Nach Zerstörung des Biotops

Vom „Juwel“ zur „Kraterlandschaft“ - So ist die aktuelle Lage im Rappenalptal

Der bayerische Umweltminister Thorsten Glauber (links) macht sich mit Klaus Möller von der Regierung von Schwaben ein Bild der Lage im Rappenalptal. Im Hintergrund ist das ausgebaggerte Bachbett zu sehen.

Der bayerische Umweltminister Thorsten Glauber (links) macht sich mit Klaus Möller von der Regierung von Schwaben ein Bild der Lage im Rappenalptal. Im Hintergrund ist das ausgebaggerte Bachbett zu sehen.

Bild: Sophia Ungerland

Der bayerische Umweltminister Thorsten Glauber (links) macht sich mit Klaus Möller von der Regierung von Schwaben ein Bild der Lage im Rappenalptal. Im Hintergrund ist das ausgebaggerte Bachbett zu sehen.

Bild: Sophia Ungerland

Umweltminister Thorsten Glauber ist zu Besuch im mittlerweile frostigen Rappenalptal. So sieht der Wildbach im Naturschutzgebiet nun aus.
24.11.2022 | Stand: 10:40 Uhr

Das Rappenalptal liegt sehr abgeschieden. Spätestens seit Mittwoch weiß dies auch der bayerische Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler). Nach den nicht genehmigten Bauarbeiten an dem Wildbach bei Oberstdorf machte sich der Minister nun selbst ein Bild von der Lage vor Ort im Oberallgäu.

Der Bach ähnle nun mehr einer „Kraterlandschaft als einem mäandernden Flusslauf“, sagt der Minister später bei einem Pressetermin. Der Rappenalpbach sei ein „Juwel“ und einer der wertvollsten Lebensräume, „die es überhaupt gibt“. Im Frühjahr soll es ein Konzept zur Renaturierung für das Naturschutzgebiet geben.

Mittlerweile liegen im Rappenalptal im südlichsten Zipfel Deutschlands mehrere Zentimeter Schnee. Es herrschen frostige minus neun Grad – das sind rund zehn Grad weniger als in dem 400 Höhenmeter tiefer und 15 Kilometer entfernt gelegenen Oberstdorf. Das Tal erreichen Bürger derzeit nur zu Fuß oder mit dem Fahrrad. Der Alpwegverband Rappenalptal hat die Wintersperre für motorisierte Fahrzeuge verhängt. Etwa zwei Stunden dauert es mit flottem Schritt vom Parkplatz der Fellhornbahn südlich von Oberstdorf bis ins Rappenalptal. Außer dem Plätschern des Wassers und vereinzelten Vögeln sind nur die eigenen Schritte auf dem Schnee und Eis zu hören.

Nach Biotop-Zerstörung: Umweltminister Thorsten Glauber im Rappenalptal

Der Eingang des Tals ist schmal. Der Rappenalpbach plätschert die Felsen hinunter – fast so, als wäre weiter oben gar nichts geschehen. Dann öffnet sich das Tal, der Weg wird ebener und nach einigen hundert Metern ist der Kanal zu sehen, den die Alpgenossenschaft ausgebaggert hat. Auf mehreren Metern Breite pflügt sich das Bachbett jetzt durch die idyllische Landschaft. Am Ufer türmen sich zu beiden Seiten Kies- und Gesteinshaufen. Hier ist das Plätschern des Wassers verstummt. Abschnittsweise ist der Bach im Untergrund versickert, weil die Arbeiter die abdichtende Bachsohle aus feinem Material beschädigt haben.

Mit aufgezogenen Schneeketten gelangt der Autokonvoi aus Minister, Landrätin und Vertretern der Regierung von Schwaben sowie des Wasserwirtschaftsamts an den Ort des Geschehens. Glauber könne sich im Rahmen einer „hoheitlichen Begehung“ der Aufsichtsbehörde über die Wintersperre hinwegsetzen, erklärt ein Sprecher. Fragen beantwortet Glauber vor Ort nicht. Erst später beim Pressetermin auf einem schneefreien Parkplatz nahe Oberstdorf.

Glauber: "Da muss man sich fragen, was die Handelnden dabei gedacht haben"

Das Rappenalptal sei „wirklich ein ganz besonderer Ort Bayerns“, sagt der Minister. Es sei nicht nur ein Hotspot für Touristen, sondern auch für die Artenvielfalt. Dabei verwies er zum Beispiel auf die Gams oder das Birkhuhn. Wer genau für den massiven Eingriff im Naturschutzgebiet verantwortlich ist – das müsse nun „umfänglich geklärt“ werden, sagt Glauber.

Derzeit klärt die Staatsanwaltschaft Kempten, ob eine Straftat vorliegt. Laut Glauber könne zudem ein Bußgeld von bis zu 50.000 Euro fällig werden. Warum die Verantwortlichen das Biotop im Naturschutzgebiet zerstörten, könne er sich nicht erklären, sagt der Minister weiter. „Wenn man die Kraterlandschaft sieht, muss man sich fragen, was sich die Handelnden dabei gedacht haben.“ Ob der vorherige Zustand des Rappenalpbachs wieder hergestellt werden könne, müsse nun mit einem Gutachten bewertet werden. Dabei müsse auch der Hochwasserschutz weiter gewährleistet werden. Ein mäandernder Bach habe „komplett andere Rahmenbedingungen“ als einer, der „in ein Bett hineingezwängt“ werde.

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