Überall in Deutschland gibt es merkwürdige Ortsnamen. Das Allgäu ist da keine Ausnahme: Auch unsere Region hat einige Namens-Kuriositäten zu bieten. Im zweiten Teil unserer Reihe haben wir sieben Stück zusammengetragen und erklären, woher die teils absurden Namen stammen. Teil 1 lesen Sie hier.
Ganz schön schlüpfrig - oder etwa doch nicht?
Sack: Ein Ausflug zur Hängebrücke am Sack? Klingt im ersten Moment komisch, ist aber im Unterallgäu möglich. Der kleine Weiler Sack gehört zur Gemeinde Legau und lädt zu einem Spaziergang an der Iller ein. Laut der Kommission für bayerische Landesgeschichte (KbL) ist die Siedlung "im Sack" seit 1808 nachweisbar, vermerkt in einem historischen Atlas. Den kürzeren Namen trägt das Örtchen erst seit 1964.
Der Orts - und Flurname Sack, den es in Deutschland vielfach gibt, geht wohl auf die Form des Geländes zurück. Wohnstätten an abgeschlossenen Landteilen ohne Ausgang oder auch an Landzungen wurden früher als Sack oder Beutel bezeichnet. Ein noch heute gebräuchlicher Straßenname erinnert daran: die Sackgasse - ein Weg, der nicht weiterführt.
Loch: Löcher gibt es im Allgäu so einige, wie ein Blick auf die Webseite der KbL zeigt: Ein Loch gehört zur Gemeinde Legau im Unterallgäu, ein anderes Loch zur Gemeinde Waltenhofen im Oberallgäu. Ein weiteres Loch liegt in Kempten und noch eines im Ostallgäu, gehörig zum Markt Irsee (was gleichsam ein kurioser Name ist - siehe unten) und erstmals 1368 erwähnt.
Die Häufigkeit und Herkunft des Namens ist einigermaßen schlüssig: Loch war ein gängiger Flurname für Ansiedlungen, die sich in einer Geländevertiefung befanden. Er bezeichnet aber auch Siedlungen in der Nähe eines Waldes, eines Hains, eines Sumpfes oder eines anderen Feuchtgebietes.
Ampo: Liegt nahe Legau etwa der so oft benannte "Arsch der Welt"? Gut, Ampo befindet sich wirklich ein wenig außerhalb, aber das wäre dennoch ziemlich gemein gegenüber dem kleinen Weiler im Unterallgäu. Laut KbL findet er immerhin bereits 1152 seine erste Erwähnung - wenngleich unter seinem früheren Namen "Mampen".
Der wiederum soll auf den Personennamen "Manpe" zurückgehen. Die längere Version "beim Manpe" verwässerte immer mehr zur Kurzform "Mampen". Ein Pfarrer, der offensichtlich dort wohnte, ist 1450 in einer Urkunde als Hermann zum "Ampen" vermerkt, dass sich über "Amppun" schlussendlich zu "Ampo" entwickelte. Der Name ist ungefähr seit dem Jahr 1525 geläufig und wurde vom Stift Kempten persönlich verliehen.
Busenhaus: Lässt man den Blick etwas über die Grenzen des Allgäus hinaus schweifen, entdeckt man im angrenzenden Baden-Württemberg den Weiler Busenhaus. Er gehört zur Ortschaft Langnau und damit zur Stadt Tettnang im Bodenseekreis. Über die Herkunft des Namens gibt es verschiedene Theorien, wie der ehemalige Langnauer Ortsvorsteher Manfred Ehrle 2014 in einem Interview mit dem SWR und der Schwäbischen Zeitung verriet.
Nach einer Recherche im Archiv hält er es für wahrscheinlich, dass sich der Namensbestandteil "Busen" nicht auf die weibliche Oberweite bezieht, sondern auf das Büßen. Dafür spricht, dass die Ländereien von Busenhaus früher zum Kloster Langnau gehörten. In Busenhaus könnte also ein Gebäude oder Gehöft gestanden haben, in dem beispielsweise Mönche Buße tun mussten. Abschließend klären lässt sich die Frage nach der Namensherkunft aber nicht.
Lustig, clever und unbeliebt
Witzigmänn: Bitte nicht lachen: Im bayerisch-schwäbischen Landkreis Lindau gibt es einen Gemeindeteil von Sigmarszell, der auf den munteren Namen Witzigmänn hört. Heinrich Löffler, ein Sprachwissenschaftler aus der Schweiz, gibt an, dass der Ort im Jahr 1344 erstmals urkundlich erwähnt wurde - unter dem Namen "Willer". 1494 trat der Ort unter der Bezeichnung "Witzigmänhof" auf.
Der heutige Ortsname ist seit 1620 geläufig und geht wohl auf eine Familie mit dem Namen Witzigmann zurück. Der Wortbestandteil "Witzig" bezog sich im Mittelhochdeutschen aber weniger auf die Lustigkeit, sondern auf die Intelligenz: Die Familie - oder zumindest das Familienoberhaupt - scheint wohl besonders "gewitzt" gewesen zu sein.
Niemandsfreund: In der Nähe von Amtzell - dem "westlichen Tor zum Allgäu" - liegt der kleine Weiler Niemandsfreund. Die älteste urkundliche Erwähnung des Ortes stammt aus dem 16. Jahrhundert, damals unter den Namen "Niemandsfreindthof".
Walther Schmid, ehemaliger Bürgermeister von Amtzell, hat zwei Theorien für den Ortsnamen. Die erste bezieht sich auf eine Sage: Ein Edelmann soll durch die Ländereien geritten sein und die Bevölkerung nach dem Weg gefragt haben. Die Antworten, die er bekam, waren jedoch alle ziemlich unfreundlich und harsch. Die zweite Theorie hält Schmid für realistischer: Weil die Landschaft im Gebiet sehr unwirtlich und sehr trocken war, gestaltete sich das Leben und Arbeiten für die ansässigen Bauern schwierig. Sie mussten häufig häufig Wasser im benachbarten Amtzell holen und sich vor starkem Wind schützen. Der Ort war also wirklich kein Freund der hier beheimateten Menschen.
Ein See voller Irrer?
Irsee: Irre geht es an einigen Flecken im Allgäu zu. Dass der Name des Marktes mit rund 1500 Einwohnern in der Nähe von Kaufbeuren im Ostallgäu damit (leider) nichts zu tun hat, zeigt schon das fehlende zweite r. Es gibt zwar tatsächlich einen Irrsee - der liegt aber in Österreich.
Die Kommission für bayerische Landesgeschichte zeigt auf ihrer Webseite die lange Geschichte des Namens Irsee: 1063 ist die Rede von einem Geistlichen namens Ruprecht von Ursina. Ursina bedeutet wörtlich übersetzt wohl "Landgut des Ursus", was auf das Haus einer Person oder aber auf das Habitat eines Bären - lateinisch ursus - schließen lässt. Über die Jahre wandelte sich Ursina über Ursinun, Ursin, Ürsin, Yrsee und Irrsee schlussendlich im Jahr 1667 zu Irsee.
Weitere verrückte Ortsnamen aus dem Allgäu gefällig? Teil 1 unserer Reihe lesen Sie hier.
Sie kennen weitere kuriose Ortsnamen aus dem Allgäu? Schreiben Sie uns gerne eine Mail an digitalteam@azv.de - dann können wir die Liste ergänzen.