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„Mein Leben wurde immer realitätsferner“

Altusried

„Mein Leben wurde immer realitätsferner“

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    Thomas Middelhoff
    Thomas Middelhoff Foto: Ralf Lienert

    „Ich saß als einziger mit einem dunkelblauen Anzug in der Gemeinschaftszelle“, sagt Dr. Thomas Middelhoff über seine Ankunft im Gefängnis in Essen. Im November 2014 hatte das dortige Landgericht den ehemaligen Top-Manager zu einer Haftstrafe von drei Jahren verurteilt. „Ich war den anderen unheimlich“, scherzt er, um sofort wieder ernst zu werden: „Ich hatte Angst und stand unter Schock.“ Jetzt saß Middelhoff auf der „Eventbühne“ in Kimratshofen bei Altusried (Oberallgäu) und sprach über seinen Aufstieg und den tiefen Fall. Die Beratungsfirma Birmelin organisierte die Veranstaltung.

    Thomas Middelhoff (66) war einer der Top-Manager der deutschen Wirtschaft. Er beherrschte den Medienriesen Bertelsmann, brachte dem Konzern mit nur einem Deal Milliarden ein. Er wechselte zum Karstadt-Mutterkonzern Arcandor. Sanierungsversuche des Unternehmens scheiterten. Später wurde Midelhoff wegen Untreue und Steuerhinterziehung verurteilt.

    Wie es so weit kommen konnte, will Moderator und Geschäftsführer Rolf Birmelin wissen. „Ich bin gierig geworden“, sagt Middelhoff. Er habe immer mehr Geld bekommen – und mit dem Geld kamen die materiellen Dinge. „Ich wollte ein großes Haus“, sagt Middelhoff. Natürlich im französischen Saint Tropez: „Mein Leben wurde immer realitätsferner.“ Heute schreibt er Bücher, sein erstes hat er hinter Gittern verfasst. Das aktuelle Buch heißt „Schuldig“, ein drittes ist in Arbeit.

    Während seiner Haftzeit arbeitete der Ex-Manager in einer Behindertenwerkstatt. „Das hat mich stark geprägt“, sagt er. Er habe erkannt, dass im sozialen Bereich vor allem Dankbarkeit zurückkommt und kein Geld. „Ein freiwilliges soziales Jahr hätte mir gutgetan“, sagt der fünffache Vater rückblickend. Seinen tiefen Fall bereue er nicht: „Sonst wäre ich woanders gegen die Wand gefahren und hätte andere Menschen noch mehr enttäuscht.“ Er sei heute glücklicher als früher, obwohl er alles verloren habe.

    Ein ausführliches Interview mit Middelhoff lesen Sie auf" Seite 8

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