Diese Ehetherapie hat es in sich: Carlos (Franz Summerer) und Anna (Inge Lingg) werden handgreiflich; die Therapeutin (Ursula Cassier) scheint’s nicht weiter zu irritieren ...
Bild: Rainer Hitzler
Diese Ehetherapie hat es in sich: Carlos (Franz Summerer) und Anna (Inge Lingg) werden handgreiflich; die Therapeutin (Ursula Cassier) scheint’s nicht weiter zu irritieren ...
Bild: Rainer Hitzler
Carlos sitzt mit verschränkten Armen am einen Ende des schwarzen Sofas, Anna wild gestikulierend am anderen. Daneben, im orangefarbenen Sessel in ihre Notizen versunken, die Therapeutin. Ausgangspunkt einer Paartherapie der etwas anderen Art, die das Theater Projekt Kempten mit der Komödie „Alles über Liebe“ von Stefan Eckel auf die Bühne gebracht und nun im Margaretha- und-Josefinenstift erstmals gezeigt hat. Anna fühlt sich einbetoniert in ihre Vorstadtreihenhausehe mit zwei Kindern, unüberschaubar vielen Aktivitäten, missgünstigen Nachbarn – und mit einem Mann, der sie nicht mehr sieht und nicht mehr begehrt.
Außerdem ist Anna eifersüchtig auf die 26-jährige Praktikantin im Architekturbüro ihres Mannes, die ausschließlich über zwei sehr „herausragende, ja herausfallende Kenntnisse“ verfüge. Alle Beteuerungen ihres Gatten, der ihr die SMS der jungen Dame selbst gezeigt hat, dass es sich um eine Schwärmerei der Praktikantin handele, die ihn nicht tangiere, schenkt sie keinen Glauben. Auch die von Ursula Cassier anfangs als sehr zurückhaltend und etwas abwesend gegebene Therapeutin, kann den beiden dabei nicht weiterhelfen.
Inge Lingg bringt als Anna die Verzweiflung über Kindergeburtstage, Mutter-Kind-Tanzstunden und ihren Mann mit sehr rustikalem Freundeskreis so deutlich zum Ausdruck, dass man als Zuschauer manchmal fast die Komödiensituation vergisst. Dann aber verstrickt sie sich so elegant und nonchalant in Widersprüche, dass man sich das Lachen nicht verbeißen kann.
Franz Summerer hat als Carlos seine größten Momente, wenn er seine parodistischen Fähigkeiten auspacken kann und etwa als vegetarisch dominante Schwiegermutter oder besoffener Urlaubskumpel über die Bühne wankt. Immer wieder sorgen seine überraschenden Ausbrüche für Lacher im Publikum und Irritationen bei der Therapeutin.
Für den Umschwung in der verfahrenen Paarsituation sorgt dann tatsächlich die Therapeutin durch eine etwas aus dem Ruder laufende Tranceübung. Endlich wird deutlich, dass auch das Berufsleben des erfolgreichen Architekten Carlos nicht ganz so erfüllend ist, wie er das im Allgemeinen nach außen trägt.
Bei allem Spaß, Wortwitz und den vielen Pointen, die die drei Protagonisten punktgenau zum Höhepunkt treiben, wird in der Inszenierung von Alois Kramer zugleich deutlich, an was viele Beziehungen im Laufe ihrer Entwicklung tatsächlich kranken: an mangelnder Kommunikation, zu wenig Wertschätzung, zu wenig Vertrauen, dass der andere immer noch ein wertvoller Gesprächspartner sein könnte.
Zum Glück ist das Ganze aber kein Problemstück, sondern eine Komödie, die in tobendem Chaos zu einem versöhnlichen Ende findet.