Kirchenmusik in Immenstadt

Von Geistern und Göttern: Oberallgäuer spielt berühmte Tondichtungen auf der Orgel

Organist Hannes Ritschel spielt in der Immenstädter Stadtpfarrkirche unter dem Motto „Zauberlehrling“ Werke von Wagner, Saint-Saëns, Dukas und Reger.

Organist Hannes Ritschel spielt in der Immenstädter Stadtpfarrkirche unter dem Motto „Zauberlehrling“ Werke von Wagner, Saint-Saëns, Dukas und Reger.

Bild: Fotos: Christian Bischoff

Organist Hannes Ritschel spielt in der Immenstädter Stadtpfarrkirche unter dem Motto „Zauberlehrling“ Werke von Wagner, Saint-Saëns, Dukas und Reger.

Bild: Fotos: Christian Bischoff

Hannes Ritschel stellt in Immenstadt berühmte Orchesterwerke in Orgelfassungen vor. Sie erzählen Skurriles, das Michael Hanel mit Goethe-Balladen vertieft.
16.05.2023 | Stand: 17:00 Uhr

Kräfte, deren Ursprung man nicht kennt, sollte man nicht zu meistern versuchen. Diese Erkenntnis vermittelt das jüngste Konzert in der Immenstädter Stadtpfarrkirche St. Nikolaus. Dort interpretiert der gebürtige Sonthofer Hannes Ritschel an der Orgel Orchesterstücke, die von der unbeherrschbaren Macht rätselhafter Kräfte erzählen. Rezitator Michael Hanel verstärkt diesen Eindruck noch durch zwei Goethe-Balladen. Dazwischen gibt es auch etwas Entspannung. Doch dazu später.

Wilde Ritte, wilde Riten

Das Konzert hebt martialisch an: Wilde Ritte, wilde Rufe, wilde Riten. Wotans Töchter, die Walküren, führen im Kampf gefallene Helden heim nach Walhall. Der sogenannte Walkürenritt, mit dem Richard Wagner den dritten Akt seiner Oper „Die Walküre“, eine Episode in einem riesigen Weltendrama, eröffnet, verdichtet in einem einzigen Tongemälde die ganze Unbarmherzigkeit des Krieges und seiner Folgen. Deshalb wurde diese Musik auch in Francis Ford Coppolas Antikriegsfilm „Apocalypse Now“, einer Adaption der Erzählung „Das Herz der Finsternis“ von Joseph Conrad, eingesetzt, um die Brutalität eines Gemetzels im Vietnamkrieg besonders erschütternd vor Augen zu führen.

Plastische Ausdeutung

Hannes Ritschel konzentriert sich bei seiner Interpretation ganz auf den musikalischen Gehalt, zeigt, wie sich das rhythmische Hauptthema wie von weiter Ferne allmählich nähert, sich schließlich Bahn bricht und dabei von wilden Jubelrufen der Walküren begleitet wird. Dabei gelingt dem Organisten eine besonders plastische und illustrative Ausdeutung der Musik.

Unheimliche Momente

Ebenfalls von rhythmischer Motivik geprägt sind zwei weitere Orchesterstücke, die Hannes Ritschel in durchaus fantasievollen Bearbeitungen für Orgel vorträgt: „Totentanz“ von Camille Saint-Saëns und „Der Zauberlehrling“ von Paul Dukas. Beide Franzosen wenden sich ihrem Sujet nicht so ernst wie Wagner zu, sondern kleiden es in scherzo-ähnliche Tondichtungen. Dennoch bleibt Raum für unheimliche Momente.

Der Abgrund tut sich auf

Doch der „Totentanz“ von Camille Saint-Saëns mildert den Schrecken, der an das Unausweichliche erinnert, durch skurrile Momente und humoristisch wirkende Passagen. Hier fordern eher muntere und scheinbar durchaus freundliche Geister dazu auf, ihnen zu folgen. Doch freilich tut sich auch hinter diesem scheinbar so einladenden Reigen immer wieder der Abgrund auf und mahnt daran, dass hinter jeder schönen Offerte auch eine unangenehme Absicht stecken kann.

Schweißtreibender Tanz

Zu einem ziemlich schweißtreibenden Tanz wird schließlich für den Zauberlehrling der Versuch, seinem Meister nachzueifern. Er vermag zwar die Magie zu entfesseln, sie aber nicht mehr einzudämmen oder gar zu beenden. Paul Dukas hat diese Geschichte so genial vertont, dass sie zu seiner vielleicht erfolgreichsten Komposition wurde. Hannes Ritschel entlockt ihr in der Orgel-Bearbeitung alle möglichen Facetten. Und man spürt, wie viel Freude ihm das Spiel dieser Komposition bereitet.

Inspirationsquelle Goethe

Michael Hanel rezitiert vorab jene gleichnamige Goethe-Ballade, die Paul Dukas als Inspirationsquelle diente. Der Vortrag aus der Sicht des Zauberlehrlings wirkt so vital und plastisch, dass er spontanen Applaus erhält. Michael Hanel hat zudem auch für die Tondichtung von Camille Saint-Saëns eine geeignete gleichnamige Goethe-Ballade gefunden, die den Geist der Musik vertieft.

Eine meditative Pastorale von Max Reger und eine farben- und charakterreiche Fantasie für Orgel von Camille Saint-Saëns, die vor allem lichte Klänge bieten, ergänzen dieses klug zusammengestellte Programm.

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