Nach seinen Anfangsjahren beim TSV Blaichach erlebte Michael Falger „die stärkste Phase“ seiner Karriere an der Seite seines Bruders Christian beim FC Kempten. Nach fünf Jahren beim 1. FC Sonthofen (im Bild) beendete der 37-Jährige nach sechs Saisons beim TSV Fischen seine Karriere.
Bild: Michael Oswald
Nach seinen Anfangsjahren beim TSV Blaichach erlebte Michael Falger „die stärkste Phase“ seiner Karriere an der Seite seines Bruders Christian beim FC Kempten. Nach fünf Jahren beim 1. FC Sonthofen (im Bild) beendete der 37-Jährige nach sechs Saisons beim TSV Fischen seine Karriere.
Bild: Michael Oswald
Er ist vielerorts zuhause. Michael Falger ist ein Blaichacher, müsste sein Heimatverein, der TSV, behaupten. „Seine beste Zeit hat er in Kempten gehabt“, klingt es aus dem Illerstadion. In Sonthofen verbindet man „den Falger irgendwie doch nur mit dem 1. FCS“. Dabei ist man wiederum im Weidachstadion stolz darauf, dass der 37-Jährige seine letzte und längste Senioren-Zeit beim TSV Fischen verbracht hat. Sie alle haben recht. „Michi ist ein Muster an Loyalität. Ein perfekter stiller Anführer“, lobt Ex-Profi Dragan Paljic, der neun Jahre neben Falger in Blaichach aufgelaufen ist. Michael Skarke, die letzten sechs Karriere-Jahre an Falgers Seite in Fischen, ergänzt: „Es ist die echte Identifikation mit Vereinen, die man bei ihm immer spürt. Michi wollte jeden Haufen zusammenhalten.“
Und so wäre die Geschichte von Michael Falger rasch erzählt. Wären da nicht die verpassten Chancen, ins Profi-Geschäft einzusteigen – an Zeitpunkten, an denen der überaus talentierte 1,88-Meter-Defensivmann mehr als nur einen Fuß in der Tür hatte. Aber da sind eben auch die vielen Erlebnisse, wegen derer der gebürtige Sonthofer in fast zwei Jahrzehnten bei den Clubs der Region Spuren hinterließ – und wegen derer sich Weggefährten noch heute in Lobeshymnen verlieren. „Für mich stand das Vereinsleben in einer sportlichen Familie immer ganz oben“, sagt Falger. „Ich habe noch heute tolle Beziehungen zu allen Vereinen. Aber: Ich bin happy mit meiner Familie, meinem Beruf und mit all meinen Entscheidungen.“
Lange Zeit beschritt Falger „die klassische Linie“ des Fußballers. Mit fünf Jahren kickte er unweit des Familienhauses im Krummen als Bambini beim heimischen TSV Blaichach, wo Vater Heinrich die Fäden in der Hand hielt. Der zwei Jahre ältere Bruder Christian spielte bereits, der zwei Jahre jüngere Daniel kam hinzu. Michael Falger durchlief alle Jugendteams – ab der D-Jugend immer an seiner Seite: Dragan Paljic. Für die nächsten neun Jahre gab es die beiden Zugpferde nur im Paket. „Wir waren Leistungsträger, haben uns auf dem Platz förmlich gespürt“, sagt Paljic. „Die Familie Falger ist eine besondere Gemeinschaft. Ich bin ihnen immer verbunden.“
Die beiden Vorzeige-Kicker machten nach und nach Profi-Clubs auf sich aufmerksam. Das Schlüsselerlebnis war ein internationales Turnier 1999 in Lindenberg. „Wir kleinen Blaichacher haben das für seine starke Ausbildung bekannte Ajax Amsterdam im Halbfinale 5:2 geschlagen“, erinnert sich Falger. „Dragan hat drei Tore geschossen, ich zwei. Danach wurden wir mit Anfragen überhäuft.“ Bereits in der C-Jugend hatte der FC Bayern angeklopft, später der VfB Stuttgart – doch Falger und Paljic zog es zu den Löwen. Mit 1860 München liefen die Freunde in der U 19-Bundesliga auf, ehe sich die Wege für immer trennen sollten.
