Wenigstens auf den Heavy Metal kann man sich in diesen unruhigen Zeiten verlassen. Da wird ehrliche, ausdauernde Arbeit noch belohnt. Anders ist es wohl kaum zu erklären, dass die Kaufbeurer Kart-Halle, die immerhin bis zu 1500 Besucher fasst, nahezu ausverkauft war, als Hammerfall mal wieder ein Gastspiel in der Wertachstadt gaben. Seit inzwischen 23 Jahren sind die Schweden im Geschäft. Stilistisch gingen sie seither kaum irgendwelche Experimente abseits ihres ganz klassischen Metals nordischer Prägung ein. Böse Zunge mögen das langweilig finden, bezeichneten Hammerfall gar schon als „Kastelruther Spatzen des Heavy Metal“. Die Fans aber – und in Kaufbeuren waren beileibe nicht nur in Würde ergraute Schwermetaller vor der Bühne – wissen diese Konstanz zu schätzen.
Vom ersten bis zum letzten Ton machten Hammerfall auch an diesem Abend Metal in Reinform. David Wallin sorgte weit oben am Schlagzeug zusammen mit Bassist Fredrik Larsson für donnernden Rhythmus. Oscar Dronjak und Pontus Norgren ließen ihre Gitarren kreischen, aber auch immer wieder herzzerreißend im Duett singen. Und dann ist da Frontmann Joacim Cans, dem man seine vielen Jahre im Heavy-Geschäft inzwischen ansah und auch etwas anhörte. Die schreienden Höhen kamen nicht mehr so ganz stabil über die Rampe, aber ansonsten zog er das fordernde Set kraftvoll-routiniert durch – pathetisch-mitreißende Dauergestik inklusive.
Mitgebracht hatte Hammerfall ihr inzwischen elftes Studio-Album „Dominion“. Daraus gab es gleich zu Beginn das rasante „Never forgive, never forget“ zu hören. Auch der Titelsong „Dominion“ später am Abend wusste zu gefallen. Doch der stilistische Unterschied zum Album „Renegade“, erschienen vor 20 Jahren, liegt unterhalb der Messgenauigkeit – zumindest für ein hart gesottenes Metal-Ohr. Anlässlich dieses Jubiläums hatten die Gitarristen die vor zwei Jahrzehnten erschienen Melodien zu einem genialen Medley zusammengestellt. Dieses überbrückte die Wartezeit, bis Sänger Cans wieder konnte, vom Feinsten und erzeugte selbst beim langjährigen Fan eine ordentliche Gänsehaut. Auch die Themen der Texte haben sich seither nicht groß verändert. Es geht um Kampf bis zum letzten Mann, glorreiche Schlachten und ein bisschen um nordische Mythologie.
War das Publikum bis weit nach hinten in der Halle schon von Anfang begeistert dabei bei diesem Metal-Spektakel der alten Schule, so ging es bei den Hammerfall-Hits richtig zur Sache: Bei „Heeding the call“, „Hallowed be my name“, „Last man standing“, „Let the hammer fall“ oder der Zugabe „Hammer high“, musste Frontmann Cans der hymnisch singenden Anhängerschaft nur noch die Einsätze geben.
Dafür, dass das Hammerfall-Konzert dann nicht vollends zum Metal-Hochamt wurde, sorgte zum einen Oscar Dronjak, wenn der zu seiner hammerförmigen Gitarre griff und das genretypische Posen bisweilen augenzwinkernd übersteigerte. Zum anderen erklang mitten im Konzert plötzlich eine arg an die Tränendrüse gerichtete Piano-Ballade, die Joacim Cans zusammen mit Noora Louhimo schmetterte. Etliche Fans reagierten schnell, schoben leuchtende Smartphones unter ihre Bierbecher und schwenkten diese gelb schimmernden „Kerzen“ so romantisch es ging im Takt. Duett-Partnerin Louhimo ist die Sängerin der Band Battle Beast, die als Vorgruppe in der Kart-Halle einen ausgezeichneten Eindruck hinterließ.
Die Finnen standen an diesem Abend für einen progressiveren, aber dennoch sortentypischen Metal mit viel Synthesizer-Einsatz, dem Keyboarder in erster Reihe und eben einer Frau am Mikro. Bei dieser handelt es sich allerdings nicht um eine akademisch intonierende Opern-Elfe wie etwa Tarja Turunen von Nightwish, sondern um ein recht handfestes Amazonen-Energiebündel in einer Art Wikinger-Rüstung, samt Hörnern im wallenden Haar.
So wehte dann doch noch etwas frischer Wind bei diesem durch und durch soliden Heavy-Metal-Fest. In diesem Sinn: Bis zum nächsten Mal, Hammerfall!