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Klassik trifft Jazz: Zwei Weltenversöhner in Füssen

Vielsaitig-Festival in Füssen

Klassik trifft Jazz: Zwei Weltenversöhner in Füssen

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    Mandoline trifft auf Klavier: Avi Avital und Omer Klein.
    Mandoline trifft auf Klavier: Avi Avital und Omer Klein. Foto: Peter Samer

    Mandoline und Flügel scheinen so gar nicht zueinander zu passen. Doch wenn virtuose Feingeister wie Avi Avital (41) und Omer Klein (38) mit ihren ungleichen Instrumenten musizieren, verfliegt dieser Gedanke im Nu. Da verschwimmen Grenzen, und im Kopf der Zuhörer entstehen farbenfrohe Gemälde und Geschichten – so geschehen beim Konzert des Duos beim Festival Vielsaitig in Füssen.

    Beide Musiker stammen aus Israel und leben seit vielen Jahren in Deutschland. Doch musikalisch trennen sie eigentlich Welten. Hier der klassische Mandolinist Avi Avital, der sich für Klezmer, Barockmusik und zeitgenössische Klassik interessiert, dort der Jazz-Pianist und Komponist Omer Klein, für den die Improvisation eine Art Lebenselixier darstellt. 2012 hatten sich die beiden kennengelernt und schnell einen gemeinsamen musikalischen Nenner gefunden. Sie eint die Neugier, sich nicht von Grenzen abschrecken zu lassen. Mühelos weben sie aus Folklore, Klassik und Jazz eine seelenvolle, leidenschaftliche Musik. Dass es auf dem Weg dorthin Steine auszuräumen galt, macht Avi Avital deutlich, wenn er erzählt, wie ihn Omer Klein zum Improvisieren animierte – und wie er mit der Zeit die „Angst, falsche Töne zu spielen“ verlor.

    Ein ungewohntes Bild: Statt 140 dicht gedrängt sitzenden Zuhörern verteilen sich coronabedingt nur 40 Besucher im Kaisersaal des ehemaligen Barockklosters St. Mang. Zweimal werden Avital und Klein an diesem Abend ihr auf gut 60 Minuten verkürztes Programm spielen.

    Zu Beginn des (ersten) Konzerts bringt Pianist Omer Klein bei „Zamzama“ die Akustik des Saals mit kraftvoll angeschlagenen Akkordeon an seine Grenzen. Damit kann die mit einem Mikrofon verstärkte Mandoline Avitals noch nicht mithalten. Doch schon bei Omer Kleins funkelnder Eigenkomposition „Niggun“ wird der gemeinsame Klang ausgewogener, transparenter.

    Mandoline beschwört sehnsuchtsvolle Bilder

    In „Lonely Girl“, einer Komposition aus der Feder des Kontrabassisten Omer Avital (nicht verwandt mit Avi Avital), blüht die Mandoline tremolo-selig auf und beschwört sehnsuchtsvoll-melancholische Bilder. Vielleicht ein bisschen zu süßlich gerät dieses Stück, das auf der CD „Avital meets Avital“ deutlich mehr Tiefe hat, vielleicht auch wegen des angenehm dunkel grundierenden Kontrabasses Omer Avitals.

    Atemberaubend dann Omer Kleins temperamentvolles „España“, bei dem Flügel und Mandoline furios miteinander kommunizieren und dafür großen Applaus ernten. Zuvor hatte Avital in seiner Eigenkomposition „Avi’s Song“ das ganze Klangspektrum seiner Mandoline eindrucksvoll ausgelotet.

    Höhepunkt des Konzerts sind jedoch Teile aus der Partita Nr. 2 d-Moll von Johann Sebastian Bach. Ursprünglich für Violine komponiert, ist die Partita für Avi Avital schon seit jeher eine „Quelle der Inspiration“, wie er in einem Interview erklärte. Und das spürt der Zuhörer auch. Avital spielt die komplexen Passagen konzentriert und intensiv – mit einem unglaublich warmen Ton. Und Klein sitzt regungslos am Steinway-Flügel, und greift das Gehörte dann adäquat improvisierend auf. Chapeau!

    PS: Die gesamte Mandolinen-Fassung der Partita gibt es auf der 2019 erschienenen Deluxe-Ausgabe von Avitals „Bach“-CD zu hören.

    Weitere Termine: Das Füssener Festival Vielsaitig läuft noch bis 5. September. Es gibt nur noch wenige Karten. Infos zu den Konzerten online unter www.festival-vielsaitig.fuessen.de; Tickets unter Telefon 0831/206 5555, online unter www.allgaeuticket.de.

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