Der langjährige Memminger Oberbürgermeister Ivo Holzinger (rechts) feiert 75. Geburtstag. Unser Bild zeigt ihn mit dem neuen Memminger Rathauschef Jan Rothenbacher.
Bild: Ralf Lienert
Der langjährige Memminger Oberbürgermeister Ivo Holzinger (rechts) feiert 75. Geburtstag. Unser Bild zeigt ihn mit dem neuen Memminger Rathauschef Jan Rothenbacher.
Bild: Ralf Lienert
Es ist wie in alten Tagen. Dr. Ivo Holzinger spricht an diesem Vormittag, engagiert wie eh und je, über Autobahnkreuz, Allgäu Airport oder die Bahn. „Das Interesse an Memmingen ist immer noch sehr groß, die Stadt liegt mir am Herzen“, sagt er im Interview. 36 Jahre lang, bis 2016, regierte Holzinger als Oberbürgermeister im Rathaus. Er war damals der dienstälteste OB in Deutschland und hat sechs Wahlen gewonnen. Am Dienstag feiert der Sozialdemokrat seinen 75. Geburtstag: „Ich fühle mich noch fit.“
Wohin mit all dem Wissen über Memmingen, wenn man die Kommunalpolitik nur noch als Zuschauer verfolgt? Er diskutiere gerne mit einstigen Weggefährten, antwortet Holzinger, „aber ich habe bislang der Versuchung widerstanden, mich in öffentliche Diskussionen einzuschalten“. Kürzlich trat der Memminger Ehrenbürger aber wieder mal politisch in Erscheinung: Er warb für Parteifreund Jan Rothenbacher, der CSU-Amtsinhaber Manfred Schilder bei der OB-Wahl geschlagen hat. „So etwas gehört zur Demokratie“, sagt Holzinger über seine Wahlempfehlung. „Zudem hätte es sonst ja so ausgesehen, dass ich als Ex-OB den Kandidaten meiner Partei nicht unterstütze.“
Bei aller Leidenschaft für die Politik: Die Familie, für die er früher so wenig Zeit hatte, steht beim Ruheständler Holzinger heute an oberster Stelle. Der 75-Jährige erzählt von seinen drei Enkeln, zwei Mädchen und ein Bub, zwischen vier und neun Jahren alt. „Ich hole sie von Kindergarten und Schule ab und beschäftige mich auch sonst mit ihnen. Es ist schön, sie aufwachsen zu sehen.“
Den Zeiten, als sich ein Termin an den anderen reihte, trauere er nicht nach: „Ich bin in kein Loch gefallen, als ich nicht mehr Oberbürgermeister war. Ganz im Gegenteil. Ich freue mich, dass ich mein Leben heute einteilen kann, wie ich es will.“
In diesem neuen Leben hat auch die Bahn-Leidenschaft des Ex-Oberbürgermeisters ihren Platz. So freut er sich nicht nur, dass über Memmingen eine elektrifizierte Strecke in Richtung Lindau verläuft, sondern genießt auch Geselligkeit am heimischen Bahnhof. Mit Gleichgesinnten trifft er sich in einem stillgelegten Stellwerk zum Fachsimpeln: „Dort gibt es viele Bahn-Relikte, das ist fast wie ein Museum.“
Den Ausbau Memmingens zu einem Verkehrsknotenpunkt bezeichnet der Jurist als einen der Erfolge in seiner langen Amtszeit. Er nennt auch den Allgäu Airport, der auf einem früheren Bundeswehrgelände entstanden ist. Als das Militär vor etwa 20 Jahren dort abgezogen ist, „hat mir das schlaflose Nächte bereitet“, erzählte der gebürtige Aalener einmal. Heute resümiert Holzinger: „Ich habe damals die negativen Folgen des Bundeswehr-Abzugs überschätzt.“ Memmingen hat während Holzingers Amtszeit auch einen Gewerbe-Boom beim Autobahnkreuz erlebt und gehört zu den wirtschaftsstärksten Kommunen in Schwaben. Doch in so vielen Jahren als Oberbürgermeister gibt es nicht nur Siege zu feiern: „Es hat wehgetan, dass wir keine Fachhochschule bekommen haben.“
Inzwischen gibt es einen zweiten Ivo Holzinger, der in der Politik mitmischt. Der Sohn des langjährigen Rathauschefs ist Sozialdemokrat wie sein Vater und sitzt im Stadtrat. Im Oktober tritt der 42-Jährige bei der Landtagswahl an. Ist sein Vater der Ratgeber im Hintergrund? „Wir reden eher beiläufig über Politik“, antwortet Ivo Holzinger senior. „Jede Generation muss sich die Dinge selber erarbeiten. Und man sollte sehr vorsichtig mit konkreten Ratschlägen sein, wenn man in den Themen nicht mehr tief drin steckt.“
Doch jetzt wird erst einmal Geburtstag gefeiert. Am Dienstag findet eine Feierstunde für geladene Gäste im Rathaus statt, danach trifft sich Holzinger mit Verwandten. Und die Aussichten sind offenbar gut, dass er noch viele solcher Feste feiern kann: Holzingers Vater wurde 101 Jahre alt.