Das Eingeständnis von Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sprach wohl vielen Deutschen aus der Seele. 2018 gab er zu, Anrufe ausländischer Amtskollegen im Auto nicht mehr auf sein Handy durchstellen zu lassen – da ihm die häufig abbrechende Verbindung peinlich sei. Im Mobilfunknetz gibt es auch drei Jahre später noch viele weiße Flecken, auch im Allgäu. Doch nicht nur die sorgen für Kontroversen, auch die Lösung des Problems ist umstritten. Vor allem Anwohner engagieren sich oft stark gegen geplante Mobilfunkmasten, zum Beispiel in Mauerstetten. Doch wie läuft eigentlich die Suche nach geeigneten Standorten ab – und wie beurteilt man die Kontroversen auf der Seite der Betreiber?
Die Netzbetreiber planen, wie man mit möglichst wenig Aufwand viel Fläche abdecken kann und generieren dann Suchkreise für mögliche Standorte, erklärt Christian Sommer, Vorstand bei Vantage Towers, Betreiber von 82.000 Mobilfunkmasten in zehn europäischen Ländern, davon 19.400 in Deutschland. „Wir versuchen dann, dort Partner zu finden, die uns ein Dach oder Grundstück vermieten, verpachten oder verkaufen.“ Man benötigt außerdem Strom und eine Glasfaseranbindung, um die Daten abzuführen.
„Das schränkt die Auswahl in Verbindung mit der Wirtschaftlichkeit natürlich ein, und auch die Topographie spielt eine wichtige Rolle.“ Das sei gerade im Allgäu ein Faktor. In der Region steht das Unternehmen mancherorts aber auch vor Problemen. Unter anderem im Oberallgäu gebe es ein paar Suchkreise, „in denen wir uns sehr schwer tun, zum Beispiel in Sulzberg und Betzigau“. Die Masten, räumt Sommer ein, „sind zugegebenermaßen nicht sehr beliebt“.
Mobilfunknetz: Portugal hängt deutsche Verwaltung ab
Für Frust bei den Betreibern sorgen jedoch nicht die Einwände der Anwohner. In zwei von drei Fällen seien diese gar nicht das Hindernis – sondern die öffentliche Verwaltung. In Deutschland vergingen von der Standortwahl bis zum Einschalten des Mastes im Schnitt 18 Monate, das sei der Spitzenwert in Europa. „In Portugal bekommen wir eine Baugenehmigung in vier Wochen, in Deutschland dauert das ein halbes Jahr“, klagt Sommer.
So schaffe es beispielsweise die griechische Tochtergesellschaft der Vantage Towers, im Umkreis von 300 Metern um die Akropolis Dachstandorte zu finden. „In Deutschland wird uns dagegen gesagt, dass ein Mast im Wald nicht ins Bild passt.“ Natürlich bekomme so ein Mast keinen Architekturpreis, sagt Sommer. „Wir können hier in einigen Fällen aber entgegenkommen und Masten zum Beispiel als Tannen tarnen.“
Insbesondere die Verwaltung vieler Gemeinden sorgt offenbar für Frust bei Sommer. „Selbst wenn alles passt, verlangen die Gemeinden in Deutschland oft komplett unterschiedliche Unterlagen, die für uns sehr aufwendig zu beschaffen oder zu erstellen sind.“ Das ziehe den Bauantragsprozess oft sehr in die Länge. Sommer zufolge führt dieses Verhalten stellenweise zu paradoxen Situationen. „Bei uns beschweren sich teilweise Bürgermeister über das schlechte Netz, während die eigene Verwaltung gegen einen Funkmast arbeitet.“ Damit verhindere sie echte Vorteile für die Bevölkerung.
Bedenken der Anwohner müssen ernstgenommen werden
Man müsse die Sorgen der Einzelpersonen im Umfeld der Masten ernst nehmen, sagt Sommer. „Wir haben in Deutschland aber sehr strenge Schutz-Auflagen und bleiben weit unter den erlaubten Obergrenzen für Funkwellen.“ Es gehe hier aber auch um die Grundversorgung. „Jeder will mobiles Internet oder im Notfall den Rettungsdienst rufen können, aber keiner will Mobilfunkmasten, obwohl sie einen Mehrwert für alle bieten.“
Sommer wünscht sich deshalb einen Paradigmenwechsel im Umgang mit den Masten. Denn die Grundstücksvermieter seien die wichtigsten Partner, noch vor den Mobilfunkunternehmen. „Wir würden uns deshalb freuen, wenn Gemeinden mit Abdeckungsproblemen aktiv auf uns zukommen und wir gemeinsam einen passenden Standort suchen.“ Einen Netzbetreiber, der den Standort nutzen will, treibe man dann schon auf. Sommers Wunsch ist deshalb klar: „Wir wären lieber Heiratsmakler als Bittsteller.“
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