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Ulrich Tukur & Rhythmus Boys in Kempten: Es leuchten die Sterne

Schauspielstar und Tatort-Kommissar

Schabernack und Seemannsgarn: Ulrich Tukur brilliert in Kempten

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    Kann viel mehr als Tatort: Schauspielstar Ulrich Tukur ist auch ein feiner Pianist und Sänger.
    Kann viel mehr als Tatort: Schauspielstar Ulrich Tukur ist auch ein feiner Pianist und Sänger. Foto: Ralf Lienert

    Ulrich Tukur ist ein Mann mit vielen Gesichtern: Er ist Schauspielstar, Tatort-Kommissar, Sänger, Pianist und Autor. Dass er wohl auch ein prima Verkäufer wäre, zeigte er beim Konzert mit seinen „Rhythmus Boys“ im Stadttheater. Atemlos und augenzwinkernd brachte der 66-Jährige mit Seemannsgarn die 500 Zuhörerinnen und Zuhörer zum Schmunzeln und Kichern. Klingelte er als fahrender Händler an der Haustüre, würde man ihm alles abnehmen – Staubsauger, Bürsten, Handyhüllen, Komposteimer. Wahrscheinlich würde man ihm alles doppelt und dreifach abkaufen.

    „Es leuchten die Sterne“, heißt das Programm von Ulrich Tukur und seiner Band. Zu swingenden Big-Band-Klängen und unter Applaus stürmen sie zu Beginn ins Parkett des Theaters und zwängen sich händeschüttelnd durch die erste Reihe. Die nicht mehr ganz jungen „Boys“ entpuppen sich auf der Bühne als famose Tanzkapelle, die sich stilsicher und geschmeidig zwischen swingenden Evergreens und Schlagern von den 20er bis 50ern bewegt, während ihr Chef am Steinway-Flügel eleganten, perlenden Spielwitz zeigt.

    Kempten - Stadttheater - Theater in Kempten - Ulrich Tukur und die Rhythmus Boys
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    Schauspiel-Star Ulrich Tukur begeistert als Sänger und Pianist mit seinen Rhythmus Boys im Stadttheater Kempten.

    Für die längeren Ansagen verlässt Tukur seinen Pianistenplatz und zelebriert am Mikrofon stehend luziden Blödsinn. Dabei trifft Käpt’n Blaubär auf Monty Python und Helge Schneider. So berichtet Tukur, wie er einst 1925 Cole Porter traf, oder wie aus Gerald Müller, dem Sohn eines schwäbischen Getreidemüllers, im fernen Amerika Glenn Miller wurde, der dann in seinem Song „Tuxedo Junction“ die Posaunen „mit viel Wumms“ einsetzte („nicht so wie unser Bundeskanzler“). Dann geht es in den Teutoburger Wald, wo August Oetker die magische Backpulver-Kraft von Koprolithen (versteinerter Dinosaurier-Kot) entdeckte. Und im Sommer 1936 liebten sich am Strand von Malaga eine „Kapitalistenschnepfe und ein Kommunistenbengel“, was prompt den spanischen Bürgerkrieg auslöste. Und noch etwas Hanebüchenes: Seefahrer Kolumbus – „die Älteren unter Ihnen werden sich noch an ihn erinnern!“ – fand bei einer seiner Reisen im Schwarzen Meer den Ausgang nicht mehr, fuhr die Donau und die Iller hinauf und gründete Kempten. Ach, wenn Fake-News immer so sympathisch-süffisant daherkämen! Tukur verliert nie die Contenance oder den Faden – auch wenn er damit kokettiert. „Ich hab mich im Dickicht meiner Gedanken verloren“, sagt er, oder „Wo bin ich?“ mit Blick auf seine „Boys“, die ihn dann wieder mit einem Stichwort zurückbringen – auf die irrwitzige Ansagespur.

    Am Ende wird's flippig mit "Let's spend the night together" von den Rolling Stones

    Musikalisch geht es von Cole Porters „Let’s misbehave“ und Irving Berlins „Puttin’ on the Ritz“ (inklusive Putin-Verweis) über den Revue-Klassiker „Es leuchten die Sterne“ bis zum Hippie-Song „Dream a little dream of me“. Immer wieder schunkelt der spindeldürre, 2,08 Meter große Günter Märtens mit seinem Kontrabass und legt mal mit dem vier Kopf kleineren Schlagzeuger Kalle Mews ein innig-akrobatisches Tänzchen hin. Am Ende wird es flippig: Bei „Let’s spend the night together“ gibt Märtens Mick Jagger. Gitarrist Ulrich Mayer – mit Pomadenlocke und Hornbrille – holt sich an der Rampe mit einem staubtrockenen Jimi-Hendrix-Solo Applaus ab.

    Bei "La Paloma" greift Ulrich Tukur zum Akkordeon

    Dann geht das Licht aus: Tukur (am Akkordeon) und seine „Rhythmus Boys“ zaubern Hafenatmosphäre ins Stadttheater – das Wasser plätschert, Taue knarzen, Möwen kreischen. Und dann erklingt die Melodie von „La Paloma“ – und Hans Albers ist weit weg. Herrlich.

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