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Klimawandel: Was können Städte im Allgäu gegen Hitze tun und was ist eine Schwammstadt?

Klimakonzepte der Kommunen

Wie sich Städte im Allgäu gegen Hitze wappnen können - und was sie bereits tun

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    Schatten gibt es auf dem Hildegardplatz in Kempten so gut wie keinen, dafür den einzigen Trinkbrunnen der Stadt. Dort erfrischt sich Judith Rimmele.
    Schatten gibt es auf dem Hildegardplatz in Kempten so gut wie keinen, dafür den einzigen Trinkbrunnen der Stadt. Dort erfrischt sich Judith Rimmele. Foto: Ralf Lienert (Symbolbild)

    Wenn es tagsüber in einer Stadt heiß ist und die Temperaturen auch nachts nicht unter 20 Grad fallen, kann es für den Körper sehr anstrengend werden. Vor allem für Kinder und ältere Menschen kann es sogar gefährlich werden, wenn es mehrere Nächte hintereinander so warm bleibt. Das sagt Martin Simon, Vorsitzender der Kreisgruppe Kempten-Oberallgäu im Bund Naturschutz. Der Klimawandel hat begonnen, es wird wärmer.

    Die Sonne heizt Straßen, Plätze und Hauswände auf. Ohne Schatten wird der Aufenthalt an solchen Orten unangenehm. Auch nachts geben diese Flächen Wärme ab. Es wird kaum kühler. Gerade in Städten muss deshalb viel für den Schutz vor Hitze getan werden, sagt Simon. Auch im Allgäu: Kempten, Memmingen und Kaufbeuren stünden erst am Anfang.

    "Grün ist der größte Hebel, um die Temperatur zu senken"

    Martin Simon weiß, was helfen könnte: Grün. "Das ist der größte Hebel, um die Temperatur zu senken." Bäume werfen Schatten. Außerdem verdunstet ein Teil des Wassers, das Pflanzen aufgenommen haben. Dadurch kühlt die Luft ab. Je mehr Grün in der Stadt wachse, desto weniger versiegelte Fläche gebe es. Wasser könne also wieder versickern und Pflanzen versorgen.

    Um Regenwasser noch länger nutzbar zu machen, könnten unterirdisch Rigolen eingebaut werden. Das sind Becken in der Erde, die Niederschlagswasser sammeln und nur langsam versickern lassen. So haben die Pflanzen darüber länger etwas davon, sagt Simon. "Wenn ich das alles schaffe, habe ich Verdunstungseffekte, das senkt automatisch die Temperatur." Die Bezeichnung dafür ist Schwammstadt. So etwas gebe es bisher im Allgäu noch nicht. Stattdessen laufe ein Großteil des Niederschlags in Kanäle und sei dann weg.

    Schatten gibt es auf dem Hildegardplatz in Kempten so gut wie keinen. Bei hohen Temperaturen lädt er deshalb kaum zum Verweilen ein.
    Schatten gibt es auf dem Hildegardplatz in Kempten so gut wie keinen. Bei hohen Temperaturen lädt er deshalb kaum zum Verweilen ein. Foto: Matthias Becker

    Auch Bäume in Kübeln können schon gegen Hitze helfen

    Was ist auf Plätzen möglich, unter deren Oberfläche Infrastruktur, also etwa Kanäle und Kabel, verlegt ist, die also nicht für Bäume aufgebrochen werden können? "Mein Lieblings-Negativbeispiel ist hier der Hildegardplatz in Kempten", sagt Simon.

    Eine große versiegelte Fläche, auf der es im Sommer sehr heiß wird. Und auf der regelmäßig Veranstaltungen stattfinden. Rotterdam fällt Simon als gutes Beispiel ein. Dort gebe es Bäume in Kübeln, die kurzfristig abtransportiert und nach einer Veranstaltung wieder aufgestellt werden können. Das wäre auch etwas für die Allgäuer Städte.

    Kempten: Iller als natürliche Kaltluftschneise

    Wie sind deren Pläne für den Schutz vor zunehmender Hitze? In Kempten gebe es "weitere Pläne für Begrünung (...) in besonders von Hitze betroffenen Bereichen", heißt es in der Verwaltung. "Eine beispielhafte Pilot-Begrünung von öffentlichen Gebäuden im Innenstadtbereich wurde geprüft und kann derzeit aus verschiedenen Gründen nicht umgesetzt werden." Etwa weil Fassaden das Gewicht von Pflanzen nicht tragen könnten, wegen Denkmalschutzes und fehlender finanzieller Mittel. "Generell ist die Hitzebildung in der Stadt nicht mit der in teils großflächig versiegelten Großstädten zu vergleichen", schreibt die Verwaltung.

    Die Iller sei eine natürliche Kaltluftschneise, die nachts für gute Durchlüftung der Stadt sorge. Die über 30.000 Stadtbäume würden dort, wo Flächen verfügbar sind, mit weiteren Neupflanzungen ergänzt. Zudem sei ein Klimadaten-Erfassungssystem eingerichtet worden. Es wird mit Informationen über Temperaturen und weitere Klimadaten gefüttert und stellt sie auf Anzeigetafeln dar. "Dadurch werden Bürger informiert und sensibilisiert, aufgeheizte Bereiche zu Gunsten kühlerer Orte zu meiden."

    Memmingen: Mehr Bäume, mehr entsiegeln, Dachbegrünung

    In Memmingen sei ein Stadtklimakonzept erstellt worden, teilt die städtische Pressestelle mit. Darin werden schutzwürdige und besonders belastete Bereiche aufgelistet und es wird beschrieben, wie die Folgen des Klimawandels dort reduziert werden können. Derzeit etwa werde der Weinmarkt in der Innenstadt umgestaltet. 13 Bäume mit großen Kronen werden dort gepflanzt. Mehr Bäume sind auch in anderen Orten der Innenstadt geplant, sobald diese umgestaltet werden.

    "Eigentümer erhalten dann zudem das Angebot, eine Pflanzgrube für eine Fassadenbegrünung einzuplanen." Grünflächen und Kaltluftkorridore sollen gesichert und erweitert, Flächen entsiegelt werden. Dachbegrünung soll unter anderem für Neubauten in Gewerbegebieten vorgeschrieben werden. Wer privat Flächen entsiegelt und Pflanzen setzt, soll künftig eine Förderung bekommen.

    Kaufbeuren: Verdunstungsflächen schaffen

    In Kaufbeuren wird geplant, "Dutzende Bäume in die Innenstadt zu bringen sowie Brunnenanlagen auszubauen", heißt es bei der Stadt. Wichtig sei zudem, Verdunstungsflächen zu schaffen, etwa in Form von mehr Grün. "Man kann in fast jeder Situation Grünstrukturen ergänzen und sei es durch Fassadenbegrünung. In der historischen Altstadt allerdings stehen neue Bäume oftmals den Stellplätzen für Autos, der Nutzung als Marktplatz und Veranstaltungen im Weg. Hier sind kluge Analyse und Abwägung gefragt."

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