Die drei Erfolgs-Trainerinnen: Abteilungsleiterin Kerstin Harbich (links), Stephy Völker (Mitte) und Olympiasiegerin Christiane Krause.
Bild: Harbich
Die drei Erfolgs-Trainerinnen: Abteilungsleiterin Kerstin Harbich (links), Stephy Völker (Mitte) und Olympiasiegerin Christiane Krause.
Bild: Harbich
„Der Spaß ist das Wichtigste, den stelle ich sogar über die Leistung“, sagt Kerstin Harbich.
„Bei uns trainieren auch Kinder, die keine Wettkampf-Ambitionen haben, nur aus Spaß an der Bewegung. Gerade sie sind wichtig für die Gemeinschaft. Das tolle Miteinander kommt allen zugute. Das richtige Umfeld ist wichtig. Damit beschreibt Harbich den Grundgedanken der Leichtathletik-Abteilung des TSV Oberstaufen – und ihr Erfolgsrezept.
Während etliche andere Vereine sportartenübergreifend über Nachwuchsprobleme klagen, gab es beim TSVO sogar lange eine Warteliste. Erst als eine Helferin ins Team stieß und man eine weitere Trainingsgruppe eröffnen konnte, wurde man dem Ansturm wieder Herr.
Der Leichtathletik-Boom war in Oberstaufen aber nicht immer so groß. Mit dem Bau der 400-Meter-Bahn formierten sich in der Marktgemeinde in den 1980er Jahren die ersten Leichtathleten – und feierten bald erste Erfolge. 1979 waren die Staufner die zweitbeste Mannschaft bei der deutschen Schülermeisterschaft. Doch Trainermangel und andere Umstände führten zum Erliegen der Aktivitäten.
Anfang der 2000er folgte der Versuch eines Neustarts. Die Abteilung hielt sich aber nicht lange. Den Grundstein zum heutigen Erfolg der Oberstaufner Leichtathleten legte Olympiasiegerin Christiane Krause. Die Staffel-Goldmedaillengewinnerin von München war betrübt, dass auf die Bahn ihres Wohnorts brach lag und rief 2015 deshalb eine Leichtathletik-Abteilung ins Leben.
„Meine Buben waren damals noch klein, ich habe mich als Helferin angeboten“, erinnert sich Harbich. Für die Bergläuferin, die 2002 den Treppenlauf aufs New Yorker Empire State Building gewann, ist Leichtathletik kein Neuland. Sie selbst begann als Grundschülerin mit Leichtathletik und war parallel im Langlauf aktiv, wo sie es bis in den D-Kader schaffte.
„Fasziniert“ davon, wie Kurt König „in so kurzer Zeit den Hochgrat hochrennt“, absolvierte sie mit 15 Jahren ihren ersten „ganz schön knackigen“ Hochgratlauf. Während ihrer Ausbildung musste die Intensiv- und Anästhesie-Krankenschwester aus Zeitgründen sportlich kürzertreten. Als sie in Garmisch lebte, begann Harbich dann aber an Bergläufen teilzunehmen, später wurden die Wettkämpfe mehr.
Bald nach dem Sprung in den Bayernkader schaffte es die 49-Jährige sogar ins Nationalteam. 1999 startete sie erstmals bei der Euro-Trophy, vier Jahre später wurde sie bei der deutschen Meisterschaft Dritte. Diese Platzierung bleibt ihr ebenso als Highlight in Erinnerung wie ein vierter Platz am Hochgrat und ihr Sieg im Empire-State-Building-Lauf. Dem Langlaufen blieb sie weiterhin treu, allerdings ohne Wettkämpfe.
„Ich habe es nach meiner Ausbildung noch mal mit meinen alten Skiern probiert, aber die Materialschlacht ist zu wild“, sagt Harbich. „Zum Laufen brauche ich dagegen nur ein paar Turnschuhe.“ Nach ihrer Rückkehr ins Allgäu durchlief sie allerdings im Langlaufen alle Trainerausbildungen bis hin zum Leistungssport und machte sich anschließend mit ihrer eigenen Langlaufschule selbstständig. Hier geht es ihr aber in erster Linie darum, Einsteigern in klassischer und in Skating-Technik den Spaß zu vermitteln und nicht um den Leistungsgedanken.
„Mit meinem Einstieg in die Leichtathletik-Abteilung schließt sich der Kreis“, sagt Harbich. Und schnell wurde aus der Helferin die „Frau für alles“, ergänzt sie lachend. Nachdem Christiane Krause aus gesundheitlichen Gründen kürzertreten musste, übernahm Kerstin Harbich 2016 die Abteilung. Seitdem leitet sie Trainingseinheiten, organisiert Wettkämpfe, schreibt Berichte und macht als Abteilungsleiterin alle Tätigkeiten im Hintergrund. „Chris kommt jetzt aber wieder und unterstützt uns im Training. Sie verfügt über ein ganz anderes Fachwissen und wir können viel von ihr lernen“, erzählt Harbich über die Rückkehr der Olympiasiegerin.
Dank der Unterstützung von Stephy Völker und „drei Mädels, die einspringen“, kann sie allen Interessentenein Training anbieten. Die anfängliche Zahl von 15 Kindern und Jugendlichen hat sich mittlerweile verdoppelt. So zählt die Leichtathletik-Abteilung über 30 Nachwuchssportler und es kommen immer wieder Neue hinzu. Erst kürzlich sind drei Siebenjährige dazugestoßen. Obwohl Harbich mit ihrer Abteilung bei verkaufsoffenen Sonntagen, Marktfesten und sonstigen Veranstaltungen aktiv ist, hält sie die Mund-Propaganda für das beste Werbemittel.
„Wenn die Kinder von unserem Training begeistert sind und es ihren Freunden erzählen, kommen am ehesten neue Kinder“, weiß Harbich. Zu der Begeisterung tragen auch die Aktivitäten bei, die die Abteilung ihren Schützlingen bietet. „Wir sind viel in der Natur, gehen joggen, in der Gruppe schwimmen, machen Lauftraining am Hochgrat und waren einmal zum Sonnenuntergang am Dreiländereck“, erzählt die Staufnerin.
Ihre Abteilung stellt auch die Pokale für die Klassensieger des Hochgratlaufs her. Dabei sind Berge aus Ton, Bretter mit Steinmännle und andere Kunstwerke entstanden, die für die Teilnehmer Hingucker und besonderer Reiz zugleich sind. Wieder mal am Hochgratlauf teilzunehmen ist ein persönliches Ziel der Staufner Abteilungsleiterin. Allerdings muss sie dieses noch ein bisschen aufschieben, da sie gerade mit muskulären Problemen kämpft. Ihre Athleten möchte sie dafür gerne einmal zur bayerischen Meisterschaft bringen.