Ein Herzensprojekt der Memminger Intendantin Kathrin Mädler startet am Samstag mit einer (ausverkauften) Premiere: Das Junge Landestheater Schwaben. Damit begründet das LTS nicht nur eine eigene Sparte für Kinder und Jugendliche, sondern nimmt zugleich eine neue Spielstätte am Schweizerberg in Betrieb, ein paar hundert Meter vom Haupthaus entfernt. Die Spartenleitung übernimmt Theaterpädagogin Claudia Hoyer.
Theaterlandschaft im Allgäu wächst um ein wichtiges Angebot für das Publikum von morgen
Damit wächst die Allgäuer Theaterlandschaft um ein wichtiges Angebot für das Publikum von morgen. Los geht es mit der Uraufführung der Stückentwicklung „Die beste Kuh der Welt“ von Angelika Schlaghecken für die jüngsten Zuschauer ab drei Jahren. Schlaghecken inszeniert das Einpersonenstück selbst mit der Schauspielerin Agnes Decker – und schwärmt bereits vom neuen Haus: „Hier wurde ein wunderbarer Raum für den Einstieg ins Theater geschaffen. Es macht total Spaß, auf dieser Bühne zu arbeiten.“
Uraufführung: Die Hochleistungskuh Nr. 732 träumt von einem richtigen Namen und einem Leben in Freiheit
Besonders freut sie, dass in der schwierigen Corona-Zeit, in der Kinder- und Jugendtheater eher von der Schließung bedroht sind, in Memmingen genau das Gegenteil gewagt wird. Ihre Grundidee zur „besten Kuh der Welt“ hat sogar erst auf dieser Bühne richtig Form angenommen. Die Figuren und der Text wurden nämlich in der Probenphase zusammen mit Schauspielerin Decker zu Ende entwickelt. Dabei geht es um die Hochleistungskuh Nr. 732, die von einem richtigen Namen und einem Leben in Freiheit träumt. Schließlich gelingt ihr sogar die Flucht, die dank neuer Freunde natürlich gut endet.

Das Bewusstsein für Nutztiere, denen es oft nicht so gut geht wie Haustieren, will Schlaghecken mit ihrem Stück bei den kleinen Kindern wecken, die vielleicht noch nie einen Stall von innen gesehen haben. Dabei inszeniert sie die erzählende Geschichte auch nicht anders, als sie es für Erwachsene tun würde, also auf Augenhöhe statt belehrend. Der Unterschied liege nur darin, dass der Text einfacher gehalten ist – und dass man in den Vorstellungen mit unmittelbaren Reaktionen auf das Geschehen rechnen müsse.
"Die beste Kuh der Welt": Kindergartenkinder schauen bei der Probe vorbei.
Ein paar Kindergartenkinder durften schon Proben besuchen, ein besonderer Tag auch für Claudia Hoyer. „Das Haus ist wie ein Organismus, der jetzt anfängt zu atmen“, beschreibt sie die Tage kurz vor der Eröffnung und nach dem anstrengenden Umbau, den die Werkstätten des Landestheaters selbst gestemmt haben. Die Handwerker haben neue Böden verlegt, die zwei Ebenen im Foyer zu einer umgebaut, Möbel geschreinert, gestrichen und die Veranstaltungstechnik erneuert. Jetzt geht es darum, nach und nach alle Altersklassen ins Haus zu holen, Hemmschwellen abzubauen, neue Angebote und Formate auszutesten, auch mal gemeinsame Projekte mit anderen Institutionen zu entwickeln.
Leiterin Claudia Hoyer: „Wir wollen kein Kulturtempel nur für ein bestimmtes Publikum sein!“
„Wir wollen kein Kulturtempel nur für ein bestimmtes Publikum sein“, betont Hoyer. Sie will mit ihrem Team das Junge Landestheater als lebendigen Kommunikationsraum gestalten, in dem man nicht nur zuschauen, sondern auch selbst aktiv werden kann. Sei es im Gespräch mit den Schauspielern („solche coolen Begegnungen sind gerade für Jugendliche sehr wichtig“), in Workshops oder in einem der Spielclubs, die jetzt vom Theaterplatz an den Schweizerberg ziehen.
Stücke für die Kleinsten ab Kindergartenalter, für Grundschülerinnen und -schüler, für Zehn- bis 14-Jährige und Jugendliche ab 14.
Wenn das Junge Landestheater Schwaben ab der Spielzeit 2023/24 komplett aufgebaut ist, bietet es mindestens je zwei Stücke für die Kleinsten ab Kindergartenalter, für Grundschülerinnen und -schüler (sechs bis zehn Jahre), für Zehn- bis 14-Jährige und Jugendliche ab 14. Ein Teil davon sind Produktionen, die nach und nach ins Repertoire aufgenommen werden. „Das Tolle bei uns ist ja, dass das Klientel nachwächst“, sagt Hoyer. „Wenn eine siebte Klasse drin war, kommt im nächsten Jahr wieder eine neue.“
Infos rund um das „Junge Landestheater Schwaben“:
- Aufbau: Die neue Sparte „Junges Landestheater Schwaben“ soll in einem Aufbauprozess über drei Jahre im ehemaligen Theater am Schweizerberg wachsen. Das Gebäude, das in Besitz der Stadt Memmingen ist, war 20 Jahre lang Studiobühne des Landestheaters Schwaben (LTS) und bis 2017 Standort der Kulturwerkstatt Memmingen. Seitdem stand es leer.
- Team: Die Leitung hat Theaterpädagogin Claudia Hoyer, die seit 2010 am LTS ist. Stufenweise entstehen acht neue Stellen (eine Spartenleitung, drei Schauspieler, eine Regie-/Produktions-/Dramaturgie-Assistenz, zwei Techniker, eine Ausstatterin).
- Finanzierung: Grundstock für die Finanzierung der Sparte sind 75.000 Euro, die das LTS für den „Theaterpreis des Bundes 2019“ erhält. Der Finanzierungsplan steigert sich stufenweise von knapp 40.000 Euro im ersten Jahr bis zu 250.000 Euro, die der Zweckverband des LTS und der Freistaat Bayern ab 2024 zusätzlich pro Jahr aufbringen. 55 Prozent davon trägt der Zweckverband mit den Hauptgeldgebern Bezirk Schwaben und Stadt Memmingen.
- Programm: In dieser Spielzeit sind zwei neue Produktionen und Wiederaufnahmen zu sehen; auch im zweiten Jahr sind zwei Neuinszenierungen geplant. Ab 2023/24 sollen pro Saison drei Neuproduktionen zum Repertoire für alle Altersstufen dazukommen. Ein Kleintransporter bringt die Stücke in die Gastspielorte. Das theaterpädagogische Angebot wird ausgebaut.
- Vorschau: „Die beste Kuh der Welt“ ist wieder zu sehen am 3. April und 1. Mai, jeweils 15 Uhr. Nächste Premiere (Uraufführung): „Als die Bohne Achterbahn fuhr“ (ab acht Jahren), Samstag, 5. Februar, 15 Uhr. Karten unter Telefon 08331/94 59 16 oder www.landestheater-schwaben.de