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Katzen Ausgangssperre: Lockdown für Hauskatzen auch im Allgäu möglich?

Katzen einsperren

Monatelange Ausgangssperre: Kommt es auch im Allgäu zum "Katzen-Lockdown"?

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    Im baden-württembergischen Walldorf dürfen Katzen zwischen April und August nicht nach draußen, um eine bedrohte Vogelart zu schützen. Was sagen Experten im Allgäu dazu?
    Im baden-württembergischen Walldorf dürfen Katzen zwischen April und August nicht nach draußen, um eine bedrohte Vogelart zu schützen. Was sagen Experten im Allgäu dazu? Foto: Bernd Weißbrod, dpa (Symbolbild)

    Die Rettung bedrohter Arten hat in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen. Dafür wurden im ganzen Land verschiedene Projekte und Maßnahmen ins Leben gerufen. Eine dieser Maßnahmen aus dem baden-württembergischen Rhein-Neckar-Kreis sorgt bereits seit einem Jahr für Diskussionen. Denn im südlichen Teil der Stadt Walldorf gilt auch in diesem Jahr wieder eine mehrmonatige Ausgangssperre für Hauskatzen. Ab dem 1. April dürfen die Tiere das Haus nicht mehr ohne Begleitung verlassen.

    Walldorf: Katzen dürfen fünf Monate nicht nach draußen

    Erstmals wurde der "Katzen-Lockdown" im vergangenen Jahr zwischen Mai und August verhängt. Ziel der Maßnahme ist der Schutz der Haubenlerche. Von dieser Vogelart gab es laut Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis zuletzt nur noch drei Brutpaare in der betroffenen Region. Insgesamt sei die Art stark vom Aussterben bedroht. Und da Katzen zu einer "besonderen Gefährdung" für die bedrohten Vögel geworden seien, führte das Amt im vergangenen Jahr die strikte Regel ein.

    Demnach dürfen Katzen zwischen dem 1. April und dem 31. August nur an der Leine oder in einem eingezäunten Garten das Haus oder die Wohnung der Besitzer verlassen - und das jedes Jahr bis 2025. Einzige Ausnahme: Katzenbesitzer können eine Befreiung beantragen, wenn sie bei ihren Katzen per GPS-Tracking nachweisen können, dass diese sich nicht im verbotenen Brutbereich aufhalten. Wer sich nicht an die Regeln hält, muss mit einer Geldstrafe von 500 Euro rechnen. Verletzt oder tötet die Katze in dieser Zeit eine Haubenlerche können sogar bis zu 50.000 Euro fällig werden.

    Wissenschaftliche Basis für Maßnahmen fehlt

    Inwieweit Freigänger-Katzen wirklich für sinkende Wildvogel-Populationen verantwortlich sind, sei bisher noch nicht ausreichend erforscht, erklärt Ornithologin Dr. Angelika Nelson vom Landesbund für Vogelschutz (LBV). Die Rolle der Katze sei dabei schwierig einzuschätzen. Aus diesem Grund arbeite man beim LBV gerade an einem Positionspapier zu diesem Thema. "Wir brauchen eine wissenschaftliche Basis", sagt Nelson. Dafür soll ein Projekt entwickelt werden, das beispielsweise eine Mitmach-Aktion und den Einsatz von Kameras beinhalten könnte.

    Zusätzlich steht der Landesbund in Kontakt mit dem Max-Planck-Institut. Dort wird aktuell eine Studie zum Verhalten von Wildgängern durchgeführt, die ebenfalls zum Schutz von Wildtieren beitragen soll. Dafür wurden spezielle Sender entwickelt, die erkennen können, wann eine Katze einen Vogel angreift. Dies ist aufgrund spezieller Bewegungsabläufe für die Wissenschaftler erkennbar.

