Lawinenlage im Allgäu

Zum Wochenstart erhebliche Lawinengefahr in den Allgäuer und Tiroler Alpen

Typisch nach Neuschneefällen: Die Gefahr von Schneebrettlawinen steigt. Unser Archivbild zeigt eine Skitour in der Hörnergruppe.

Typisch nach Neuschneefällen: Die Gefahr von Schneebrettlawinen steigt. Unser Archivbild zeigt eine Skitour in der Hörnergruppe.

Bild: Kristian Rath

Typisch nach Neuschneefällen: Die Gefahr von Schneebrettlawinen steigt. Unser Archivbild zeigt eine Skitour in der Hörnergruppe.

Bild: Kristian Rath

In den Bergen hat es bei Sturm geschneit, der Wind ist damit wieder einmal der Baumeister der Lawinen. Die Warndienste haben vor allem Triebschnee im Bliick
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Von Redaktion Allgäuer Zeitung
26.03.2023 | Stand: 22:02 Uhr

Kaum ein Schneefall in diesem Winter in den Bergen ohne Sturm: Wegen Neuschnee und Triebschneeansammlungen hat der Lawinenwarndienst Bayern oberhalb der Waldgrenze nun die Stufe 3 für die Allgäuer und Ammergauer Alpen ausgerufen (unterghalb Stufe 2). Im Tirol gilt die Warnstufe 3 ab 2000 Metern (darunter Stufe 1)

Lawinengefahr aktuell: Neu- und Triebschnee sind die Hauptgefahr

Das Hauptproblem ist Neuschnee. Dieser kann bereits vom einzelnen Wintersportler als Schneebrettlawine ausgelöst werden oder sich im felsigen Steilgelände als Lockerschneelawine von selbst lösen. so der Bayerische Lawinenwarndienst.

Der Tiroler Warndienst warnt ebenfalls: "Mit Neuschnee und zunehmend stürmischem Wind aus nordwestlichen Richtungen entstehen störanfällige Triebschneeansammlungen". Ab Montagmorgen wachsen die zuvor kleinen Triebschneeansammlungen deutlich an. "Die Gefahrenstellen liegen an Steilhängen aller Expositionen oberhalb von rund 2000 m sowie in Rinnen, Mulden und hinter Geländekanten", heißt es.

(Stand 11.3., 18 Uhr).

Tipps zur Lawinensituation: Welchen Lagebericht sollten Tourengeher fürs Allgäu checken?

Für die Allgäuer Alpen ist der Lagebericht des Lawinenwarndienst Bayern ausschlaggebend. Nützliche Infos bietet aber auch der Bericht des Tiroler Lawinenwarndienstes. Er ist besonders ausführlich und bietet mit Blogbeiträgen Analysen zu aktuellen Lawinenereignissen – meist mit Bildern. Oft herrschen im österreichischen Lechtal recht ähnliche Bedingungen wie in den Hochlagen der Allgäuer Alpen – also am besten beide Lageberichte checken. Wer das Kleinwalsertal als Skitourenziel hat, sollte beim Vorarlberger Lawinenwarndienst nachsehen.

Lawinenlagebericht für das Allgäu: Was die Gefahrenstufen bedeuten

Eine der wichtigsten Orientierungshilfen zur Beurteilung der Lawinenlage ist die Gefahrenstufe. Diese wird von 1 (gering), 2 (mäßig), 3 (erheblich), 4 (groß) bis 5 (sehr groß) im Lawinenlagebericht ausgegeben. Weil die Stufe 5 für Skitouren irrelevant und die Stufe 1 in höheren Lagen auch eher die Ausnahme ist, gibt es eine Gefahr: Bei 3 (erheblich) passieren viele schwere Lawinenunglücke, weil die Stufe von unerfahrenen Skitourengehern auf der 5-teiligen Skala oft als vermeintlich nicht so gefährlicher Mittelwert gesehen wird. Die Opferzahlen sprechen aber eine andere Sprache: Rund 60 Prozent der Lawinentoten sind bei Stufe 3 verunglückt, bei Stufe 4 sind es lediglich 9 Prozent.

Bei Stufe 3 kann durch nur geringe Zusatzbelastung eine Lawine ausgelöst werden. Sie ist in etwa während einem Drittel der Tourensaison ausgegeben und erfordert eine defensive Tourenplanung und viel Erfahrung.

Lawinengefahr im Allgäu: Wodurch entstehen die Gefahren?

Offensichtlichster Grund für einen Anstieg der Lawinengefahr ist Neuschnee. Meist ist am Tag nach den Schneefällen die Situation kritisch. Bei normalen Bedingungen liegt die kritische Neuschneemenge bei 20 bis 30 cm.

