Im Thronsaal der Kemptener Residenz stehen die vier Frauenfiguren von Aegid Verhelst.
Bild: Ralf Lienert
Im Thronsaal der Kemptener Residenz stehen die vier Frauenfiguren von Aegid Verhelst.
Bild: Ralf Lienert
Aegid Verhelst der Ältere zählt zu den bedeutenden Bildhauern seiner Zeit. Er wurde im Dezember vor genau 325 Jahren in Antwerpen geboren. Der Flame hat auch in Kempten Spuren hinterlassen. Am Ende seines 52 Jahre dauernden Lebens war er stiftskemptischer Hofbildhauer. „Vier herausragende Werke von Verhelst bereichern die Residenz Kempten“, sagt Bernd Schreiber, Präsident der Bayerischen Schlösserverwaltung und damit auch für das historische Gebäude in Kempten zuständig. Die vier Frauenfiguren zieren den Thronsaal.
Sie symbolisieren Tugenden eines guten Herrschers: Sie stehen für Stärke, Weisheit, Liebe und Friedfertigkeit, allesamt Eigenschaften, denen sich offenbar der Auftraggeber, der Kemptener Fürstabt Anselm Reichlin von Meldegg, verpflichtet fühlte. Für ihn schuf Verhelst nach Ansicht von Experten Statuen von zeitloser Schönheit. Gleichzeitig sind sie typisch für den Stil jener Zeit: Die etwa lebensgroßen Frauenfiguren entstanden um 1742. Sie sind aus Lindenholz geschnitzt. Ihre Polierweißfassung lässt sie so glänzen, als wären sie aus zerbrechlichem Porzellan gefertigt.
Für Bernd Schreiber von der Schlösserverwaltung bestechen die Figuren durch Anmut, Eleganz und Leichtigkeit, grazilen Schwung, bewegte Gewandführung und verinnerlichten Ausdruck. Sie kennzeichneten ihren Schöpfer Verhelst als einen Meister des süddeutschen Rokoko.
Verhelsts Lebensweg führte ihn von seiner Heimat Flandern (Belgien) über Paris an den Hof von München und auch nach Augsburg, wo er 1728 Bürger der Stadt wurde. Im oberbayerischen Ettal lernte er den Kemptener Hofmaler Franz Georg Hermann kennen. Ein Kontakt, der ihn dann ins Allgäu führte. Geprägt ist der Thronssal der Kemptener Residenz durch den Stuck von Johann Georg Üblher, das Deckengemälde von Franz Georg Hermann – und eben die vier Tugenden aus der Werkstatt Aegid Verhelsts.
Auch die Basilika St. Lorenz stattete der Künstler aus Flandern aus: Dort sind vier Figuren aus Lindenholz von ihm erhalten. Bei seinen letzten Werken in Kempten, den Altarfiguren am Stephanusaltar der Basilika, half vermutlich sein Sohn Placidus mit. Aegid Verhalest starb 1749 in Augsburg. An ihn erinnert ein Weg im Haubenschlossgebiet
Wer die Arbeiten von Aegid Verhelst sehen möchte: Die Prunkräume der Residenz Kempten können samstags und sonntags mit einer Führung besichtigt werden. Die Führungen finden alle 45 Minuten statt; die erste beginnt um 10 Uhr, die letzte startet um 16 Uhr.