Projekt "Grüner Gockel"

Grüner glauben, kochen, wirtschaften: Evangelische Gemeinde in Waltenhofen erhält Umwelt-Zertifikat

Schon beim Bau des evangelischen Gemeindezentrums in Waltenhofen vor 20 Jahren spielte Klimaschutz eine Rolle.

Schon beim Bau des evangelischen Gemeindezentrums in Waltenhofen vor 20 Jahren spielte Klimaschutz eine Rolle.

Bild: Martina Diemand (Archivbild)

Schon beim Bau des evangelischen Gemeindezentrums in Waltenhofen vor 20 Jahren spielte Klimaschutz eine Rolle.

Bild: Martina Diemand (Archivbild)

Aus dem Austausch zum "Grünen Gockel" mit anderen Pfarreien und Gläubigen entstand in der evangelischen Gemeinde Waltenhofen eine neue Idee.
12.04.2023 | Stand: 11:27 Uhr

Einen Walnussbaum will die evangelische Gemeinde Waltenhofen vor ihrem Zentrum pflanzen. Der graue Kiesplatz passe so gar nicht zum umweltfreundlichen Konzept „Grüner Gockel“, sagt Dr. Moritz Müller. Zwei Jahre befassten sich der Umweltbeauftragte und andere Gemeindemitglieder mit dem Zertifikat – mit Energiefragen und Leitlinien für nachhaltigere Küche bei gemeinsamen Festen. Eine herausfordernde Zeit von Anfang an, sagt Alwin Pfeiffenberger, der die Gemeinde als Auditor auf ihrem Weg begleitet: „Diese Bestandsaufnahme hat viel zutage gefördert.“

Kirchengemeinde in Waltenhofen legte schon vor 20 Jahren Wert auf einen umweltfreundlichen Bau

Schon beim Neubau des Gemeindezentrums vor mehr als 20 Jahren habe man auf eine klimafreundliche Gestaltung Wert gelegt, erzählt Müller. Pelletheizung, ein Erdkanal, der Außenluft erwärmt, und eine Solaranlage auf dem Dach. Pfeiffenberger sagt: „Das ist eine andere Ausgangslage als beim Großteil der anderen Gemeinden, die sich auf diesen Weg machen. Die haben oft noch eine alte Ölheizung.“

Neun Gemeinden im Dekanatsbezirk Kempten beschäftigen sich aktuell mit dieser Umweltzertifizierung. Waltenhofen tausche sich etwa rege mit der Johannes- und der Markuskirche in Kempten aus. Sie stellten laut Müller fest: „Unser Geld könnte dort mehr CO2 einsparen, als wenn wir es bei uns investieren.“ Die daraus entstandene Idee: Jede Gemeinde im Dekanat soll anteilig auf ein gemeinsames Ökokonto einzahlen. Die evangelische Gemeinde Waltenhofen will von nun an jährlich 3000 Euro dafür zur Seite legen. Pfeiffenberger: „Verzicht ist das nicht, weil letztlich jeder profitieren könnte.“

Vegetarisch essen oder nicht? Kirchengemeinde diskutiert über Klima-Maßnahmen

Die gegenseitige finanzielle Unterstützung ist eine von vielen Maßnahmen, die die Gemeinde in einem Umweltbericht festgehalten hat. Mit dem Erhalt der Plakette „Grüner Gockel“ geht es nun an die konkrete Umsetzung – was für manche Diskussion sorge. Ein Küchenteam bewirtet die Gäste bei Festen im Gemeindezentrum. Wie so ein Menü wohl klimaneutraler werden könnte? Regional, saisonal, Bio und möglichst vegetarisch, das sind laut Alwin Pfeiffenberger die Leitlinien für den Einkauf. Müller sagt: „Trotzdem soll das Küchenteam Freiheiten haben.“ Einen Kompromiss musste her: Auch Fleisch soll es weiter geben, aber eben weniger davon.

Möglichst viele Menschen in den Prozess einzubinden, sei ständig im Fokus gewesen, sagt Müller. 130 Ideen gingen unter anderem über Briefkästen ein. Daraus entstanden Arbeitsgruppen. Eine nennt sich „Vorplatz-Ausschuss“ und will Biodiversität vors Gemeindezentrum bringen. Andere befassten sich mit dem Energieverbrauch und nahmen etwa die Pelletheizung mit Handwerkern unter die Lupe. Pfeiffenberger: „Da ist uns aufgefallen, dass Warmwasser zu einer Zeit bereitgestellt wird, in der wir es nie brauchen.“ 1500 Kilowattstunden könnten so pro Jahr gespart werden.

Energie- aber auch Glaubenfragen beschäftigten auf dem Weg zum "Grünen Gockel"

„Jede Steckdose und jeden Lichtschalter haben wir uns angeschaut“, sagt Pfeiffenberger. Manche Lösung sei er eher pragmatisch angegangen. Zum Beispiel beim Thema Beleuchtung. „Wir haben die Hälfte der Leuchten herausgenommen und es ist immer noch hell genug.“ Trotz aller technischen Ansatzpunkte gehe es freilich auch um den Glauben und die Schöpfung, sagt Müller. Darum, sich der Verantwortung für künftige Generationen bewusst zu werden. Ein Symbol für dieses Verständnis von Umweltethik sei die nachhaltigere Bienenwachskerze, die Müller goss. Zahlreiche Imker aus der Region beteiligten sich, auch katholische. Es gehe darum, gemeinsam diese Schritte zu gehen, auch im Kleinen. Müller: „Zusammen erreichen wir viele tolle Ziele. Darüber müssen wir sprechen. Wir müssen strahlen.“

Info: Übergabe des Zertifikats „Grüner Gockel“ mit Gottesdienst am Sonntag, 16. April, 10.15 Uhr, im evangelischen Gemeindezentrum Waltenhofen.