Beim Viehscheid in Apfeltrang 2022 kommen 45 Schumpen von der Alpe Schroffenstein ins Tal.
Bild: Stephan Michalik
Beim Viehscheid in Apfeltrang 2022 kommen 45 Schumpen von der Alpe Schroffenstein ins Tal.
Bild: Stephan Michalik
"Uns hat es schon alle wieder gebitzelt", sagt Markus Stich. Der Hirte der Alpe Schroffenstein blickt stolz auf die 45 Jungrinder, die er den Alpsommer über gehütet hat. Sieben Landwirte hatten ihm sein Vieh anvertraut - offensichtlich zurecht.
"Keine Verletzten", meldet Stich und auch mit Dürre hatten der Apfeltranger und das Vieh kaum zu kämpfen. Demnach geht es an diesem Sonntagvormittag mit einem Kranzrind zurück ins etwa 45 Meter tiefer gelegene Tal - verbunden endlich auch wieder mit einem Viehscheid-Fest. Zwei Jahre musste die Feier mit Festzelt vor dem Landgasthof Hubertus wegen der Corona-Pandemie pausieren.
"Heuer ist die Motivation besonders groß", sagt Michael Stich. Stich Senior ist Vater von Hirte Markus und der Ehrenvorsitzende der Apfeltranger Weidegenossenschaft. "Schon am Freitagvormittag kamen knapp 15 Helfer zum Aufbauen... und blieben bis in den Abend", erzählt der 70-Jährige und grinst. Ohnehin geht es beim Viehscheid in Apfeltrang familiär zu. Die Söhne von Hirte Markus treiben die Tiere auf der Weide zusammen, die Schwiegertochter von Michael Stich verkauft nahe dem Festzelt Currywurst, Leberkäse und Pommes. "Beim Viehscheid hilft das ganze Dorf zusammen", freut sich Stich Senior. Insgesamt seien es an die 40 Freiwillige, die sich um Zeltaufbau, Absperrung, Verkauf und - freilich - um den Alpabtrieb selbst kümmern.
Unterdessen ist von großer Viehscheid-Aufregung auf der Alpe Schroffenstein wenig zu spüren. Routiniert sammeln die Helfer die Jungrinder auf der Weide und treiben es gegen 11 Uhr mit lautem Schellengeläut über den Schroffensteinweg in Richtung Dorfmitte. Einzig das Kranzrind muss sich noch an sein hübsches Gebinde, extra angefertigt von Markus Stichs Ehefrau Anita, gewöhnen. Mit kräftigen Armen bringt der Hirte den Schumpen auf den richtigen Weg - einmal quer durch die Ortschaft und auf der Hauptstraße wieder zurück. Und das auch noch bei ordentlichem Wetter. Regnete es am Morgen noch heftig, spitzelt während des Viehscheids sogar die Sonne hinter den Wolken vor.
Bestaunt wird der Tross dabei von rund 500 Zuschauern. Die Smartphones am Anschlag reihen sich die Besucher am Wegesrand, viele Kinder freuen auch über die Ziegen, die sich dem Viehscheid am Ortseingang angeschlossen haben. Die meisten Gäste kommen aus dem näheren Umland, doch auch Alpabtrieb-Neulinge sind dabei. Gisela und Horst Ellrich-Neugebaur aus Sachsen zum Beispiel. Sie besuchen gerade ihre Tochter in Memmingen und sind "richtig begeistert", vom Apfeltranger Viehscheid. "So etwas habe ich noch nie gesehen, das kann ich nur weiterempfehlen", sagt die Frau, als die Schumpen am Scheidplatz ankommen und ihren Besitzern übergeben werden.
Und damit ist noch lange nicht Schluss beim Viehscheid-Fest in Apfeltrang. Im gut gefüllten Festzelt spielt die Musikkapelle Ruderatshofen, Schweinebraten und Schupfnudeln wandern über die Tische - langsam lichtet sich auch das beeindruckende Kuchenbuffet. Und Stich Senior ist sich sicher: "Das wird heute noch eine Weile gehen."
Wer noch Allgäuer Viehscheid-Atmosphäre schnuppern will, hat dazu am Montag, 3. Oktober, die letzte Gelegenheit dazu. In Memhölz findet 2022 der letzte Viehscheid statt.