Peter Vogler, Kommandant der Oberstdorfer Feuerwehr, ist verärgert. Tags zuvor war die Feuerwehr zu einer Wohnungsöffnung gerufen worden. Die Feuerwehr war als erste Hilfsorganisation vor Ort – und wusste nicht, an welcher Wohnungstür des Mehrparteienhauses sie klingeln soll. Das habe mit dem Datenschutz zu tun, erklärt Vogler.
Wo genau ein Einsatz stattfindet, erfuhren die Helfer bislang schon bei der Alarmierung. Jetzt nicht mehr. Das bayerische Innenministerium teilte Mitte April mit, dass die genaue Adresse eines Einsatzes oder Namen der Betroffenen nicht mehr genannt werden dürfen. Hintergrund sind Vorfälle in Franken, bei denen Unbekannte Alarmierungen mitverfolgt und ins Internet gestellt haben. Deshalb verweist das Bayerische Innenministerium nun auf den Datenschutz und verbietet den Leitstellen, Adressen und Namen zu nennen. Den Einsatzort erhalten die Feuerwehrleute über das Einsatzfax, das die Leitstelle ins Feuerwehrhaus schickt, erklären die Kommandanten der Wehren in Sonthofen, Immenstadt und Oberstdorf. Im Gerätehaus bekommen die Helfer dann auch digitale Funkgeräte, mit dem sie mit der Leitstelle abhörsicher kommunizieren können.
Sonthofer Feuerwehrkommandant sieht neuer Datenschutz-Richtlinie gelassen entgegen
Natürlich sei es schöner, wenn man sich schon bei der Alarmierung Gedanken zum Einsatzort machen kann, sagt der Sonthofener Kommandant Markus Adler. Aber: „Ich sehe das Problem nicht als so groß an, wie es dargestellt wird“, sagt er. Voraussichtlich innerhalb der nächsten zwölf Monate werde nämlich die Alarmierung von analogen auf – abhörsichere – digitale Empfänger umgestellt. Dann würden die Feuerwehrler bei der Alarmierung wieder alle Daten erfahren.
Auch der Immenstädter Kommandant Guntram Brenner verweist darauf, dass die Feuerwehren in absehbarer Zeit die digitalen Funkmeldeempfänger erhalten. Der Sprechfunk funktioniere schon seit rund drei Jahren digital. An der Arbeit der Wehr habe das nichts geändert. „Ob wir analog funken oder digital, bleibt sich gleich“, sagt er.
Oberstdorfer Feuerwehr verliert Zeit beim Einsatz - wegen Datenschutz
Kreisbrandrat Michael Seger sagt, dass es durch die Änderung keine zeitliche Verzögerung gebe. In Oberstdorf sei das aber geschehen, entgegnet Kommandant Vogler. Dort fragten die Feuerwehrler nach seinen Angaben schließlich bei der Leitstelle nach, wo sie hinmüssen. Vier bis fünf Minuten seien dabei vergangen. Der Einsatz sei gut ausgegangen. Es könne aber nicht sein, dass die Feuerwehrler sich beeilen, zum Einsatzort zu kommen und dann dort im Notfall wertvolle Zeit verlieren, findet der Oberstdorfer Kommandant – zumal die Zahl der Wohnungsöffnungen steige, weil immer mehr Senioren einen Hausnotruf besitzen. „Es ist die Frage, ob das Menschenleben oder der Datenschutz im Vordergrund steht“, sagt Vogler.
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