Tanzherbst Kempten

Tanzherbst Kempten: Tanztheater "Inter-Being "von Heidi Weiss

Alles im Fluss: Heidi Weiss und ihre Berliner Company zeigten beim Tanzherbst-Festival im Stadttheater in Kempten die Performance „Inter-Being“.

Alles im Fluss: Heidi Weiss und ihre Berliner Company zeigten beim Tanzherbst-Festival im Stadttheater in Kempten die Performance „Inter-Being“.

Bild: Matthias Becker

Alles im Fluss: Heidi Weiss und ihre Berliner Company zeigten beim Tanzherbst-Festival im Stadttheater in Kempten die Performance „Inter-Being“.

Bild: Matthias Becker

Kemptener Tanzherbst: Beim Festival im Stadttheater Kempten spüren die Berliner Choreografin Heidi Weiss und ihre Company in einem Bilderrausch dem Leben nach.
21.10.2022 | Stand: 07:30 Uhr

Das Meer. Faszinierend, belebend, bedrohlich. In einem riesigen Bullauge läuft ein Video. Wellen türmen sich auf, brechen, laufen aus. Immerzu. Vier Tänzerinnen und drei Tänzer nehmen mit ihren Körpern die Naturenergie auf, formieren eine Einheit, lösen sie auf, lassen sich treiben, tauchen ab und auf. „Inter-Being“ hat die Berliner Choreografin und Tänzerin Heidi Weiss ihre Performance genannt, die sie beim 22. Kemptener Tanzherbst im Stadttheater zeigt. 60 Minuten lang geht es darum, was es heißt zu leben.

Nachdenklich und komisch: das Tanztheater "Inter-Being" von Heidi Weiss

Jeder Mensch ist einzigartig, pocht auf seine Freiheit und Individualität, und doch ist da stets die Sehnsucht nach Geborgenheit in der Gemeinschaft. Dieses Hin und Her, diese Zerrissenheit zaubern die sieben, um die 50 Jahre alten Tänzerinnen und Tänzer zu einem suggestiv-pulsierenden Elektro-Sound auf die Bühne. Das ist poetisch, nachdenklich und komisch.

Da steht eine Frau zwischen zwei Männern, und da erzählt jeder mit Begeisterung in Englisch von seiner Familie, von den Eltern und Großeltern, ohne auf den anderen zu hören, was schnell zu einer Art babylonischem Sprachgewirr führt. Später finden die Sieben doch wieder zusammen – in einem Kinderlied-Kanon und bilden ein Wellen-Band. Doch die Bewegungen sind anders als zu Beginn, nicht mehr so fließend, harmonisch, selbstverständlich. Alles scheint langsamer, beschwerlicher. Das Alter macht den Menschen zu schaffen. Wehwehchen tauchen auf, die Gelenke melden Verschleiß. Das Fleisch ist schlaff, der Geist getrübt. Der Körper gehorcht nicht mehr so wie früher. So taumeln die Figuren über die Bühne orientierungslos und roboterhaft.

"Inter-Being": ein poetischer Bilderrausch ohne Happy End

Es ist ein poetischer, aber auch traurig stimmender Bilderrausch, in den die Tanzcrew ihr Publikum hineinzieht. Man wünscht sich ein Happy End, doch das Leben sieht das nicht vor. Rhythmus und Bewegung, Puls- und Herzschlag lassen nach. Im Bullauge läuft längst kein Film mehr. Und dann ist nur noch das Atmen – und am Ende auch das nicht mehr. Starker Applaus von 150 Zuschauerinnen und Zuschauern für ein starkes, nachhallendes Tanztheater.

Der Tanzherbst läuft bis 23. Oktober. Performances im Satdttheater Kempten (20 Uhr): Tanzszene Schwaben (21. Oktober) und „Different“ (22. Oktober). Infos: www.tanzherbst-kempten.de