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Weltreligionen sind zu Gast in Marktoberdorf: Hier gibt's das Konzert zum Nachschauen

Musica Sacra International

Weltreligionen sind zu Gast in Marktoberdorf: Hier gibt's das Konzert zum Nachschauen

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    Sama Damaszener mit einem tanzenden Derwisch. Er zeigt rechts Richtung Himmel, bereit, Gottes Gnade anzunehmen. Seine linke Hand deutet auf den Boden, um den Segen zu verteilen.
    Sama Damaszener mit einem tanzenden Derwisch. Er zeigt rechts Richtung Himmel, bereit, Gottes Gnade anzunehmen. Seine linke Hand deutet auf den Boden, um den Segen zu verteilen. Foto: Alfred Michel

    Sie erzählen von der Liebe, dem Glauben und Gott. Sie singen von Vertrauen, vom Leben und vom Sterben. Mal klingt die Musik laut, mal leise, mal sanft und dann wieder ungestüm. An diesem Sonntag stehen auf der Bühne des Modeons in Marktoberdorf drei Ensembles, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Afrikanischer Gospel begegnet hinduistischen Flötenklängen und syrischem Gesang. Und doch vereint sie alle derselbe Gedanke: Der Glaube und die Musik, die die Kulturen verbindet.

    Organisation von Musica Sacra war nicht einfach

    Es ist das dritte Festivalwochenende von „Musica Sacra International“, das wegen Corona entzerrt wurde. Statt an einem Pfingstwochenende finden die Veranstaltungen über mehrere Monate verteilt statt. „Die Organisation war nicht ganz einfach, da vieles ungewiss war“, sagt Geschäftsführerin Ramona Wegenast vom Festival-Team. Sie steht an diesem Wochenende auf der Bühne des Modeons und begrüßt die Zuschauer im Saal und über den Live-Stream. Das Besondere an dem Konzert: Es kann online verfolgt werden – weltweit. (Hier gibt's das Konzert zum Nachschauen)

    Die Welt ist an diesem Tag nicht nur virtuell zu Gast in Marktoberdorf. Auf der Bühne stehen drei Gruppen mit unterschiedlichen Kulturen, Religionen und Traditionen. Da ist zum einen Jabulani: bunt, laut, rhythmisch und voller Lebensfreude. Mit jeder Menge Power präsentieren sie afrikanischen Gospel. „Wir wollen heute eure Herzen mit so viel Liebe füllen“, sagt Collins Nyandeje, der die Gruppe 2016 gründete. Er kommt aus Kenia und wurde sowohl von afrikanischer als auch von afroamerikanischer Gospelmusik beeinflusst. „Gospel ist die Botschaft von Jesus Christus von Liebe und Freude“, sagt Collins Nyandeje. Und diese komme nicht im Sitzen. Man müsse dafür tanzen und klatschen.

    Davon lassen sich auch die Besucherinnen und Besucher im Modeon anstecken. Schon nach den ersten Takten sitzt keiner mehr auf seinem Platz. Es wird getanzt, gesungen, kräftig geklatscht und viel gelacht. Jabulani singt auf verschiedenen afrikanischen Sprachen. Auch wenn die Zuhörer den Text nicht verstehen, kommt die Botschaft an. „Jesus ist Freude. Jesus ist Liebe.“ Collins Nyandeje, der auch einen Gospelchor in Mainz leitet, sagt: „Wenn ihr diese Liebe heute mit nach Hause nehmt, haben wir unser Ziel erreicht.“

    Das Ensemble Jabulani brachte den Saal zum Tanzen: Es ging bunt, rhythmisch und lebensfroh zur Sache.
    Das Ensemble Jabulani brachte den Saal zum Tanzen: Es ging bunt, rhythmisch und lebensfroh zur Sache. Foto: Alfred Michel

    Renkei Hashimoto spielt buddhistische Flöte

    Den schnellen afrikanischen Rhythmen und Melodien folgt eine ruhige und besinnliche Musik – „die Klänge der Stille“, wie es die künstlerische Leiterin des Festivals, Bettina Strübel, bei der Anmoderation formuliert. Renkei Hashimoto füllt den großen Saal des Modeons mit den Lauten einer Shakuhachi. Die Flöte stammt aus dem 14. Jahrhundert und ist aus einem einzigen Bambusstück geformt. „Der Bambus ist wenig bearbeitet, die Knoten wurden nicht weggeschliffen“, erklärt Bettina Strübel. Das mache das Instrument schwieriger zu spielen. „Der Klang ist jedoch ganz besonders.“

    Mit einer beeindruckenden Technik und Atemweise entlockt Renkei Hashimoto dem Instrument Klänge, die bereits buddhistische Mönche vor Hunderten von Jahren spielten. Die Töne vibrieren sanft und zugleich kraftvoll durch den Saal. Sie wiegen die Zuhörer in eine friedvolle, fast schon meditative Stimmung. Mit scheinbarer Leichtigkeit trägt die Künstlerin, die in Japan Gesang studierte, die langen Töne, die in eine andere Zeit und Kultur entführen.

    Den Kreis schließt an diesem Abend der syrische Chor Sama Damaszener. Die Gruppe besteht zum Teil aus Brüdern, die aus Damaskus stammen und dort musikalisch ausgebildet wurden. „Sama bedeutet zuhören“, sagt Bettina Strübel. Das Ziel der Künstler sei es, orientalisches Kulturgut zu bewahren und eine Friedensbotschaft auszusenden.

    Renkei Hashimoto spielte auf einer buddhistischen Flöte.
    Renkei Hashimoto spielte auf einer buddhistischen Flöte. Foto: Alfred Michel

    Derwisch dreht sich in Trance

    Zu der arabischen Musik tanzt ein Derwisch. Er trägt einen schwarzen Umhang, der ein Grab symbolisieren soll. Das weiße Gewand darunter steht für das Leichentuch, die Kopfbedeckung stellt einen Grabstein dar. Der Tänzer dreht sich um die eigene Achse. Immer schneller zieht er seine Kreise zu den Trommelklängen und dem Gesang der Musiker. Er tanzt sich in Trance, um in Kontakt mit Gott zu kommen. Das Drehen um die eigene Achse versinnbildlicht das Kreisen jedes Atoms bis hin zum Universum. Der Derwisch sucht in der Bewegung die Einheit mit allen Geschöpfen.

    Über Minuten hinweg verfolgen die Zuschauer den Tanz des Derwischs, der von dem sinnlichen und zugleich rhythmischen Gesang des Ensembles getragen wird. Schnell versinkt man in den exotischen Melodien und der Kultur, die Augen und Ohren berauscht und einen denken lässt: So klingt die Welt.

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