Andrea Hieber befasst sich schon seit Längeren damit, was sie isst und wo die Produkte herkommen. Dabei hat sie schnell gemerkt, woran es oft fehlt: Transparenz. Über eine Fernsehsendung ist sie auf das Konzept „Marktschwärmer“ aufmerksam geworden, eine Art digitalen Wochenmarkt. Jetzt will die 47-Jährige selbst eine sogenannte „Schwärmerei“ im Unterallgäuer Ottobeuren eröffnen – einfach ist das allerdings nicht.
Bei dem Konzept handelt es sich um eine Kombination aus Online-Shop und Bauernmarkt. Die Erzeuger und Erzeugerinnen regionaler Lebensmittel und anderer Produkte bieten ihre Waren auf einer Online- Plattform an, die Kunden bestellen und bezahlen über das Internet. Einmal in der Woche gibt es dann einen Markt in der Nachbarschaft, auf dem die Verbraucher ihre Einkäufe abholen. In der Regel sind ein oder mehrere Erzeuger vor Ort und können Fragen beantworten. Entscheidend für das Ganze ist ein sogenannter Gastgeber, der die Räumlichkeiten für den Markt organisiert, sich auf die Suche nach Landwirten macht und als Ansprechpartner fungiert. Andrea Hieber möchte eine solche Gastgeberin werden: „Mir gefällt die Mischung aus bequemer Bestellung und direktem Kontakt zueinander.“
Knapp 150 Schwärmereien gibt es im deutschlandweit
Im Mai hat die 47-Jährige mit dem Aufbau der „Schwärmerei“ in Ottobeuren begonnen. „Da gibt es schon einige Hürden zu bewältigen“, sagt die Unterallgäuerin. Die Erzeuger seien oft ausgelastet und es fehle an Personal, das Zeit für einen zusätzlichen Verkauf hat. Dennoch ist sie von dem Konzept überzeugt: „Die Verbraucher müssen nicht lange durch die Gegend fahren und verschiedene Hofläden aufsuchen. Und die Erzeuger bringen nur das mit auf den Markt, was sie bereits verkauft haben. Es verdirbt also nichts.“
Nach Angaben des „Marktschwärmer“-Netzwerks mit Sitz in Berlin gab es in Deutschland im August knapp 150 „Schwärmereien“ – eine davon im Allgäu. Die Einrichtung in Mindelheim schließt demnächst allerdings ihre Pforten – „mit zwei weinenden Augen“, sagt Gastgeberin Marion Fiene. Sie hatte den Markt mit viel Herzblut aufgebaut, die Nachfrage habe sich aber in Grenzen gehalten, zudem sei ein wichtiger Erzeuger abgesprungen.
Regiomaten und Hofläden als Konkurrenz
Das geografisch nächste Angebot befindet sich in Landsberg. Dort arbeitet Gastgeberin Sabine Klaumünzer mit 15 Erzeugerinnen und Erzeugern zusammen. Die Palette reicht von Gemüse über Backwaren, Fleisch, Eier, Käse und Fisch bis hin zu Bier. Bestellen können die Verbraucher jede Woche bis Dienstagnacht, am Donnerstag erfolgt dann die Ausgabe. „Einen Ort für den Markt zu finden war das schwerste“, sagt Klaumünzer. Auch die Suche nach Erzeugern habe viel Zeit gekostet.
Einer von denen, die mitmachen, ist Stefan Conrad. Er betreibt in Mauerstetten (Kreis Ostallgäu) eine Imkerei im Nebenerwerb und beliefert die „Marktschwärmerei“ in Landsberg mit Honig-Produkten. Der 54-Jährige kann sich vorstellen, künftig auch in Ottobeuren dabei zu sein. Dass das in seinen Augen spannende Konzept im Allgäu Anlaufschwierigkeiten hat, weiß aber auch Conrad. Genau wie Hieber vermutet er, dass das an den vielen Hofläden und Wochenmärkten liegt, die es in der Region bereits gibt. Laut Ramona Riederer von der Allgäu GmbH steigt aktuell vor allem die Zahl an sogenannten Regiomaten rasant. Etwa 70 der Automaten gebe es derzeit im Allgäu, die Käufer erhalten dort auf Knopfdruck beispielsweise Milch, Käse oder Fleisch.
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