Unterkunft für externe Fachkräfte

Boardinghaus sorgt im Memminger Stadtteil Eisenburg für Streit

Ein sogenanntes Boardinhaus sorgt im Memminger Stadtteil Eisenburg für Unruhe.

Ein sogenanntes Boardinhaus sorgt im Memminger Stadtteil Eisenburg für Unruhe.

Bild: Eva Maria Häfele

Ein sogenanntes Boardinhaus sorgt im Memminger Stadtteil Eisenburg für Unruhe.

Bild: Eva Maria Häfele

Im Memminger Stadtteil Eisenburg wehren sich Anwohner gegen ein sogenanntes Boardinghaus, in dem externe Fachkräfte wohnen. Die Rechtslage ist aber eindeutig.
31.07.2020 | Stand: 16:04 Uhr

Mitten in einem Wohngebiet im Memminger Stadtteil Eisenburg hat ein Hausbesitzer eine Art Boardinghaus eingerichtet. Dort wohnen also externe Fachkräfte, während sie Arbeit in der Region haben. Die Nachbarn beklagen indes, dass seither auch viel Verkehr und viel Lärm im Viertel Einzug gehalten habe.

Der Hausbesitzer stellte nun den Antrag, in das Einfamilienhaus sechs Wohnungen zu bauen. Die Anwohner befürchten, dass dadurch die Ruhestörungen zunehmen und beschwerten sich massiv über das Bauvorhaben. Nur: Der Verwaltung und den Mitgliedern des Memminger Bauausschusses sind gewissermaßen die Hände gebunden. Ein Boardinghaus, in dem Menschen für mehrere Monate leben, sei baurechtlich dem Wohnen zuzuordnen, erklärte Baureferatsleiter Fabian Damm. Anders als ein Hotel, in dem Gäste auch Service und Essen erhalten. Dieses fällt baurechtlich unter die Kategorie Gewerbe und wäre folglich in einem reinen Wohngebiet nicht zulässig.

 

Nachbarn beklagen Ruhestörungen durch Bewohner

Ruhestörungen, die von den Bewohnern ausgehen, fallen unter das Ordnungsrecht und hätten baurechtlich keine Auswirkungen, erklärte Damm. „Den Nachbarn kann durch das Baurecht nicht geholfen werden“, fasste er zusammen. Zumindest nicht langfristig. Denn den aktuellen Bauantrag könne das Gremium noch ablehnen. Eine geplante Wohnung im Keller des Hauses ist nach der bayerischen Bauordnung zu dunkel. Sonnenlicht würde nur durch zwei Lichtschächte in die Räume scheinen. Die Verwaltung schlug den Mitgliedern des Bauausschusses vor, dem Bauantrag deswegen nicht zuzustimmen. „Wenn der Bauherr die Änderungen an dieser Wohnung vorgenommen hat, ist der Bauantrag jedoch genehmigungsfähig“, betonte Damm.

 

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„Ich kann die Nachbarschaft verstehen. Da fahren mehrfach am Tag Autos hin und weg“, meinte Zweite Bürgermeisterin Margareta Böckh (CSU). Es greife derzeit um sich, dass Häuser in Wohngebieten für solche Zwecke genutzt würden. „Sogar in die Garage soll eine Wohnung kommen“, stellte Böckh kopfschüttelnd fest. Jürgen Kolb (FW) sagte: „Das ist ja kein Bauvorhaben, sondern das Haus wird schon so genutzt. Hier wird nachträglich versucht, etwas zu heilen. Seit Jahreswechsel ist der Zustand so. Das passt mir überhaupt nicht.“ Der Hausbesitzer habe mit den Umbauarbeiten schwarz, also ohne Genehmigung, angefangen, bestätigte Damm. „Wir haben die Bauarbeiten dann eingestellt.“ Da die Umbauten jedoch grundsätzlich genehmigungsfähig sind, könne die Verwaltung keinen Rückbau fordern. Der Hausbesitzer müsse natürlich ein Bußgeld für die Ordnungswidrigkeit bezahlen.

 

Stadtrat will Nachahmern die Lust nehmen

„Haben wir über die Stellplatzsatzung eine Möglichkeit, das zu verhindern?“, fragte Professor Dr. Josef Schwarz (CSU). Es seien sechs Wohnungen beantragt, der Bauherr habe die erforderlichen acht Stellplätze ausgewiesen, sagte Damm.

So schnell gab Schwarz, der selbst Architekt ist, nicht auf: „Aber bei sechs Wohnungen brauchen wir einen Kinderspielplatz.“ Er wolle zumindest bei möglichen Nachahmern eines solchen Umbaus die Lust dämpfen. Oberbürgermeister Manfred Schilder (CSU), der auf seinem Bildschirm einen besseren Blick auf die Pläne hatte, sagte, im Westen des Grundstücks sei ein Spielplatz ausgewiesen. „Mit einem Sandkasten, einem Spielgerät und einer Sitzbank.“

 

Eine Gefahr für Schulkinder?

„Wir haben doch vor wenigen Wochen einen anderen Bauantrag, der ebenfalls genehmigungsfähig war, abgelehnt. Können wir das hier nicht auch machen?“, fragte Jürgen Kolb. Er bezog sich auf den Neubau des Kempter Hofs. Diesen lehnten die Stadtratsmitglieder damals ab, weil sie den Schutz der Kastanien auf dem Gelände nicht gewährleistet sahen und in das Grundstück einfahrende Autos nach Einschätzung des Gremiums eine Gefahr für Schulkinder gewesen wären. Mittlerweile darf dort gebaut werden.

„Wir unterliegen alle dem Baurecht. Ich warne vor Willkür“, antwortete Damm. Diesen Satz wollte Josef Schwarz so nicht stehen lassen: „Der Memminger Stadtrat entscheidet nie nach Willkür.“ Die Mitglieder des Bauausschusses lehnten den Antrag schließlich einstimmig ab.