Kaufbeuren

Im Teufelskreis

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Bild: simm

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Sparkassen-Forum Die ZDF-Moderatorin und Autorin Petra Gerster erklärt den Wert von Qualitätsjournalismus für unsere Gesellschaft
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Von ELKE SONJA SIMM
08.05.2019 | Stand: 18:59 Uhr

Die Bedeutung „eines guten Qualitätsjournalismus’ für die Demokratie“ erörterte die bekannte Nachrichtenmoderatorin Petra Gerster vor großem Publikum in Kaufbeuren und gab zugleich einige Leitlinien der ZDF-Berichterstattung preis. Die Journalistin und Buchautorin war einer der Gäste bei der 13. Auflage des Sparkassen-Forums Zukunft.

Punktgenau zum geplanten Beginn betritt Petra Gerster dezent am hinteren Rand den Veranstaltungssaal, der zu diesem Zeitpunkt mit 250 Zuhörern bereits voll besetzt ist. Eine einstündige Zugverspätung lässt ihr kaum Zeit zum Umziehen und Schminken. Nach der kurzen Begrüßung durch Franz Endhardt, Vorstandsvorsitzender der Kreis- und Stadtsparkasse Kaufbeuren, der das Spannungsfeld zwischen Politik, „aktueller Globalisierung und rasanter Digitalisierung“ anspricht, gehört der Saal der beliebten Fernsehfrau, die zunächst als Moderatorin des Magazins „ML – Mona Lisa“ und seit rund 20 Jahren als Nachrichtensprecherin des ZDF bekannt ist. Professionell, ohne eine Spur der hektischen Anreise, trägt sie über eine Stunde ihre Sichtweise auf die Veränderungen der Welt vor, ausgelöst durch die Digitalisierung.

Die mehrfach ausgezeichnete Fernsehjournalistin veröffentlichte in den vergangenen Jahren einige Bücher, insbesondere zu den Themen Erziehung, Bildung und Medien. In Anlehnung an ihr vor zwei Jahren erschienenes Werk „Die Meinungsmaschine“ steht ihr Vortrag in Kaufbeuren unter dem Titel „Werden wir noch richtig informiert? Von der Guten- in die Zuckerberg-Galaxis“. Wie einst durch die Erfindung der Druckerpresse durch Gutenberg vor mehreren Hundert Jahren gibt es aus ihrer Sicht mit der Digitalisierung nun die nächste „Zeitenwende“, die wiederum „die Existenz von Medienkonzernen, aber auch vom lokalen Handel bedroht“.

„Wir leben mitten in einem tief greifenden Epochenwechsel und müssen versuchen, diesen human zu gestalten“, meint Gerster und rät dazu, seine eigene Zeit am Smartphone zu überdenken und es ruhig auch mal beiseitezulegen – zugunsten persönlicher Gespräche mit dem Partner oder Freunden. Auch ihr Mann kritisiere sie manchmal, wenn sie während des gemeinsamen Essens ihr Mobiltelefon bedient. Da im Internet verschiedene Plattformen jedem Nutzer die Möglichkeit einräumten, seine Meinung nahezu ungeprüft zu verbreiten, Neuigkeiten sich viel schneller verbreiteten als früher und der Informationskanal fast allen Bürgern zur Verfügung stehe, leide der klassische Journalismus. „Werbegelder von Unternehmen werden anstatt für Zeitungsanzeigen und Werbezeiten in Radio und Fernsehen zunehmend bei Google und Facebook investiert“, betont Gerster mehrfach. Das sei ein „Teufelskreis“, so die Journalistin, denn das Geld fehle den klassischen Medien für ihre Redaktionen. „Wenn der Qualitätsjournalismus stirbt, stirbt die Demokratie.“

Die Nachrichtensendungen im ZDF publizierten grundsätzlich nur Informationen, wenn diese von mehreren seriösen Quellen bestätigt worden seien, sagt sie. So solle vermieden werden, „Fake News“ aufzusitzen. Umgekehrt hätten auch die Konsumenten eine Art Garantie, wenn sie sich auf große Medienhäuser verlassen, dass die Neuigkeiten im Normalfall der Wahrheit entsprechen. „Die Bürger müssen dafür eine aktive Nachfrage nach qualitativen Informationen entwickeln und diese kosten auch Geld“, meint Gerster.

Nach einer Fragerunde nimmt sich der Gast am Büchertisch ausgiebig Zeit, signiert seine Werke, gibt Autogramme und beantwortet persönliche Nachfragen.