Hans Beggel auf dem Weg zum Gipfel des Kilimandscharo in Tansania. Der Ruheständler hat sich lange überlegt, ob er die Reise trotz Pandemie antreten soll.
Bild: Hans Beggel
Hans Beggel auf dem Weg zum Gipfel des Kilimandscharo in Tansania. Der Ruheständler hat sich lange überlegt, ob er die Reise trotz Pandemie antreten soll.
Bild: Hans Beggel
„Wie bei vielen Leuten war es auch bei mir im Bekanntenkreis 50:50“, sagt Hans Beggel. Die Hälfte habe gesagt: „Spinnst du? Du kannst doch jetzt nicht nach Afrika fliegen.“ Die andere Hälfte sei der Meinung gewesen: „Wenn man alle Regeln einhält und die Menschen dort damit unterstützen kann, wieso nicht?“ Der Berkheimer entschied sich schließlich, trotz Pandemie und Reisewarnung des Auswärtigen Amts den Flug nach Tansania anzutreten, um dort den Kilimandscharo zu besteigen – „und es war die beste Entscheidung meines Lebens“, sagt er.
Ende Oktober war das, als die Infektionszahlen noch niedriger und die Einschränkungen lockerer waren. Eigentlich wollte Beggel aber schon viel früher nach Afrika fliegen. Er feierte im Frühjahr seinen 60. Geburtstag. Den wollte der erfahrene Bergsteiger an einem ganz besonderen Ort verbringen: Auf der Spitze des höchsten Berges Afrikas.
Die Corona-Pandemie machte dieses Vorhaben zunichte. Beggel verschob seine Afrikareise auf Ende Oktober. Und auch wenn die Pandemie dem pensionierten Berufssoldaten fast erneut einen Strich durch die Rechnung gemacht hätte – „Ich habe mir lang überlegt, ob ich das jetzt wirklich machen soll“, betont er – am Ende war sie es, die die Kilimandscharo-Besteigung so unvergesslich für Beggel machte. „Wir waren fast alleine auf dem Berg“, sagt er.
In seiner Gruppe waren außer ihm noch ein Bekannter aus dem Unterallgäu und ein weiterer Mann. Andere Touristen traf Beggel auf seiner Tour nur ein einziges mal. „Das war ein junges Pärchen aus der Schweiz“, sagt er. Das war jedoch nicht auf dem Kilimandscharo, sondern auf dem kleineren Mount Meru (4566 Meter). Diesen bestieg Beggels Gruppe zuerst, um sich an den geringeren Sauerstoffanteil in der Höhe zu gewöhnen. „Die Übernachtungen in den fast leeren Hütten waren sehr angenehm“, sagt er.
In Bildern und Videos habe er gesehen, dass sonst auch mal bis zu 300 Menschen in den Zeltlagern auf ihren Aufstieg warten. Umso mehr habe er die Einsamkeit, die er dort oben erlebte, genossen. Obwohl das Ausbleiben der Touristen auch für ungeplante Schwierigkeiten sorgte: „Der Zustieg zur ersten Hütte war durch das halbjährliche Ausbleiben der Bergsteiger fast zugewachsen“, sagt Beggel.
Die gesamte Tourismusbranche am Kilimandscharo, die für viele einheimische Familien die einzige Einkommensquelle darstellt, sei folglich stillgestanden. Das ist für ihn der zweite Grund – neben dem einzigartigen Erlebnis – dass er die Entscheidung, die Reise doch anzutreten, auch im Nachhinein für richtig hält. Denn neben der Bezahlung für Begleitung und Dienste habe seine Reisegruppe den Einheimischen auch ein ordentliches Trinkgeld mitgeben können. Dieser Beitrag sei von der Bergschule Alpine Welten, die Beggels Reise organisierte und für die er auch als Wanderführer in den Alpen tätig ist, auf insgesamt 1000 Euro aufgestockt worden.
„Wir hatten trotz unserer kleinen Wandergruppe eine zehnköpfige Begleitmannschaft dabei, wie es dort üblich ist“, erzählt er. Diese Begleiter hätten sich mit viel Einsatz darum gekümmert, dass die Tour gut gelinge. Auch die Hygienemaßnahmen auf dem Berg beeindruckten Beggel. Einen kleineren Rucksack mit etwa fünf Kilogramm Gewicht hatten die Reisenden auf dem Rücken. Ihr restliches Gepäck trugen Arbeiter zu den Camps. „Die Träger haben unser Gepäck extra komplett in Plastiktüten gepackt, damit es da keinen Kontakt gibt. In den Lagern bekam jeder von uns ein Einzelzelt“, beschreibt Beggel.
Die Corona-Pandemie war jedoch nicht das einzige Ereignis, das Beggels Besteigung von anderen unterscheidet. „Ab dem vierten Tag lag Brandgeruch in der Luft“, erzählt er. Am Fuß des Kilimandscharo war ein Waldbrand ausgebrochen – glücklicherweise auf der anderen Seite des Berges „Nachts hat man aber den Feuerschein gesehen“, beschreibt Beggel. In der Reisegruppe kam das Gerücht auf, dass die Ranger den Berg komplett sperren würden.
Der letzten Abschnitt zum Gipfel startete für Beggels Reisegruppe eine halbe Stunde vor Mitternacht. „Wir krochen aus den Schlafsäcken, stärkten uns im Küchenzelt mit Porridge und füllten die Thermoskannen mit heißen Tee.“ Am frühen Morgen stand Hans Beggel dann auf dem Gipfel des höchsten Berges Afrikas. „Die Aussicht war unbeschreiblich. Ein ganzer Kontinent lag uns zu Füßen“, sagt er. Als letzter der Gruppe habe er nach einer Stunde den Gipfel verlassen.
Einen Tag, nachdem Beggels Gruppe den Berg verlassen hatte, sperrten die örtlichen Ranger diesen wegen der Waldbrände. Beggel blieb noch etwas länger in Tansania. Als er schließlich mit dem Flugzeug in München landete, ließ er sich auf Corona testen. Das Ergebnis war negativ.
Hier lesen Sie, wieso Redakteur David Specht findet, dass man sich an Hans Beggel ein Beispiel nehmen sollte - egal ob man es richtig oder falsch findet, während der Pandemie zu verreisen.