Es sind Vorfälle, die in einer Katastrophe enden können. Seit gut drei Monaten entdecken immer wieder Autofahrer in Schwaben, dass an den Rädern ihrer Autos die Radmuttern gelockert sind. In Donauwörth wurde bei Polizei jetzt sogar eine eigene Ermittlungsgruppe eingerichtet, nachdem sich die Fälle im Raum Buchdorf, Harburg und Donauwörth häuften. Aber auch im Allgäu kam es in den vergangenen Wochen zu solchen Vorfällen.
Beispiele aus den Polizeiberichten der jüngsten Zeit:
16./17. Juni: Eine 36-jährige Frau ist mit ihrem Wagen bei Kirchhaslach (Landkreis Unterallgäu) unterwegs, als sich plötzlich ein Rad löst. Am Auto entsteht bei dem Unfall ein Schaden von etwa 5000 Euro. Die Polizei geht davon aus, dass die Radmuttern möglicherweise von einem Unbekannten gelöst wurden.
15. Juni: Ein Unbekannter lockert innerhalb kurzer Zeit gleich zweimal die Radmuttern am Wagen eines Mannes aus Illertissen. Dem Betroffenen fällt das erst während der Fahrt auf. Er kann das Auto aber ohne Unfall zum Stehen bringen.
9./10. Juni: Ein Unbekannter lockert an einem in der Wiesenstraße in Memmingerberg abgestellten Auto diverse Radmuttern, berichtet die Polizei.
9./10. Juni: Im Ostallgäuer Eurishofen werden die Radmuttern eines abgestellten Autos gelockert. Ein technischer Defekt scheidet laut Polizei aus. Es sei davon auszugehen, dass sich der Täter bewusst am Auto einer 27-Jährigen zu schaffen machte. Er lockerte an den beiden Vorderreifen jeweils mehrere Schrauben. Eine Schraube entwendete er.
8./.9 Juni: An einem Suzuki, der der auf einem Firmenparkplatz in Rudelstetten (Donau-Ries) abgestellt ist, werden drei Radmuttern gelöst.
26./27. Mai: Als ein Mann mit seinem VW-Bus losfährt, der an der Barbara-Hackl-Straße in Kempten abgestellt war, bemerkt er seltsame Geräusche - und stellt fest: die Radmuttern sind mutmaßlich von Unbekannten gelockert worden.
20./21. Mai: Unbekannte lockern an einem schwarzen Opel, der in Ziertheim (Kreis Dillingen) geparkt ist, vorne links die Radmuttern. Nachdem die Autobesitzer die Muttern wieder nachziehen, macht sich der Unbekannte in der Nacht vom 22. auf 23. Mai erneut am Opel zu schaffen und lockerte die Muttern am selben Rad, so die Polizei.
Mitte Mai: Eine Augsburgerin ist mit ihrem Wagen auf der B2 Richtung Donauwörth unterwegs, als sie bei Tempo 120 plötzlich laute Geräusche hört. Sie stoppt und verständigt den ADAC. Der stellt fest: Alle acht vorderen Radschrauben am Wagen waren gelockert worden.
9./10. Mai: Ein unbekannter Täter lockert an einem geparkten Fiat Multipla in Dillingen die Radmuttern. Der Autofahrer bemerkt das lockere Vorderrad während der Fahrt und erstattet Anzeige bei der Dillinger Polizei.
1./5. Mai: Im Zeitraum zwischen 1. und 5. Mai lockert ein Unbekannter an zwei Fahrzeugen in Illertissen die Radmuttern.
22. April: Ein Mann aus Monheim (Donau-Ries) ist auf der B2 bei Kaisheim unterwegs, als sich bei Tempo 100 das linke Vorderrad löst und abfällt. Der Pkw prallt mit der linken Fahrzeugfront auf den Asphalt und schlittert dort weiter. Der Fahrer kann den Wagen am rechten Fahrbahnrand zum Stehen bringen. Die Donauwörther Polizei geht davon aus, dass eine bislang unbekannte Person die Radmuttern gelockert hatte.
Allein beim Polizeipräsidium Schwaben Süd/West in Kempten sind im laufenden Jahr 22 Vorfälle mit lockeren oder gelockerten Radschrauben aktenkundig geworden. Etliche weitere Fälle gibt es im Bereich des Polizeipräsidiums Schwaben Nord in Augsburg.
Aber sind das wirklich alles kriminelle Anschläge auf Autofahrer? Stecken womöglich Serientäter dahinter? Oder lösen sich die Muttern in vielen Fällen von selbst?
Die Beamten bei der Polizei in Donauwörth schließen momentan jedenfalls nichts aus. Hinter den Anschlägen im Raum Buchdorf zumindest könnte ein Serientäter stecken, heißt es. "Es ist eine gewisse Handschrift erkennbar", sagt Stephan Roßmanith, Sprecher der Inspektion. "Der Täter will, dass es zu einem Unfall kommt", folgert der Beamte daraus im Gespräch mit der Augsburger Allgemeinen.
Bis zu zehn Jahre Freiheitsstrafe möglich
Beim Polizeipräsidium in Kempten hat man die Vorfälle ebenfalls genau im Blick - und differenziert: "In vier der 22 Fälle in unserem Zuständigkeitsbereich sind Anhaltspunkte für eine Fremdeinwirkung gegeben", sagt Sprecher Dominic Geißler. "In weiteren vier Fällen kann eine Fremdeinwirkung nicht ausgeschlossen werden." In den restlichen 15 Fällen hätten sich die Muttern am vorderen linken Rad der Fahrzeuge offenbar "ohne Hinweis auf Fremdeinwirkung" gelockert.
Da die Beanspruchung konstruktionsbedingt am linken Vorderrad am größten sei, gehe die Polizei bei den 15 Fällen also von einer technischen Ursache aus, berichtet Geißler.
In anderen Fällen laufen die Ermittlungen weiter - wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr. Und das ist alles andere als ein Kavaliersdelikt. Wer an einem Wagen die Radmuttern lockert, um einen Unfall herbeizuführen, muss mit bis zu zehn Jahren Gefängnis rechnen.