    Die Haubenlerche ist vom Aussterben bedroht. Um sie zu schützen gilt in Walldorf (Rhein-Neckar-Kreis) jährlich ein fünfmonatiger "Katzen-Lockdown".
    Die Haubenlerche ist vom Aussterben bedroht. Um sie zu schützen gilt in Walldorf (Rhein-Neckar-Kreis) jährlich ein fünfmonatiger "Katzen-Lockdown". Foto: Marijan Murat, dpa

    Lesen Sie auch: Pflichten für Katzen-Besitzer: Haftet man, wenn die Katze Schäden anrichtet?

    Vogelschutz-Expertin: Ausgangssperre nicht die einzige Möglichkeit

    Sollte sich herausstellen, dass Freigänger-Katzen tatsächlich eine erhebliche Gefahr für Wildvögel darstellen, könnte sich Nelson auch in Teilen des Allgäus eine Ausgangssperre vorstellen. Zumindest in der Zeit, in der junge Vögel unterwegs sind, also etwa von Ende April oder Anfang Mai bis Juli. In dieser Zeit könnte die Sperre dann eine Möglichkeit sein, die Vögel zu schützen. Dass Katzenbesitzer mit einer solchen Lösung nicht glücklich wären, kann die Ornithologin verstehen: "Wir sehen das auch von beiden Seiten". Dennoch hätten die Besitzer eine gewisse Verantwortung. Sie fordert daher von ihnen, sich mit ihren Katzen zu beschäftigen. So könnte der Jagdtrieb der Tiere zumindest ein wenig befriedigt werden.

    Neben der extremen Maßnahme der Ausgangssperre gibt es laut Nelson aber auch andere Möglichkeiten, Vögel zu schützen. Dazu gehören beispielsweise bunte Bänder, an die man seine Katze gewöhnen könnte. Die bunten Farben nehmen die Vögel stärker wahr und werden so visuell vor den Katzen gewarnt. Eine weitere Möglichkeit sei es, seine Katze nachts nach draußen zu lassen.

    Tierärztin: Lockdown kann zu Verhaltensveränderungen führen

    Ähnliche Möglichkeiten sieht auch Dr. Daniela Heldt, Tierärztin aus Kempten. Ihrer Einschätzung nach, hilft zusätzlich noch eine kleine Glocke am Band, um Vögel rechtzeitig zu warnen. Sie hält eine Ausgangssperre für Katzen in der Brutzeit grundsätzlich für verhältnismäßig, da Katzen vor allem für die Jungvögel gefährlich sein könnten. Sie appelliert daher an Katzenbesitzer, auch ohne offizielle Anordnung, ihre Katzen kurzzeitig im Haus zu lassen, wenn beispielsweise im Garten gerade kleine Vögel geschlüpft sind. Eine gute Alternative sei es ihrer Meinung nach in diesen Fällen, die Katze an der Leine mit nach draußen zu nehmen.

    Dies rät Heldt auch den betroffenen Katzenbesitzern in Walldorf. Denn wenn eine eigentliche Freigängerkatze fünf Monate lang im Haus bleiben muss, kann das Folgen haben: "Das kann zu Verhaltensänderungen führen", erklärt die Tierärztin. Dazu gehören zum Beispiel Protestreaktionen wie das Zerkratzen von Möbeln oder das Revier in der Wohnung zu markieren. Es sei daher die bessere Lösung, die Katze mit einem Brustgeschirr und einer Schleppleine mit nach draußen zu nehmen, so Brandt.

    Katzen-Ausgangssperre auch im Allgäu möglich?

    Im Allgäu gibt es aktuell offenbar keine Pläne, eine Ausgangssperre für Katzen zu verhängen, wie die Landratsämter Oberallgäu und Ostallgäu mitteilten. "Nach unserer Auffassung müsste für eine Ausgangssperre nachgewiesen sein, dass die lokale Population einer besonders geschützten Vogelart durch Hauskatzen gefährdet ist. Hierfür liegen uns für das Oberallgäu keine konkreten Hinweise vor", heißt es aus aus dem Sachgebiet Umweltschutz des Landratsamtes Oberallgäu dazu. Auch im Ostallgäu gebe es aktuell keine Tierart, deren Schutz eine Ausgangssperre rechtfertigen würde, erklärt Pressesprecher Stefan Leonhart auf Nachfrage.

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