Kunst aus Immenstadt

Immenstädter Künstlerin zeigt den sterbenden Gletscher in den Allgäuer Alpen

Ein Fleckchen Eis im felsigen Untergrund. Das ist der Schwarzmilzferner, der unterhalb der Mädelegabel auf 2450 Metern Höhe liegt. Er ist der letzte Gletscher in den Allgäuer Alpen.

Ein Fleckchen Eis im felsigen Untergrund. Das ist der Schwarzmilzferner, der unterhalb der Mädelegabel auf 2450 Metern Höhe liegt. Er ist der letzte Gletscher in den Allgäuer Alpen.

Bild: Waltraud Funk

Ein Fleckchen Eis im felsigen Untergrund. Das ist der Schwarzmilzferner, der unterhalb der Mädelegabel auf 2450 Metern Höhe liegt. Er ist der letzte Gletscher in den Allgäuer Alpen.

Bild: Waltraud Funk

Die Immenstädter Künstlerin Waltraud Funk ist Preisträgerin des Projekts „Intelligente Landschaften“. Ihr Video zeigt das Schmelzen des Schwarzmilzferners.
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Von Silvia Reich-Recla
18.09.2022 | Stand: 17:00 Uhr

Waltraud Funk ist eine von drei Preisträgerinnen und -trägern des Projekts „Intelligente Landschaften – Künstlerisch-digitale Spurensicherung im Kulturraum Allgäu“. Am Samstag, 24. September, bei der Kunstnacht in Kempten (19 bis 24 Uhr), stellen die drei ihre Arbeiten im Parkhaus Kronenstraße in Kempten aus. Im Video von Waltraud Funk geht es um die Klimakrise am Beispiel des Schwarzmilzferners.

Frau Funk, warum haben Sie den letzten Gletscher in den Allgäuer Alpen für Ihr Projekt ausgewählt?

Waltraud Funk: In meiner Familie werden Berge, Natur und Kreatur großgeschrieben und da ich auf dem Mittagberg in Immenstadt geboren bin, könnte es sein, dass mir die Liebe – wie auch die Sorge– zu diesem einzigartigen Naturdenkmal Schwarzmilzferner schon mit der Muttermilch eingegeben wurde. Ich habe, als ich in der Berufsausbildung war, immer in den Ferien auf den Hütten im Stillachtal gearbeitet, auch auf dem Waltenberger Haus, das ja in unmittelbarer Nähe zum Schwarzmilzferner liegt. Als ich früher über den Schwarzmilzferner gewandert bin, habe ich nie im Traum daran gedacht, dass er eines Tages verschwinden, dass es einen Klimawandel geben könnte. Alles schien so selbstverständlich und unumstößlich sicher. Es macht mich sehr betroffen, dass der Klimawandel menschengemacht ist.

Sie sind Bildhauerin. Digital zu arbeiten ist ja eine ganz andere Herangehensweise. Wie haben Sie sich der Arbeit angenähert?

Funk: Als Künstlerin, ausgebildete Bildhauerin, arbeite ich medienübergreifend. Es ist die Sache selbst, die mich magisch anzieht. Welches Medium ich für den künstlerischen Output wähle, hängt wahrscheinlich mit meinen Fragestellungen zusammen. Ich habe immer schon auch mit dem Foto oder einer Filmkamera experimentiert, daher ist mir das digitale Medium vertraut. Vor zwei Jahren machte ich in der Kemptener St. Mangkirche eine große Videoinstallation mit neun Beamerprojektionen im Kirchenraum.

Wie bringen Sie den sterbenden Gletscher in laufende Bilder – was erwartet den Betrachter?

Funk: Sterbender Gletscher, ja. Genau dieses Gefühl hatte ich, als ich im August an seinen schmelzenden Rändern stand. Mir war dabei sehr elend zumute. Das Schmelzwasser war so laut, keine Sonne schien mehr, die Luft war getränkt mit Wassergeräuschen – ein großes Wegfließen. Wir Erdbewohner, die wir uns doch wie Gäste verhalten sollten, sabotieren die sensiblen für uns unsichtbaren Naturzusammenhänge. Mir fehlt Respekt vor der Schöpfung.

Ist es ein stiller Film oder wird er von Musik oder Tönen begleitet?

Funk: Es wird wohl eine Mischung aus Originalton mit Soundkomposition werden. Es sind kurze Clips, die wie beim Kartenspiel Mau Mau aufeinander gelegt erscheinen. Ich habe mich vielseitig assoziativ angenähert, eine subjektive Methode gewählt, habe mich unter anderem mit Mikroskopie und Trockeneis-Versuchen befasst. Es ist ein emotionaler Weg, der sichtbar machen, der berühren soll und dessen Lösung im Dunkeln liegt.

Was möchten Sie mit Ihrer Arbeit ausdrücken und wie wird sie bei der Kunstnacht präsentiert?

Funk: Den Besucher erwartet eine künstlerische, sensible, visuelle Überraschung im Parkhaus in der Kronenstraße. Es ist ein cooler Ort, eine Art Antiwohlfühlraum. Spannend ist, dass es genau dieser Ort ist, wo für unser Statussymbol, unser liebstes Kind, Mitverursacher des Klimawandels, ein mehrstöckiges Haus gebaut wurde.

Wie viele Stunden haben Sie in diese Digitalarbeit gesteckt und was passiert nach der Präsentation bei der Kunstnacht damit?

Funk: Ich bin immer noch kurz vor Ende und das schon eine ganze Weile lang… es stecken ungezählte Stunden drin in diesem Film, der eine Länge von acht Minuten haben wird. Es hieß – so Martin Fink, Kulturamtsleiter in Kempten – dass wir nächstes Jahr in der Kunsthalle Kempten unsere Beiträge in einer Ausstellung präsentieren werden.

Zur Person: Waltraud Funk (Jahrgang 1957) ist gelernte Holzbildhauerin, absolvierte zudem ein Holzbildhauerstudium in Kassel. Sie lebt und arbeitet in Immenstadt, hat viele Auszeichnungen erhalten, unter anderem 1990 den Kunstpreis der Stadt Kempten und 2015 den Kunstpreis des Landkreises Oberallgäu. (sir)

Interview: Silvia Reich-Recla

Die Bildhauerin Waltraud Funk.

Das Projekt "Intelligente Landschaften - Künstlerisch-digitale Spurensicherung im Kulturraum Allgäu".

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