Memmingen

Der Tod ist ein armer Teufel

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Bild: beckmann

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Kabarett-Tage Duo BlöZinger durchwandert Themen Altwerden und Sterben grandios witzig und berührend zugleich. Starker Applaus
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Von Harald Holstein
10.04.2019 | Stand: 15:31 Uhr

Der Tod ist beim österreichischen Kabarett-Duo BlöZinger ein ziemlich armer Teufel. Er kann nicht Schach spielen, kann nichts mit Kino und Theater anfangen und weiß nicht einmal, was Speiseeis ist. Damit stellen Robert Blöchl und Roland Penzinger in ihrem Programm „Bis Morgen“ eine feine Brandner Kaspar-Variante vor: Auch bei ihnen spielt der Tod Karten. Aber hier wird nicht um Lebensverlängerung gezockt. Im Gegenteil: Dem mürrischen 82-jährigen Franz schmeckt sein gluten-, laktose-, zucker- und alkoholfreies Leben im Altersheim ganz und gar nicht und er möchte lieber sofort sterben. „Der Tod macht auf Arbeitsverweigerung und nimmt mich nicht mit!“, klagt er lautstark. Der jedoch genießt die angenehme Unterhaltung mit dem alten Mann auf der Parkbank und möchte lieber ausprobieren, wie ein Joint wirkt.

Außer drei Stühlen und einigen Toneinspielungen brauchen Blöchl und Penzinger keine Requisiten. Allein mit Mimik und Gestik entwerfen sie ein Panorama liebenswürdiger und skurriler Figuren. Nicht nur hängen der unsterbliche Tod und der alte Franz aneinander wie Pat & Patachon, auch die anderen Mitbewohner sind mit wenig Aufwand treffsicher und urkomisch charakterisiert. Da wandeln ein grantelnder Herr Huber und eine sexbesessene Frau Gruber durch die Gänge. Den Zustand älterer Menschen kann der griesgrämige Franz nur noch mit Autos vergleichen: „Viele haben es ja mit der Radaufhängung, bei manchen läuft schon das Kühlwasser aus.“ Aber auch junge Menschen kommen nicht gut weg: Zivi Mario ist ständig bekifft und Mütter leiden unter digitaler Demenz und müssen die Namen ihrer Kinder auf ihre Unterarme tätowieren, um sie nicht zu vergessen.

Wie die beiden in Wien lebenden Kabarettisten das Thema Alter und Tod durchwandern, ist grandios witzig und berührend zugleich. Ihre Erfahrung als Klinik-Clowns lässt sie jedoch menschlich und respektvoll damit umgehen. Nie wird es albern oder witzig auf Kosten anderer. Ihr lakonischer, herzhaft morbider und erfrischend anderer Humor machte über 160 Besucher im Antoniersaal glücklich. Nach viel unaufdringlicher Zeitkritik und lebensweisen Zitaten von John Lennon („Leben ist das, was dir passiert, während du damit beschäftigt bist, andere Pläne zu machen“) oder der amerikanischen Friedensaktivistin Jeannette Rankin („Man kann einen Krieg genauso wenig gewinnen wie ein Erdbeben“) ertönte lang anhaltender, starker Applaus. Ihre schauspielerische Raffinesse und den schwarzem Humor schätzte man auch beim Deutschen Kleinkunstpreis, den Robert Blöchl und Roland Penzinger dieses Jahr in der Sparte Kleinkunst gewannen.

Auch wenn die Geschichte bittersüß endet und Franz gerade dann mit dem Tod gehen muss, wo er gerade anfängt, wieder Spaß am Leben zu finden, begeistert der Abend mit geistreichen Dialogen und befreienden Pointen nach der Devise von Altenpfleger Mario: „A joint in the morning time is better than a cup of Haferschleim“.