Wenn am Bahnhof Blaichach ein Zug auf dem falschen Gleis ankommt, müssen Reisende einen weiten Umweg über den Bahnübergang laufen.
Bild: Stefanie Siegert
Wenn am Bahnhof Blaichach ein Zug auf dem falschen Gleis ankommt, müssen Reisende einen weiten Umweg über den Bahnübergang laufen.
Bild: Stefanie Siegert
Bahnreisende kennen es zur Genüge: Wer mit dem Zug reisen will, hat schnell was zu erzählen: etwa von Problemen mit der Pünktlichkeit, zu wenig Sitzplätzen oder anderen Pannen. Vielleicht gibt es sogar gute Nachrichten, weil eine Zugfahrt reibungslos geklappt hat. Auch überraschende Gleiswechsel können bei Passagierinnen und Passagieren schnell den Puls hochschnellen lassen. Gemeint ist damit, wenn ein Zug kurzfristig nicht an dem laut Fahrplan vorgesehenen Bahnsteig hält, sondern an einem anderen. Dann kann es knapp werden, manchmal – wie unlängst in Blaichach – auch gefährlich.
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Dort liefen Menschen aus Angst, ihren Zug zu verpassen, verbotenerweise über die Gleise. Und das, obwohl wenige Sekunden später ein Zug in Gegenrichtung einfuhr. Zum Glück kam bei der gefährlichen Abkürzung niemand zu Schaden. Damit konfrontiert, wählt eine Bahnsprecherin in München klare Worte: Grundsätzlich dürften die Gleise keinesfalls betreten werden, sagt sie. „Es droht Lebensgefahr.“ Es dauere bis zu 1000 Meter, bis ein Zug nach einer Vollbremsung steht. Zudem seien mehr und mehr moderne Züge unterwegs, die wesentlich leiser als ihre Vorgängermodelle fahren und erst spät zu hören sind.
Die Frage, warum die Züge die Gleise getauscht haben und wie oft so etwas vorkommt, wird dagegen trotz vier Tagen Bearbeitungszeit nur ausweichend beantwortet: „Für den Zugbetrieb sind Gleiswechsel leider nie ganz zu vermeiden. Diese Flexibilität braucht das Eisenbahnsystem. Dafür bitten wir um Verständnis.“
Warum solche Aktionen der Bahn in Blaichach problematisch sind? Der Bahnhof hat zwei Gleise; fast alle Züge halten an Gleis 1. Eine der wenigen Ausnahmen gibt es samstags und sonntags: Da treffen die Verbindungen nach Sonthofen/Oberstdorf (8.55 Uhr) und Immenstadt (8.56 Uhr) fahrplanmäßig im Abstand von einer Minute ein. Einer auf Gleis 1, der in Gegenrichtung auf Gleis 2. Als vor Kurzem beide Züge kurzfristig die Gleise tauschten, gab es von der Bahn nur etwa ein, zwei Minuten vor Eintreffen der Züge entsprechende Durchsagen an den Bahnsteigen. (Lesen Sie auch: Fahrer übersieht rote Ampel an Bahnübergang in Sonthofen - Schranke senkt sich auf Auto ab)
Doch in Blaichach gibt es keine direkte, sichere Unterführung. Um vom einen Bahnsteig zum anderen zu kommen, müssen Reisende einen größeren Bogen über einen Bahnübergang mit Schranke schlagen. Nach den zwei Durchsagen liefen denn auch sofort viele Fahrgäste über den Bahnübergang jeweils vom einen Gleis zum anderen. Doch manche hatten die Durchsage wohl akustisch oder sprachlich nicht verstanden. Sie rannten erst verspätet los und dann teilweise direkt über die Gleise. Einzelne blieben in den Wartebereichen sitzen, bis es zu spät war – und sie verpassten ihren Zug. (Lesen Sie auch: Linienbus von Bahnschranke beschädigt - Zeugen in Immenstadt gesucht)
„Sollten sich nicht alle Fahrgäste rechtzeitig und ausreichend informiert gefühlt oder ihren Zug verpasst haben, bedauern wir die entstandenen Unannehmlichkeiten“, sagt dazu die Bahnsprecherin. Und sie betont, dass in Blaichach ein Zaun zwischen den Gleisen errichtet wurde, um solche gefährlichen „Abkürzungen“ über die Gleise zu verhindern. Was die Bahnsprecherin offenbar nicht weiß: Der Zaun reicht bei Weitem nicht bis zum Bahnübergang, lässt also genug Raum für riskante Querungen.
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