos interessante Talente gefunden.
Eines von ihnen ist Laura Hagemann aus Waltenhofen, 1993 in Mindelheim geboren, die hauptberuflich als Ergotherapeutin arbeitet. Die Vorliebe zum Malen sei ihr allerdings schon in die Wiege gelegt worden, berichtet sie. Und diese Vorliebe scheint sie auf außergewöhnliche Weise kultiviert zu haben. Akribisch genau hält sie ihre Motive fest. Sie scheinen der Natur entsprungen und zeigen diese doch in einer künstlerisch überhöhten Form.
Dafür sorgt zum einen das oftmals gewählte Format: das Tondo, das Rundbild, das vor allem in der Antike und im Historismus gepflegt wurde. Auf ihm türmen sich Meereswogen auf oder offenbaren Eisberge ihre unheimliche Statur. Zum anderen sorgt für die Überhöhung eine vorwiegend stilisierte Darstellungsform. Diese macht nicht nur aus Wellen und Eisbergen genau konstruierte ästhetische Gebilde, sie zeigt auch einen „Foggy Forest“, einen von Nebelschwaden durchwaberten Wald, in dem sich überschlanke, grazile Fichten mit feinst gezeichnetem Astwerk aus dem wolkigen Grau lösen.
Eine Grüntenperspektive leitet schließlich über zu den Gemälden von Alexander Kling aus Kornau bei Oberstdorf. Der mittlerweile 16-jährige Gymnasiast präsentiert eine Vielzahl zumeist kleinformatiger Landschaftsbilder, die durch ihre feinen Details und ihre eindrucksvolle Lichtregie bestechen. Da spiegelt sich bemerkenswert die Hochgundspitze im See, da entwickelt sich stimmungsvoll eine Abendstimmung im Hochgebirge, da verblassen Menschen zu Marginalien vor der Großartigkeit der Bergkulisse. Aber Alexander Kling zeigt auch noch ganz andere Talente: In großformatigen comicähnlichen Darstellungen beweist er künstlerischen Witz, wenn er etwa zwei eng umschlungene, ängstlich wirkende Fische als „Beasts“ bezeichnet, den einem mit einem burschikosen Käppi, den anderen mit einem zarten Heiligenschein versieht.
Den Blick auf ungewöhnliche Sichtweisen lenkt Luca Nennig aus Oberstdorf. Der 24-Jährige hat Kunstpädagogik in Augsburg studiert und arbeitet dort auch als „Hilfskraft“ am Lehrstuhl. In einer modernen poppigen Bildersprache portraitiert er junge Menschen: Menschen, die sich lässig in Szene setzen, die im Nachtleben abgestürzt sind, die ausgepowert sind. Es sind Bilder der Gegenwart, die jeder zu kennen glaubt, und die doch durch die Radikalität ihrer ungewöhnlichen Perspektive überraschen, die manchmal fast das Format des Bildes sprengt. Es sind Bilder, die von jungen Menschen und ihrem Lebensgefühl erzählen, von ihrer Lebensfreude und ihrem Lebenszweifel.
Aus der Kunstschmiede der Realschule Maria Stern kommt Leonie Seltmann aus Immenstadt. Sie wird in wenigen Tagen 19 Jahre alt. Beeindruckend ist zum Beispiel ihr Bild „Rivalen“, das zwei junge Kontrahenten im Stile japanischer Mangas Kopf über Kopf präsentiert.
Die Ausstellung ergänzt Kurator Gunther le Maire mit Bleistift- und Faserstift-Zeichnungen sowie Monotypien, die sich in der Einfachheit ihrer Technik bewusst zurücknehmen und dennoch große Ausdruckskraft erzielen. Die Motive reichen dabei von unspektakulären Momentaufnahmen wie einem Trog bis zu eindrucksvollen Landschafts- und Städtepanoramen aus Europa.
Die spannende Frage bleibt: Wohin führt der Weg der Talente?
Ausstellungsdauer: bis 30. Juni, täglich von 8 bis 20 Uhr.
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