Doch es gibt weitere Faktoren. Den Wind bezeichnen Lawinenkundler als „Baumeister der Lawinen“. Schneeverfrachtungen können als Lawinen abgehen, vor allem in Kammlagen sind beispielsweise Wechten Warnzeichen. Im Lee (also hinter dem abgewehten Rücken) sammeln sich durch Verwehungen oft Triebschneepakete, die sehr störanfällig sein können.

Ein Gefahrenfaktor, der oft unterschätzt wird ist die Temperatur. Sonneneinstrahlung und die tageszeitliche Erwärmung lassen die Schneedecke durchfeuchten, sie verliert an Festigkeit. Folge sind besonders im Frühjahr und bei Wärmeeinbrüchen Nassschneelawinen.

Es gibt aber auch Gefahren, die weniger offensichtlich sind: Labile Schichten in der Schneedecke oder eingeschlossener Graupel, der für den darüber liegenden Schnee wie ein Kugellager wirken kann. Über die wesentlichen Gefahrenmuster können sich Skitourengeher hier informieren.

Welchen Einfluss hat die Hangneigung auf die Lawinengefahr?

Ab rund 30 Grad Hangneigung sind Lawinenabgänge möglich. Grob gesagt: Je steiler ein Hang ist, desto höher auch die Gefahr. Bei Warnstufe 2 ist eine Steilheit bis zu 40 Grad relativ sicher, bei Warnstufe 3 sind es 35 Grad. Bei Stufe 4 sollten es nicht mehr als 30 Grad sein. Bei Stufe 3 gibt es also mehr kritische Hänge, als bei Stufe zwei und bei Stufe 4 mehr als bei Stufe 3. In welcher Höhenlage und Exposition es gefährlich wird, kann man dem Text in den aktuellen Lageberichten lesen.

Grundsätzlich ist es also auch möglich, bei Lawinenwarnstufe 4 eine Skitour zu unternehmen. Doch 30 Grad Steilheit wird bei den entsprechenden Schneemengen kaum mehr eine lohnende Abfahrt möglich machen – weil eben der tiefe Schnee zu sehr bremst.

Was man bei Skitouren in der Region beachten sollte

Während es in den Allgäuer Vorbergen, wie der Hörnergruppe zahlreiche leichte, anfängertaugliche Skitouren gibt, stellen die Allgäuer Hochalpen und die Lechtaler Alpen ein anspruchsvolles Tourengelände dar. Besonders am Allgäuer Hauptkamm und im Lechtal gibt es steile Zustiege und exponierte Passagen, die dem Skitourengeher einiges an Erfahrung abverlangen – sowohl beim Aufstieg als auch bei der Abfahrt. Im Skitourenführer Allgäu von Autor Kristian Rath (Panico Verlag) sind fast alle Touren in der Region ausführlich beschrieben – samt besonderen Schwierigkeiten und Hinweisen zur Lawinengefahr. Online gibt es einige Portale, die gut recherchierte Tourenbeschreibungen anbieten, zum Beispiel Tourentipp.com oder Outdooractive (teils mit Bezahlinhalten).

Für weniger erfahrene Tourengänger gibt es aber recht risikoarme und einfache Optionen. Einige haben wir hier zusammengestellt.

Vor allem sollten Tourengeher eine Skitour auswählen, die zur aktuellen Gefahrenlage passt. Hat es beispielsweise in nordöstlichen Lagen Triebschnee, dann sollten diese Expositionen gemieden werden. Ist ein schneller Temperaturanstieg vorausgesagt, bieten sich nördlich ausgerichtete Touren an. Ist viel Neuschnee gefallen, am besten genau auf die Hangneigung achten. Die richtig ausgewählte Tour senkt das Lawinenrisiko erheblich.

Welche Ausrüstung sollten Tourengeher bei Skitouren dabei haben?

An erster Stelle ein Verschütteten-Suchgerät (oft auch kurz nur LVS oder Pieps genannt), dazu eine Lawinenschaufel und Sonde. Ein Rucksack mit Lawinenairbag kann eine Verschüttung verhindern, sollte aber nicht zu mehr Risiko verleiten. Mit dabei sein müssen Kartenmaterial (auf dem Smartphone oder als normale Karte), sinnvoll sind Helm, Biwacksack und ein Erste-Hilfe-Set. Bei anspruchsvollen Touren gehören Harsch- und Steigeisen in den Rucksack.

Lesen Sie auch: Wenn abends die Raupen ausrücken sind Skitouren auf Skipisten tabu. An einigen Abenden können Tourengänger aber in den Skigebieten auf Pistentour gehen.