„Unseren Betrieb gibt es seit 120 Jahren, da kam es immer mal zu Preisschwankungen. Aber so wie es jetzt ist, habe ich es noch nie erlebt“, sagt Hans-Peter Rauch, Präsident der Handwerkskammer Schwaben – und Metzger in Waltenhofen (Kreis Oberallgäu). Egal ob Tiere, Transporte, Energie und Produktion, Gewürze oder Verpackungen – alles werde teurer. Von den Preissteigerungen betroffen sind aber nicht nur Metzger, sondern beinahe alle Lebensmittelhersteller im Allgäu und am Ende auch die Kunden. Das liegt längst nicht nur am Krieg in der Ukraine.
Inflation bei Allgäuer Lebensmitteln - das sind die Gründe
Die Gründe für die Preisexplosion sind laut Rauch vielfältig. Noch vor einem halben Jahr habe beispielsweise bei einem geschlachteten Schwein das Kilo 1,25 Euro gekostet, mittlerweile seien es 2,05 Euro. Weil den Mästern lange zu wenig für ihre Tiere bezahlt worden sei, hätten viele aufgehört oder sich verkleinert.
Dazu kam, dass während der Pandemie weniger geschlachtet wurde, weil viele Fachkräfte in Quarantäne mussten. „Ein verringertes Angebot führt automatisch zu höheren Preisen“, sagt Rauch. In anderen Bereichen seien die Preissteigerungen weniger nachvollziehbar: „Ich glaube, es geht nicht immer um tatsächliche Lieferengpässe, da ist auch viel Spekulation dabei.“ Er habe die Preise in seiner Metzgerei bereits um etwa zehn Prozent erhöhen müssen, sagt Rauch.
Preise für Lebensmittel steigen - Wetterextreme führen zu schlechten Ernten
Doch nicht nur für Wurst und Fleisch, auch für Eier aus der Region müssen Verbraucher tiefer in die Tasche greifen. Vor allem Futtermittel und Verpackungsmaterial sind für Matthias Kreutzer, der einen Geflügel-Hof in Altusried (Kreis Oberallgäu) betreibt, teurer geworden: Fast verdoppelt habe sich der Preis für das Futter seiner Hühner seit 2020 wegen der schlechten Ernte durch extreme Wetterereignisse. Mit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine sei das Niveau nochmals massiv gestiegen, sagt Kreutzer. Beim Futter reiche der Vorrat noch bis Ende Mai: „Dann müssen wir die Preise vermutlich erhöhen.“
„Ich habe keine Ahnung, wo das noch hinführen soll“, sagt auch Hubert Wipper, Inhaber der gleichnamigen Bäckerei mit drei Filialen in Kempten. Butter, Öl, Energie, alles werde teurer: „Wir haben uns mit Preisanpassungen bislang zurückgehalten, aber jetzt geht es einfach nicht mehr, sonst zahlen wir drauf.“ Nach Ostern werde beispielsweise eine Breze 80 Cent kosten, bisher sind es 75 Cent.

Auf weiter steigende Preise müssen sich Allgäuerinnen und Allgäuer auch beim Käse einstellen. Man habe die Preise zwischen 20 und 30 Prozent erhöht, sagt der Geschäftsführer der Allgäu Milch Käse eG (Allmikäs), Hubert Dennenmoser. „Der Markt ist völlig außer Rand und Band“, warnt er.
„Landwirte kriegen zu wenig Dünger, dadurch gibt es weniger Kraftfutter und die Milchmenge sinkt.“ Die Bauern seien fünf Prozent unter der Menge des Vorjahres. „Mit der jetzigen Preissteigerung ist es nicht getan“, glaubt Dennenmoser. Denn der aktuelle Anstieg hänge vor allem mit der Corona-Krise zusammen: „Die höheren Kosten für Futtermittel, Dünger und Energie durch den Krieg schlagen erst noch durch.“
Die größte Steigerung erwartet er nicht beim Käse – die Milchpreise dürften laut Dennenmoser noch stärker steigen. „Der Liter H-Milch wird für Kunden um ungefähr 30 Cent teurer werden“, sagt er. Bei den Bauern werde der Milchpreis von derzeit 45 Cent auf 50 im Mai/Juni steigen und sich im Juli oder August auf 55 bis 60 Cent erhöhen. „Derzeit kann keiner sagen, wann und wo die Preisspirale endet“, sagt Dennenmoser. Supermärkte aus der Region wollten sich auf Anfrage dazu nicht äußern.
Die Lebensmittel-Lager im Allgäu sind leer
Steigende Energiepreise spielen jedoch nicht für alle Erzeuger eine Rolle. So würden die Gewächshäuser, in denen Tomaten, Salat und Gurken auf dem Gemüsehof in Hergatz (Kreis Lindau) wachsen, nicht beheizt, sagt Max Wetzel. Bei überregionalen Erzeugern ist das anders.
Wegen der schlechten Ernte im vergangenen Jahr sind die Lager des Wetzel-Hofs derzeit leer. Zwiebeln kauft der Landwirt aus Ulm zu, bis sie wieder von den eigenen Feldern kommen. Ebenso hätten der steigende Mindestlohn oder das Wetter einen Einfluss auf die Preise. Wetzel ist auf Saisonkräfte aus dem Ausland angewiesen. Derzeit arbeitet ein Mann aus Rumänien bei ihm: „Aber Menschen aus Osteuropa haben wegen des Krieges Bedenken, die Heimat zu verlassen und ihre Familien allein zu lassen.“
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