Paljic machte über Hoffenheim, Kaiserslautern und als polnischer Meister mit Wisla Krakau Karriere. Falger zog es in die Heimat. „Ich habe damals keinen Amateurvertrag bekommen. Die Entscheidung wurde so spät mitgeteilt, dass ich keine Möglichkeit hatte, bei einem anderen Verein unterzukommen“, sagt der Fischinger. Es gab Gelegenheiten beim österreichischen Bundesligisten Casino Bregenz, beim VfL Bochum, Greuther Fürth – aus differenten Gründen hat es nie sollen sein.
„Ich habe am Profigeschäft gekratzt, und gespürt, dass das nicht meine Welt wäre. Dass mich das nicht erfüllen würde“, gesteht Falger. Oder wie es Weggefährte Michael Skarke formuliert: „Dazu war er nicht Drecksack genug. Ehrlich gesagt, ist er auch viel zu gut dafür.“ Und so entschloss sich Falger für die innere Überzeugung, aus heutiger Sicht für den Plan A.
Nach dem Zivildienst folgten vier Jahre beim FC Kempten, ab dem Herbst 2003 das BWL-Studium in München. Was die fußballerischen Stationen betraf, blieb er seinen Prinzipien treu: Nach vier Jahren beim FCK wechselte er nach dem Aufstieg in die Bayernliga 2007 in die Kreisstadt. Wiederum nach fünf Jahren und dem Aufstieg mit Sonthofen in die Bayernliga 2012 verabschiedete sich Falger erneut. „In beiden Fällen wäre der Aufstieg mit mehr Aufwand verbunden gewesen. Ich habe meinen Steuerberater gemacht, bin später als Partner in die Kanzlei eingestiegen“, erzählt Falger.
In seinen fast sechs Saisons in Fischen erlebte der Defensiv-Allrounder erneut drei Aufstiege, ehe er die Fußballschuhe 2019 endgültig an den Nagel hängte. „Für mich war es immer das Wichtigste, als Team ein Ziel erreicht zu haben. Das habe ich von zuhause mitbekommen: Wir haben gelernt, wie wichtig es ist, zusammenzuarbeiten.“
Dass er über zwei Jahrzehnte in jeder Mannschaft zu den Leistungsstützen und zugleich zu den beliebtesten Kollegen zählte, folgt für seinen Kumpel Paljic einem Schema. „Er hatte immer eine professionelle Einstellung, hat nie etwas dem Zufall überlassen, war aber trotzdem immer für alle da“, lobt der 37-Jährige. Allein den hartnäckigen Stempel des nicht ganz so robusten „Langen“ hat Falger nie abschütteln können. Exakt eine Rote Karte hat der Fischinger in seinen 387 Karriere-Spielen erhalten.
In Kempten soll Trainer Uwe Wegmann Falger sogar einmal Gelb „gewünscht“ haben, während er andere Spieler einbremsen musste. „Da irren sich die meisten“, sagt Paljic. „Es stimmt nicht, dass Michi nie gefoult hat, weil er zu weich war. Michi war gedanklich immer allen anderen viele Schritte voraus. Er hat einfach keine Fouls gebraucht.“
So oder so: Der letzte Pfiff ist verhallt. Die Freizeit, die der Job als Steuerberater gewährt, widmet er vollends der Familie. Seit 2007 ist er mit Lisa verheiratet, seit 2002 sind die beiden ein Paar, besuchten unter anderem 2016 die Darts-WM im legendären „Ally Pally“ in London und sind glückliche dreifache Eltern von Emmi (9), Pepe (5) und dem acht Wochen alten Tito. „Ich habe nie den Eindruck, dass er einer Chance nachtrauert“, sagt Lisa Falger. „Er hat es nie bereut, wie er sich entschieden hat und ich glaube, wir sind unseren gemeinsamen Weg richtig gegangen.“
Und auch wenn er heute im Volleyball-Team seiner neunjährigen Emmi als Trainer aushilft, und ihn beide Söhne womöglich eines Tages doch wieder auf die Plätze im Oberallgäu locken werden: „Ich hänge heute nicht mehr am Fußball. Mit dem Abstand weiß ich, das Profi-Geschäft wäre nicht meine Welt gewesen“, sagt Michael Falger. „Zusammen verlieren und weinen, jubeln und feiern habe ich in all meinen Vereinen mit tollen Menschen erlebt.“ Seine Kollegen aus dem Team Falger würden zustimmen.