Seinen Mini-Rollstuhl hat Jimmy erst seit ein paar Tagen, hin und wieder nervt ihn das Geschirr, manchmal fällt er noch um. Aber, und das sieht man dem weißen Kater mit den schwarzen Flecken an, die Freude überwiegt. Darüber, dass er wieder laufen kann, auf zwei Pfoten. Im Juni war eine Kundin mit dem Kater zu ihr gekommen, erinnert sich Dr. Andrea Restle. Die Frau habe ihn auf der Straße gefunden, angefahren, liegen gelassen. Es sah schlecht aus. Und dennoch versuchte die Kaufbeurer Tierärztin alles, um ihn zu retten.
„Er konnte von Anfang an hinten nicht mehr stehen“, sagt Restle. Eine reine Nervensache, die Knochen waren unversehrt. Jimmy habe erst niemanden an sich rangelassen, vermutlich habe er schlechte Erfahrungen mit Menschen gemacht. Doch während er sich langsam erholte, wieder fraß, wurde er auch zutraulicher. „Er ist ein wirklich liebes Tier“, sagt Restle. „Unwahrscheinlich dankbar, freundlich und kuschelig.“
Wie sollte Jimmy jemals eine Familie finden, wenn er nicht laufen kann?
Im Tierheim Marktoberdorf hätte der Kater einen Platz bekommen. Aber Restles Lebensgefährte hatte Bedenken. Wie sollte Jimmy jemals eine Familie finden, wenn er nicht laufen kann? Also überlegten sich die beiden, „wie man ihn wieder auf die Beine bekommt“.
Ein befreundeter Orthopäde half weiter, er empfahl das Sanitätshaus „Pfafftier“ in der Nähe von Mannheim. Restle sendete Jimmys Maße, zurück kam ein individuell angefertigter Rollwagen, der Mini-Rollstuhl. Die Kosten von 360 Euro übernahm die Tierärztin. Seitdem übt der Kater jeden Tag etwa eine Stunde, ist im Garten, auf der Terrasse oder im Behandlungszimmer unterwegs. „Nach einer Zeit vergisst man, dass er den Wagen hat.“
Gute Chancen, dass Jimmy bald wieder auf allen Vieren laufen kann
Nur, ist das für das Tier auch lebenswert? „Das kann man sicher nicht bei jeder Katze so machen“, antwortet Restle. Bei Hunden sei das noch unproblematischer, weil sie leichter lernen. Aber Jimmy leide nicht: „So verhält er sich nicht.“ Und Restle sieht gute Chancen, dass sein Nerv heilt und der Kater irgendwann wieder auf allen Vieren laufen kann. Er habe ja noch Gefühl in den Hinterbeinen, könne mit Unterstützung stehen und ist zudem noch sehr jung. Restle schätzt den Kater auf eineinhalb Jahre.
Jimmys Besitzer habe sich zwar bei der Tierärztin gemeldet. Jedoch nur, um zu sagen, dass er nichts zahlen werde. Sie solle ihn lieber einschläfern. Erzählt die sonst so ruhige und herzliche Frau davon, wird sie kurz wütend, spricht vom „sogenannten Besitzer“ und schüttelt verständnislos den Kopf.
Jimmy hat ein neues Zuhause
„Er braucht die Sicherheit, dass sich jemand um ihn kümmert“, sagt Restle über Jimmy. Jemanden, der viel Zeit hat. Krankengymnastik mit ihm macht, mit ihm raus geht, ihm im Alltag hilft. So jemanden hat Restle für Jimmy gefunden. Susi Hartmann wird den Kater bei sich aufnehmen, ihm ein neues Zuhause in Aitrang geben. Wo bereits eine Katze und ein Hund auf ihn warten. Dass sich die drei verstehen, davon ist die Ostallgäuerin überzeugt. Das erste Beschnuppern sei auf jeden Fall gut gelaufen.
Andrea Restle wird weiterhin die Patenschaft für ihren Schützling übernehmen. Ihr liege es am Herzen, Jimmys Geschichte zu erzählen, auch um Mut zu machen. „Ich glaube, die Leute sagen in so einem Fall schnell, dass man das Tier einschläfern muss.“ Aber es gehe eben auch anders.
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